Öffentliches Recht

VwGO

Feststellungsklage

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Grundfall zum Rechtsverhältnis (Begriff des Rechtsverhältnisses)

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Grundfall zum Rechtsverhältnis (Begriff des Rechtsverhältnisses)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Hexe H hat mit der Gemeinde G einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen. Danach subventioniert G Hs Besenproduktion. Im Gegenzug dafür soll H fünf Ausbildungsplätze in ihrem Besenwerk schaffen. Als G dies von H verlangt, meint H, dass sie keine Ausbildungsplätze schaffen müsse.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Grundfall zum Rechtsverhältnis (Begriff des Rechtsverhältnisses)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H möchte gerichtlich feststellen lassen, dass sie nicht verpflichtet ist, die fünf Ausbildungsplätze zu schaffen. In Betracht kommt eine Feststellungsklage.

Ja!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Die Feststellungsklage ist statthaft, wenn das Klagebegehren auf die Feststellung des Bestehens (positive Feststellungsklage) oder Nichtbestehens (negative Feststellungsklage) eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist (§ 43 Abs. 1 Var. 1, Var. 2 VwGO) oder die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts festgestellt werden soll (Nichtigkeitsfeststellungklage, § 43 Abs. 1 Var. 3 VwGO). Die Unterscheidung zwischen negativer und positiver Festellungsklage wirkt sich rechtlich nicht aus.
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2. In Betracht kommt eine negative Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 Var. 2 VwGO). Dafür müsste es sich bei der Beziehung zwischen H und G um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis handeln.

Genau, so ist das!

Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 VwGO ist die rechtliche Beziehung, die sich aus einem hinreichend konkreten Sachverhalt aufgrund einer (diesen Sachverhalt betreffenden) öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergibt. Feststellungsfähig ist nach allgemeiner Auffassung nur ein hinreichend konkretisiertes Rechtsverhältnis. Der Rechtsschutz soll sich nicht auf abstrakte Rechtsfragen bzgl. eines erdachten Sachverhalts erstrecken. Die von H angezweifelte Verpflichtung müsste ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sein.

3. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis muss vor allem von abstrakten Rechtsfragen abgegrenzt werden.

Ja, in der Tat!

Bei der Feststellungsklage geht es vor allem darum, strittige Rechtsfragen zu klären. Nach allgemeiner Auffassung ist die Feststellungsklage nur statthaft, wenn die Rechtsfrage hinreichend konkret ist. Das ist der Fall, wenn sich die Rechtsfrage auf einen fest umrissenen und überschaubaren Sachverhalt bezieht. Um konkrete Rechtsfragen handelt es sich insbesondere dann, wenn zwischen Bürger und Behörde einzelne Rechte oder Pflichten, die sich aus einer Rechtsvorschrift ergeben, umstritten sind. Uneinigkeit besteht darüber, ob die Rechtsfrage zwischen den Beteiligten zusätzlich auch streitig sein muss.

4. Hier ist strittig, ob aufgrund des zwischen G und H geschlossenen Vertrags Pflichten der H bestehen. Die Feststellungsklage ist statthaft.

Ja!

Rechte und Pflichten ergeben sich auch aus einem wirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 54 ff. VwVfG). § 54 Abs. 1 VwVfG spricht sogar ausdrücklich davon, dass durch den öffentlich-rechtlichen Vertrag ein "Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, geändert oder aufgehoben" werden kann. Streitig ist hier, ob sich die konkrete Pflicht der H, fünf Ausbildungsplätze zu schaffen, aus dem mit G geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag ergeben. H will feststellen lassen, dass dieses streitige Rechtsverhältnis nicht besteht. Statthaft ist die Feststellungsklage (negative Feststellungsklage, § 43 Abs. 1 Var. 2 VwGO).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SAMS

SamSoy

27.5.2024, 21:05:09

Ich habe "Nein" geklickt, da ich der Meinung war, es geht aus dem abgeschlossenen Vertrag laut Sachverhalt ja hervor, dass H im Gegenzug fünf Leute einstellen muss. Habe nicht ganz verstanden, wieso es dann vorliegend "Streitig" ist.

AS

as.mzkw

14.6.2024, 12:27:00

„H meint, dass sie keine Ausbildungsplätze schaffen müsse." Insofern bestreitet, die sich aus dem Vertrag ggf. ergebende

Leistungspflicht

. Also ist das zwischen H und G bestehende Rechtsverhältnis streitig.


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