Haftung des Arbeitnehmers gegenüber Dritten

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Der bei A beschäftigte Baggerfahrer B durchtrennt bei den Bauarbeiten für den Vorgarten des Bauherrn H fahrlässig eine Gasleitung, wodurch das Haus des H zerstört wird.

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Einordnung des Falls

Haftung des Arbeitnehmers gegenüber Dritten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bauherr H hat gegen Baggerfahrer B einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs.1, 241 Abs.2 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Schadensersatzanspruch wegen Schutzpflichtverletzung setzt voraus, dass (1) ein (rechtsgeschäftliches oder gesetzliches) Schuldverhältnis besteht, (2) der Schuldner eine Schutzpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat, (3) er die Verletzung zu vertreten hat (§ 276 Abs. 1 BGB) und (4) dem Gläubiger ein Schaden entstanden ist. Da nur zwischen H und A ein Vertrag geschlossen wurde, jedoch keine Vertragsbeziehung zwischen H und B vorliegt, scheidet ein Anspruch aus §§ 280 Abs.1, 241 Abs.2 BGB mangels bestehenden Schuldverhältnisses aus.
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2. H hat gegen B allerdings einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs.1 BGB.

Ja, in der Tat!

Der Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs.1 BGB setzt voraus: (1) Rechtsgutsverletzung, (2) Verletzungshandlung, (3) haftungsbegründende Kausalität, (4) Rechtswidrigkeit, (5) Verschulden, (6) Schaden, (7) haftungsausfüllende Kausalität. Durch das Beschädigen der Gasleitung, infolgedessen das Haus des H zerstört wurde, wurde Hs Eigentum verletzt. Dabei handelte B fahrlässig, sodass ein Verschulden vorliegt. Dem H ist auch ein Schaden entstanden. Folglich liegen alle Voraussetzungen des § 823 Abs.1 BGB vor, sodass H einen Schadensersatzanspruch gegen B hat.

3. Hs Schadensersatzanspruch ist aber durch die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs zu kürzen, da B im Rahmen einer betrieblich veranlassten Tätigkeit bloß fahrlässig handelte.

Nein!

Die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gelten nur im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (keine Außenwirkung). Wenn der Arbeitnehmer also im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit einen außenstehenden Dritten schädigt, kann der Dritte seinen Schaden gegenüber dem Arbeitnehmer uneingeschränkt geltend machen. Zwar handelt B fahrlässig im Rahmen seiner betrieblich veranlassten Tätigkeit, jedoch entfalten die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs keine Außenwirkung. B haftet gegenüber H in vollem Umfang und kann sich nicht auf die Haftungsprivilegierung berufen.

4. B haftet zwar uneingeschränkt gegenüber H, jedoch kann er Freistellungsansprüche oder Ersatzansprüche gegen seinen Arbeitgeber A geltend machen, sodass er nicht völlig schutzlos steht.

Genau, so ist das!

Im Innenverhältnis kann der Arbeitnehmer auch bei Schädigung eines außenstehenden Dritten nach den Grundsätzen der innerbetrieblichen Haftungsverteilung ein Freistellungsanspruch (§§ 670, 257 BGB analog) oder Erstattungsanspruch (§§ 670, 285 BGB analog) gegen den Arbeitgeber zustehen. Die Schädigung des Dritten ist ein risikotypischer Begleitschaden, der analog § 670 BGB zu ersetzen ist. Da der Schaden bei Bs Arbeit entstanden ist, muss A den B von Haftung gegenüber H für den Schadensteil freistellen, den er nach dem innerbetrieblichen Schadensausgleich bei eigener Schädigung zu tragen hätte. Der Dritte kann auch gegen den Arbeitgeber Schadensersatzansprüche geltend machen, sofern der Arbeitnehmer Erfüllungs-/Verrichtungsgehilfe ist ((§§ 280, 278 o. § 831 BGB). Dann haften Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Gesamtschuldner.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SEBA

Sebastian

19.1.2023, 19:27:42

Es muss in der Fragestellung Arbeitnehmer heißen :).

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.1.2023, 16:39:04

Hallo Sebastian, danke dir für deine Anmerkung. Meinst du die letzte Frage? Der Arbeitnehmer (B) darf Ersatz- oder Freistellungsansprüche gegen seinen Arbeitgeber (A) geltend machen, wenn er nach außen für einen Schaden im Rahmen einer betrieblich veranlassten Tätigkeit haftet. Die Ansprüche gegen den Arbeitgeber richten sich nach den Grundsätzen zum innerbetrieblichen Schadensausgleich. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

JO

JonasRehder

17.4.2023, 11:28:05

Ergibt sich der Freistellungsanspruch nicht bereits aus § 426 I BGB pur? Der Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB besteht ab Entstehen der Gesamtschuld und setzt keine Erfüllung durch einen Gesamtschuldner voraus (siehe hierzu z. B. BeckOK BGB/Gehrlein BGB § 426 Rn. 3).

Nora Mommsen

Nora Mommsen

17.4.2023, 13:48:57

Hallo JonasRehder, danke für deine Frage. Dies setzt zunächst das Vorliegen einer Gesamtsschuld voraus. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer Verrichtungs- oder Erfüllungsgehilfe ist und der Dritte unmittelbar Ansprüche gegen den Arbeitnehmer hat. Solange dies nicht der Fall ist liegt auch keine Gesamtschuld vor. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

JO

JonasRehder

17.4.2023, 16:26:46

Stimmt, mein Fehler! Vorausgesetzt es gäbe eine Gesamtschuld, wäre die Frage dann zu bejahen?

falktghl

falktghl

8.1.2024, 10:45:01

siehe oben

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

14.2.2024, 14:15:43

Danke

falktg

, der innerbetriebliche Schadensausgleich ist ein echter arbeitsrechtlicher Klassiker, der immer wieder gerne in Examensklausuren drankommt. Als Examenstreffer kennzeichnen wir allerdings primär aktuelle Urteile, die von den LJPAs als Sachverhaltsgrundlage herangezogen werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ISAB

Isabelle.Sophie

12.1.2024, 20:42:10

ist B Erfüllungsgehilfe des A?

ISAB

Isabelle.Sophie

12.1.2024, 20:44:56

Und kann A dann in Anspruch genommen werden und wie wird dann die Haftung des B berücksichtigt?

TI

Timurso

13.1.2024, 10:37:50

Ich würde sagen: ja und ja. Die Haftung des B wird beim Anspruch gegen A nicht berücksichtigt, beide haften im Außenverhältnis voll. Sie sind Gesamtschuldner gem. § 421 BGB. Je nachdem, wer leistet, entstehen entsprechende Regressansprüche im Innenverhältnis unter Berücksichtigung des innerbetrieblichen Schadensausgleichs.

Selma🌻

Selma🌻

25.4.2024, 16:41:47

Examenstreffer Berlin/Brandenburg heute, Aufgabenstellung war aber der Anspruch des Arbeitgebers gegen den Angestellten.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

29.4.2024, 10:05:25

Top, vielen Dank, Selma!

AS

as.mzkw

29.8.2024, 13:40:30

Wenn die Fallfrage ausschließlich nach SE-Ansprüchen des Dritten gegen den Arbeitgeber fragt ist auf den Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber dennoch einzugehen? Im Außenverhältnis ändert sich ja schließlich nichts an der Höhe des Anspruchs des Geschädigten.

AS

as.mzkw

29.8.2024, 13:41:07

*Ansprüche des Dritten gegen den Arbeitnehmer

Tobias Krapp

Tobias Krapp

10.11.2024, 23:22:43

Hallo @[as.mzkw](244917), in diesem Fall wäre an und für sich, wie du schon richtig unterstellst, nichts zum Freistellungsanspruch zu sagen. Normalerweise wird dann Frage 2 in der Klausur auf die Freistellung abzielen. Wenn nicht, würde ich empfehlen, bei der Frage, ob die Grundsätze des innerbetrieblichen SA auch Dritten gegenüber Anwendung finden, bei der Verneinung kurz darauf hinzuweisen, dass der AN lediglich Freistellung verlangen kann (das ist zwar nicht 100 %ig Gutachtenstil, aber damit zeigt man dann nochmal dass man es weiß). Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias


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