Öffentliches Recht
Grundrechte
Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)
Maßnahme, die zielgerichtet einen Beruf regelt
Maßnahme, die zielgerichtet einen Beruf regelt
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A hat einige Semester Pharmazie studiert und sieht sich als Koryphäe auf seinem Gebiet. Er möchte deshalb umgehend eine Apotheke eröffnen. Dass er dafür eine Erlaubnis benötigt (§ 1 Abs. 2 ApoG), findet A unverschämt.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Maßnahme, die zielgerichtet einen Beruf regelt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Jede staatliche Handlung oder Maßnahme, die zielgerichtet eine Regelung für einen bestimmten Beruf beinhaltet, stellt einen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Erlaubnispflicht für den Betrieb einer Apotheke (§ 1 Abs. 2 ApothekenG) stellt einen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dolusdave
26.1.2021, 18:43:17
Ich habe gelernt, dass es auch wichtig ist anzusprechen, ob es sich um eine objektive oder subjektive
berufsregelnde Tendenzhandelt. Hier geht es meiner Meinung nach um die Reglementierung der Berufsausübung und damit um eine subjektiv
berufsregelnde TendenzTr(u)mpeltier junior
27.1.2021, 00:56:54
Hi dolusdave, in der Tat müsste man in der Prüfung sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Zielrichtung der Eingriff hat. Allerdings musst du aufpassen, dass du dies an der richtigen Stelle verortest. Die Grundrechtsprüfung erfolgt idR in 3 Schritten: 1) Eröffnung des Schutzbereiches, 2) Eingriff, 3) Rechtfertigung. In dem dargestellten Fall ging es bislang nur um die Ebene des Eingriffs. Die von dir angesprochene Differenzierung wird dagegen erst auf der Ebene der Rechtfertigung wirklich bedeutsam. Das BVerfG hat dabei in seinem sog Apothekerurteil die sog. 3-Stufentheorie entwickelt, nach der zwischen berufsausübungsregelumgen (Stufe 1), subjektiven Berufszulassungsregelungen (Stufe 2) und objektiven Berufszulassungsregelungen (Stufe 3) unterschieden wird.
Tr(u)mpeltier junior
27.1.2021, 00:59:16
Je nachdem, auf welcher Stufe der Eingriff stattfindet, gelten dann unterschiedliche Anforderungen im Hinblick auf die Rechtfertigung.
Dolusdave
26.11.2021, 12:19:55
Die von der mir beschriebene Differenzierung wird nicht nur auf der Rechtfertigungsebene wichtig. Mir ist bewusst, dass dort auf die 3 Stufen Theorie abgestellt wird, aber im Rahmen des Eingriffs ist kurz klarzustellen, dass eine subjektive oder objektive
berufsregelnde Tendenzvorliegt. So löst das zB auch die JuS Klausur 2019, 885 ff.
Lukas_Mengestu
26.11.2021, 13:35:36
Hallo ihr beiden, die Wahrheit liegt - wie so oft - in der Mitte. In der Tat verlangt das BVerfG in ständiger Rechtsprechung für die Bejahung eines Eingriffs, dass dem Eingriff eine
berufsregelnde Tendenzzukommt (vgl. BVerfG, 30.10.1961 - 1 BvR 833/59 = BVerfGE 13, 181). Dies liegt bei klassischen Eingriffen (direkt, final, gezielt, unmittelbar) stets vor. Bei mittelbaren Eingriffen ist diese Unterscheidung dagegen relevant. Denn nahezu jede gesetzliche Regelung betrifft mittelbar die berufliche Tätigkeit. Um den
Eingriffsbegriffinsoweit einzuhegen, bedarf es insoweit einer berufsregelnden Tendenz. Dabei wird diese nicht nur angenommen, wenn der Staat die Berufsregelung intendiert (subjektiv
berufsregelnde Tendenz). Vielmehr lässt das BVerfG auch genügen, dass die Regelung eine tatsächliche Auswirkung hat (
objektiv berufsregelnde Tendenz), um den besonderen Freiheitsraum des Art. 12 Abs. 1 GG zu sichern ((vgl. BVerfG, 30.10.1961 - 1 BvR 833/59 = BVerfGE 13, 181). Fehlt es aber an beidem und ist auch kein sonstiges Freiheitsrecht betroffen, so ist allein Art. 2 Abs. 1 GG anwendbar. @Dolusdave hat insofern völlig Recht, dass man auf der Ebene des Eingriffs die
berufsregelnde Tendenzansprechen muss. Dabei ist es zwar letztlich egal, ob diese subjektiv (also vom Staat genau so beabsichtigt) oder nur objektiv berufsregelnd ist. Ohne die Differenzierung wird man aber nur schwerlich subsumieren können. @Tr(u)mpeltier junior hat insoweit recht, dass damit die Prüfung natürlich noch nicht an ihrem Ende ist. Vielmehr muss im Rahmen der 3-Stufen-Theorie die Maßnahme nun tatsächlich erstmals zwingend weiter differenziert wird. Dabei geht es dann allerdings nicht um die Frage, welche Intention der Gesetzgeber hatte (subjektiv/objektiv berufsregelnd), sondern welche Auswirkung die Maßnahme auf den Betroffenen hat (Berufsausübungregelung/subjektives oder objektive Zulassungsbeschränkung). Diese beiden Fragen darf man in der Klausur aber nicht vermischen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Dolusdave
26.11.2021, 13:51:13
Vielen Dank für die verständliche und ausführliche Antwort :)
Jurapro
14.10.2022, 12:44:21
Die Erklärung war richtig gut. Danke.
Foxtrot Bravo
29.3.2021, 14:34:03
Hey, großes Lob soweit! Fände es wichtig, dass noch mehr Aufgaben zum äußerst wichtigen Art. 12 GG dazu kommen, insb. zu Eingriff und Rechtfertigung ("Drei-Stufen-Theorie", etc.).
Lukas_Mengestu
6.4.2021, 01:56:27
Danke Foxtrot Bravo, das Erstellen neuer Fälle steht derzeit ganz oben auf unserer To-Do, sodass wir auch hier hoffentlich bald noch mehr übungsfalle liefern können. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
aylin.
17.10.2023, 22:52:24
Wann können wir mit neuen Fällen rechnen?
Wendelin Neubert
30.3.2024, 15:24:16
Hallo ihr Lieben, danke für Eure Geduld! Wir haben soeben einen neuen Stapel mit Aufgaben zur berufsregelnden Tendenz hochgeladen. Viel Spaß damit! Neue Aufgaben zur Rechtfertigung und zur Drei-Stufen-Theorie folgen zeitnah. Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team