Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Wirksamkeit von Verwaltungsakten

Adressat der förmlichen Zustellung 1: Grundsätzlich Wahlrecht der Behörde (§ 7 Abs. 1 S. 1 VwZG)

Adressat der förmlichen Zustellung 1: Grundsätzlich Wahlrecht der Behörde (§ 7 Abs. 1 S. 1 VwZG)

29. Mai 2025

8 Kommentare

4,8(18.614 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die BAföG-Behörde möchte nunmehr der Studentin S den Widerspruchsbescheid förmlich zustellen. Obwohl eine Freundin von S wahrheitsgemäß gegenüber der Behörde erklärt hat, Bevollmächtigte für S zu sein, stellt die Behörde an S zu. Die Freundin hat keine schriftliche Vollmacht vorgelegt.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Adressat der förmlichen Zustellung 1: Grundsätzlich Wahlrecht der Behörde (§ 7 Abs. 1 S. 1 VwZG)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In bestimmten Fällen ist die Bekanntgabe durch förmliche Zustellung erforderlich.

Ja, in der Tat!

In bestimmten Fällen ist eine förmliche Zustellung geboten. Dann gilt nicht mehr der § 41 VwVfG, sondern nur das jeweilige Verwaltungszustellungsrecht (vgl. § 41 Abs. 5 VwVfG). Für Bundesbehörden, bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und Landesfinanzbehörden gilt das VwZG (§ 1 Abs. 1 VwZG). Danach ist die förmliche Zustellung immer dann erforderlich, wenn ein Gesetz oder eine behördliche Anordnung dies vorsieht (§ 1 Abs. 2 VwZG). Verschiedene Zustellungsarten ergeben sich aus §§ 3, 4, 5, 5a, 9, 10 VwZG.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Ein Beteiligter darf sich bei der förmlichen Zustellung vertreten lassen.

Ja!

Grundsätzlich kann ein Beteiligter sich bei der förmlichen Zustellung vertreten lassen (§ 7 VwZG). Dazu muss er einen Dritten eine Vollmacht erteilen. Es gelten im Wesentlichen die §§ 164ff. BGB. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Vollmacht auch nur für bestimmte Verfahren gelten kann.Ferner ist zu beachten, dass auch die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht entsprechend gelten.

3. Die Behörde hätte nur an die bevollmächtigte Freundin zustellen dürfen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Behörde kann an den Bevollmächtigten wirksam zustellen (§ 7 Abs. 1 S. 1 VwZG). Allerdings kann die Behörde auch bei Bestehen einer Vollmacht grundsätzlich auch an den Beteiligten zustellen, soweit nicht schriftliche Vollmacht vorgelegt wurde (§ 7 Abs. 1 S. 2 VwZG). Der Behörde steht in diesem Fall ein Ermessen zu. Eine Ermessensreduktion auf Null kommt beispielsweise unter dem Aspekt des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes in Betracht. So darf die Behörde während eines Verfahrens den Empfänger nicht willkürlich wechseln.Trotz Bevollmächtigung darf die Behörde also weiterhin an S zustellen.
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GARFUC

GARFuchs

18.3.2023, 07:51:27

Soll in dem Fall nicht an S zugestellt werden, obwohl U Vollmacht versichert? Sonst passt das Wort "obwohl" doch nicht?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.3.2023, 17:20:16

Hallo GARfuchs, danke für deine Frage. Der Sachverhalt ist richtig, vielleicht hat sich ein Denkfehler eingeschlichen. Adressatin ist U, die wiederum eine Freundin als Bevollmächtigte benannt hat. Trotzdem stellt die

Behörde

an die U zu, statt an die Bevollmächtigte. Es ist also nun zu entscheiden, ob die

Behörde

verpflichtet war

förmliche Zustellung

an die Bevollmächtigte durchzuführen oder ob auch die Zustellung an die endgültige Adressatin ordnungsgemäß war. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

5.9.2023, 14:51:36

Hey, in der Antwort steht "....soweit nicht eine schriftliche Vollmacht....". Zudem wird behauptet, die

Behörde

hätte Ermessen. Doch im Gesetz steht, dass die Zustellung nur mit Vorlage einer schriftliche Bestätigung an den Bevollmächtigten erfolgen darf. Ebenso steht in § 7 I 2 VwZG "Sie sind an ihn zu richten..." und nicht KANN an ihn gerichtet werden.

MLENA

MLena

29.9.2023, 17:03:18

In der Erklärung steht nicht, dass die

Behörde

generell Ermessen hat, sondern, dass sie Ermessen hat, falls jemand bevollmächtigt wurde, aber die Vollmacht nicht vorlegt. Dann kann sie sich entscheiden, an wen sie zustellen möchte. Sobald die Vollmacht vorgelegt wurde, ist (wie du bereits festgestellt hast) an den Bevollmächtigten zuzustellen. --> Wenn man sich das in der Praxis vorstellt, ist es ja auch durchaus sinnvoll: 1. Person kommt und behauptet, dass sie bevollmächtigt wurde. Falls das glaubhaft vorgetragen wird, kann die

Behörde

an diese Person zustellen. Falls es sich unglaubwürdig anhört, wird eben an den "Vollmachtgeber" zugestellt. 2. Person kommt und legt Vollmacht vor: Hier ist erkennbar, dass jemand anderem ggü. zugestellt werden sollte, dann kann sich die

Behörde

auch nicht entscheiden. Ich hoffe, das hilft dir weiter :)

AN

AngeD

11.5.2025, 18:18:08

Kann nicht verstehen weshalb der

Behörde

bei einer angenommenen ordnungsgemäßen Vollmachtsanzeige weiterhin „nur“ an den Betroffenem zustellt. Spinnt man den Gedanken weiter, dass sich jmd wegen Abwesenheit, Krankheit, Geschäftsunfähigkeit vertreten lässt, dürfte doch dann gar keine Zustellung angekommen werden zu Lasten der

Behörde

?!

LMA

Lt. Maverick

12.5.2025, 21:34:56

Das stellt § 7 I VwZG klar: 1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. 2) Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Es KANN an den Vertreter zugestellt werden, wenn lediglich eine formlose Vollmachtsanzeige gegeben ist. Es MUSS an den Vertreter zugestellt werden, wenn dieser eine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Da es sich bei § 7 I S. 1 VwZG um eine Ermessensvorschrift handelt, können hierbei ebenso

Ermessensfehler

auftreten. z.B. im Fall von längerer Abwesenheit bzw. Krankheit des Vertretenen. Es kann auch ein

Ermessensmissbrauch

gegeben sein, wenn der Vertretene die Bevollmächtigung selbst anzeigt und die

Behörde

trotzdem an den Vertretenen zustellt.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

Jurafuchs

Öffentliche Bekanntgabe (§ 41 Abs. 3, 4 VwVfG)

Wirt W hat bei der zuständigen Behörde eine Gaststättenerlaubnis beantragt. Die Gaststättenerlaubnis wird sodann über einen Aushang ortsüblich bekannt gemacht.

Fall lesen

Jurafuchs

Adressat der förmlichen Zustellung: Zwingende Zustellung an Bevollmächtigten bei Vorlage schriftlicher Vollmacht (§ 7 Abs. 1 S. 2 VwZG)

Die BAföG-Behörde möchte der Studentin S den Widerspruchsbescheid förmlich zustellen. Obwohl eine Freundin von S wahrheitsgemäß gegenüber der Behörde unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht erklärt hat, Bevollmächtigte für S zu sein, stellt die Behörde an S zu.

Fall lesen