Juristische Personen (Art. 19 Abs. 3 GG)?

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Ein Ableger der amerikanisch-christlichen Pfingstbewegung, in Deutschland eingetragen als juristische Person bürgerlichen Rechts, möchte für einen Gottesdienst den Festsaal der B-Gemeinde mieten. Die Anfrage wird mit Verweis auf fragwürdige Religionsinhalte der Bewegung abgelehnt.

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Einordnung des Falls

Juristische Personen (Art. 19 Abs. 3 GG)?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Pfingstbewegung in Deutschland kann als juristische Personen grundsätzlich Träger der Glaubensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sein.

Ja, in der Tat!

Träger der Glaubensfreiheit als sogenanntes „Jedermann-Grundrecht“ sind alle natürlichen Personen. Laut BVerfG können auch „Religionsgesellschaften und andere juristische Personen, deren Zweck die Pflege oder Förderung eines religiösen Bekenntnisses oder die Verkündung des Glaubens ihrer Mitglieder ist“, Träger der Glaubensfreiheit sein (sog. korporative Glaubensfreiheit). Die Pfingstbewegung in Deutschland kann als juristische Person grundsätzlich Träger der Glaubensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sein, verfolgt sie den Zweck der Förderung und Pflege ihres religiösen Bekenntnisses in Deutschland sowie die dortige Verkündigung ihres Glaubens.
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2. Die Pfingstbewegung kann sich wegen der Ablehnung ihrer Saalbuchung auf die Glaubensfreiheit berufen. Kann sie dies auch wegen der Ablehnung ihrer geistigen Inhalte?

Nein!

Religionsgesellschaften und andere juristische Personen können sich auf die Glaubensfreiheit berufen, sofern deren Zweck die Pflege oder Förderung eines religiösen Bekenntnisses oder die Verkündung des Glaubens ihrer Mitglieder ist (korporative Glaubensfreiheit). Sofern es um rein geistige Inhalte geht, können sich juristische Personen nicht auf die Glaubensfreiheit berufen. Das liegt daran, dass die Glaubensfreiheit in der Ausübung einer reinen Denkfreiheit dem Wesen nach nicht auf juristische Personen anwendbar ist (Art. 19 Abs. 3 GG). Die Pfingstbewegung kann sich wegen der Ablehnung ihrer Saalbuchung auf die Glaubensfreiheit berufen, nicht jedoch ihre geistigen Inhalte betreffend. Ein solcher Schutz setzt eine geistige Denkfähigkeit voraus. Diese Kapazität haben juristische Personen nicht, weshalb die Glaubensfreiheit in ihrer rein geistigen Ausprägung dem Wesen nach nicht auf juristische Personen anwendbar ist (Art. 19 Abs. 3 GG). Grundrechte gelten allgemein auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3). Mehr dazu im allgemeinen Teil der Grundrechtslehren.
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