Testierfreiheit – Grundverständnis (Fall)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Witwe E ist seit langer Zeit schwer krank. Ihr Sohn S ist vor vielen Jahren in die USA ausgewandert und hat den Kontakt zu E abgebrochen. Die Nachbarin N war stets wie eine Tochter für E und hat sich immer aufopferungsvoll um E gekümmert. E möchte daher N als ihre Alleinerbin in ihrem Testament einsetzen.
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Einordnung des Falls
Testierfreiheit – Grundverständnis (Fall)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Sohn S ist gesetzlicher Erbe der ersten Ordnung.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. E kann die N als Alleinerbin in ihrem Testament einsetzen.
Genau, so ist das!
3. Der enterbte S hat Anspruch auf den Pflichtteil (§§ 2303 ff. BGB).
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
FW
24.8.2024, 14:10:25
Moin Ich hatte mal gelesen, dass der Sinn und Zweck des Pflichtteils der Schutz des Familienfriedens ist. Könnte man eine teleologische Reduktion vertreten und den Anspruch verneinen, da dieser ja bereits zumindest hier - der Sohn ist sogar in ein anderes Land ausgewandert und hat keinerlei Kontakt - bereits vollständig zerstört ist?
Eike-Christian
13.9.2024, 03:18:50
Es gibt in den §§ 2333, 2338, 2345 iVm 2339 BGB Tatbestandslisten, die einen Pflichtteilsanspruch ausschließen (können). Es gibt daher keinen Raum für eine Auslegung der gesetzlichen Anspruchsgrundlage, denn der Gesetzgeber hat ja genaue Regeln vorgesehen, wann jemand vom Pflichtteilsrecht ausgeschlossen werden soll. Auswandern und den Kontakt abbrechen gehören nicht zu den Ausschließungsgründen.