Zivilrecht

Sachenrecht

Sicherungsrechte an beweglichen Sachen

Nach Veräußerung keine Vereinbarung über Anwartschaftsrecht mehr möglich

Nach Veräußerung keine Vereinbarung über Anwartschaftsrecht mehr möglich

22. November 2024

4,9(4.565 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

S erwirbt von H einen wertvollen Ring unter Eigentumsvorbehalt. S veräußert den Ring unter Offenlegung des Eigentumsvorbehalts an K (01.04.). Am 03.04. vereinbaren S und H nun allerdings, dass der Ring noch weitere Forderungen sichern soll (erweiterter Eigentumsvorbehalt).

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Einordnung des Falls

Nach Veräußerung keine Vereinbarung über Anwartschaftsrecht mehr möglich

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat am 01.04. das Anwartschaftsrecht an dem Ring erworben.

Ja, in der Tat!

Nach hM handelt es sich beim Anwartschaftsrecht um ein wesensgleiches Minus zum Volleigentum, weshalb die Vorschriften zum Eigentumserwerb analog angewendet werden können. Das Anwartschaftsrecht kann insofern entsprechend § 929 S. 1 BGB übertragen werden. Hierfür spricht schon das Interesse des Anwartschaftsinhabers und des Rechtsverkehrs daran, auch ein Anwartschaftsrecht verwerten zu können.Die Veräußerung unter Offenlegung des Eigentumsvorbehalts von S an K ist so auszulegen, dass S der K lediglich das Anwartschaftsrecht daran übertragen wollte (§§ 133, 157 BGB). Sie hat der K den Ring auch übergeben und war als Inhaberin zur Veräußerung des Anwartschaftsrechts berechtigt.
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2. Grundsätzlich können die beteiligten Parteien einen vereinbarten Eigentumsvorbehalt nachträglich erweitern.

Ja!

Bis zum Bedingungseintritt steht es den Parteien grundsätzlich frei über die ursprünglich vereinbarte Bedingung zu verfügen (Privatautonomie).Im Falle des Eigentumsvorbehalts können sie die Bedingung also abbedingen, einschränken (z. B. Erwerber erwirbt das Eigentum bereits, wenn er nur 80 % des Kaufpreises bezahlt hat) oder auch erweitern (z. B. Eigentumsübergang erst, wenn auch weitere Forderungen beglichen sind).

3. S und H haben den ursprünglich vereinbarten Eigentumsvorbehalt bezüglich des Rings am 03.04. wirksam erweitert.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Vereinbarung, die einen Eigentumsvorbehalt nachträglich ändert oder ergänzt, setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Vereinbarung Vorbehaltsverkäufer und Vorbehaltskäufer noch zur Verfügung über das Anwartschaftsrecht befugt ist.S hatte das Anwartschaftsrecht an dem Ring am 03.04. bereits an K veräußert. In diesem Moment hat sie die Verfügungsbefugnis (§ 185 BGB) hinsichtlich des Anwartschaftsrechts verloren.Würde man eine nachträgliche Vereinbarung über das Anwartschaftsrecht zulassen, würde dieses wirtschaftlich erheblich an Wert verlieren. Denn der Erwerber müsste jederzeit damit rechnen, dass der zugrundeliegende Eigentumsvorbehalt erweitert wird.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PET

Petrus

21.11.2023, 09:38:47

Das wäre dann ja quasi ein Vertrag zu Lasten Dritter oder?

LELEE

Leo Lee

25.11.2023, 14:49:37

Hallo Petrus, genauso ist es! Man müsste sich selbstverständlich zurückhalten mit dem Begriff „Vertrag“ zu Lasten Dritter wegen des

Trennungsprinzip

s. Jedoch ist dies im Grunde genau der Gedanke auf Ebene der dinglichen Einigung, dass zwei Personen, die eigentlich nicht die Befugnis haben, über das „Schicksal“ eines Dritten – und zwar zu seinem Nachteil gereichend – entscheiden. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Gottwald § 328 Rn. 284 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

MIA

miamiu

9.7.2024, 19:04:52

Inwiefern könnte überhaupt an K übereignet werden, wenn in diesem Fall kein verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde. Darf man beim einfachen Eigentumsvorbehalt auch die Sache weiterveräußern, wenn der Eigentumsvorbehalt offengelegt wird?

0815jurafuchs

0815jurafuchs

16.7.2024, 21:27:24

@[miamiu](208026) K kann beim einfachen EV nicht übereignen, da er kein Eigentümer ist, solange der Kaufpreis nicht bezahlt ist. Er kann allenfalls sein

Anwartschaftsrecht

übertragen.

B🐝

Bienenschwarmvereinigung 🐝🐝🐝

12.8.2024, 15:44:16

ja aber das ist grundsätzlich möglich und so gedacht, oder? also dass ein

Anwartschaftsrecht

an einen Dritten übertragen wird (Zweiterwerb)

FL

Flohm

16.9.2024, 17:59:33

Das sagt Vieweg SachenR §11 Rn. 49: "Die Übertragung des

Anwartschaftsrecht

s durch den

Anwartschaftsberechtigte

n ist ohne Einwilligung des Vollrechtsinhabers möglich. Der

Anwartschaftsberechtigte

verfügt nämlich nur über ein ihm selbst zustehendes Recht. Die Position des Vollrechtsinhabers wird durch den Wechsel in der Person des Inhabers dieses Rechts nicht beeinträchtigt."

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

18.9.2024, 17:47:00

Hallo @[miamiu](208026), @[0815jurafuchs](237790) und @[Flohm](210957) haben Deine Frage hier schon genau richtig beantwortet: Das geht! Du warst vermutlich irritiert, weil der Vorbehaltskäufer ja noch gar kein Eigentum hat, also warum darf und kann er weiterveräußern, obwohl der Enderwerber doch vom

Anwartschaftsrecht

weiß? Das liegt einfach daran, dass der Vorbehaltskäufer hier ja nur dasjenige Recht weitergibt, das er tatsächlich schon hat: das

Anwartschaftsrecht

. Dieses Recht steht ihm zu und darüber darf er grds frei verfügen (anders als über das Eigentum, das ihm noch nicht zusteht). Ein Zweiterwerb des

Anwartschaftsrecht

s vom Berechtigten ist daher grds ohne Weiteres möglich. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

CR7

CR7

21.8.2024, 20:29:29

- V verkauft K eine Sache unter Eigentumsvorbehalt. Die Bedingung soll erfüllt sein, wenn der K 1.234 € gezahlt hat. K überträgt inzwischen das AnwR auf D. Anschließend einigen sich V und K, dass die Bedingung erst dann eintreten soll, wenn **weitere 20.000 €aus anderen Forderungen des V gegen K getilgt sind. Möglich?** - 1.Ansicht (+) - Warum? *AnwR hängt von schuldrechtlichen Vereinbarung ab und Risiko einer Abänderung trägt der Erwerber des AnwR.* - 2. Ansicht (-) - Warum? *Das AnwR ist ein quasi dingliches Recht -

Verfügungsgewalt

darüber (-)* - 3.Ansicht (-) - Warum? - *Die Parteien haben die Rechtsmacht dafür verloren. Zudem ist es eine Vereitelung des Bedingungseintritts, § 162 BGB.* - Welche Ausnahme? Wenn durch Anfechtung, Rücktritt wegen Sachmängeln oder wegen Rücktritt nach §§ 449 II i.V.m. § 323 BGB auf das AnwR eingewirkt wird → dann berührt das auch das AnwR, das ist ein immanentes Risiko. ➡️ Das AnwR erlischt automatisch, da die Bedingung ja nicht mehr eintreten kann.


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