Öffentliches Recht

VwGO

Anfechtungsklage

Schutznormtheorie: Klagebefugnis bei Konkurrentenklage (erteilte Genehmigung)

Schutznormtheorie: Klagebefugnis bei Konkurrentenklage (erteilte Genehmigung)

29. April 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A ist Taxifahrer in München. Aufgrund der vielen Mitbewerber besteht ein Überangebot an Taxis. Als die zuständige Behörde weitere Erlaubnisse nach dem PBefG (Personenbeförderungsgesetz) erteilt, möchte A, dass diese Erlaubnisse aufgehoben werden. A erhebt Anfechtungsklage.

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Einordnung des Falls

Schutznormtheorie: Klagebefugnis bei Konkurrentenklage (erteilte Genehmigung)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Klagebegehren des A ist auf die Beseitigung der Erlaubnisse für die Konkurrenz gerichtet. Ist die Anfechtungsklage statthaft?

Genau, so ist das!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (§ 88 VwGO). A begehrt die „Beseitigung” der Erlaubnisse für die Konkurrenz. Aus rechtlicher Sicht möchte A damit die Aufhebung von Verwaltungsakten erreichen. Die Anfechtungsklage ist statthaft (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO).
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2. A müsste klagebefugt sein (§ 42 Abs. 2 VwGO). Ergibt sich As Klagebefugnis bereits aus einer möglichen Verletzung seines Rechts aus Art. 2 Abs. 1 GG (Adressatentheorie)?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Klagebefugnis ist danach zu ermitteln, ob der Kläger möglicherweise in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (Möglichkeitstheorie). Ist der Kläger Adressat eines belastenden Verwaltungsakts, so ergibt sich seine Klagebefugnis zumindest aus einer möglichen Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG. A möchte hier Verwaltungsakte angreifen, die gerade nicht an ihn, sondern an seine Konkurrenz gerichtet sind. Die Adressatentheorie ist in diesen Fällen nicht anwendbar. As Klagebefugnis besteht nicht schon aufgrund einer möglichen Verletzung seines Rechts aus Art. 2 Abs. 1 GG.

3. A könnte klagebefugt sein, wenn die Erteilung der Genehmigungen eine drittschützende Norm verletzt und diese A schützt.

Ja!

Verwaltungsakte können Doppel- und Drittwirkung (§§ 80 Abs. 1 S. 2, 80a VwGO) haben. Hier wird die Konkurrenz durch die Erlaubnisse begünstigt, A aber möglicherweise belastet. Die Klagebefugnis ist danach zu ermitteln, ob der Kläger möglicherweise in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (Möglichkeitstheorie). Dies setzt voraus, dass der Kläger die Verletzung eines geschützten Rechts geltend macht, das auch ihn schützt (Drittschutz). Eine Norm ist dann drittschützend, wenn sie nicht nur Interessen der Allgemeinheit schützen soll, sondern zumindest auch Interessen bestimmter Personen zu dienen bestimmt ist und der Kläger zu diesem Personenkreis gehört (sog. Schutznormtheorie).

4. Ein möglicherweise verletztes Recht könnte sich zunächst aus § 13 Abs. 4 PBefG ergeben.

Genau, so ist das!

Eine Norm ist dann drittschützend, wenn sie nicht nur Interessen der Allgemeinheit schützen soll, sondern zumindest auch Interessen bestimmter Personen zu dienen bestimmt ist und der Kläger zu diesem Personenkreis gehört (sog. Schutznormtheorie). Grundsätzlich werden subjektive öffentliche Rechte im Berufszulassungsrecht abgelehnt. Ein subjektives öffentliches Recht lässt sich im Personenbeförderungsrecht zwar aus § 13 Abs. 2 PBefG bezüglich des Altunternehmers im Linienverkehr, sein Unternehmen leistungsfähig zu halten, ableiten. Dem Altunternehmer im Taxigewerbe soll aber nach § 13 Abs. 4 PBefG keine Klagebefugnis vermittelt werden. Das Schutzgut des § 13 Abs. 4 PBefG ist allein das Interesse der Allgemeinheit an der Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes insgesamt. A kann aus § 13 Abs. 4 PBefG keine Klagebefugnis herleiten.

5. A beruft sich darauf, dass die Zulassung eines Konkurrenten „automatisch“ auch eine Belastung für ihn sei. Begründet dieser „Rechtsreflex“ allein ein subjektives Recht i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO?

Nein, das trifft nicht zu!

Grundsätzlich gilt im Berufszulassungsrecht, dass kein Schutz vor Wettbewerb und Konkurrenz besteht. Die wirtschaftlichen Grundrechte (Art. 12 und 14 GG) treffen eine Wertentscheidung gerade zugunsten des Wettbewerbs und berechtigen daher grundsätzlich nicht zur Abwehr missliebiger Konkurrenz. Folglich liegt durch staatliches Handeln in diesem Bereich kein Eingriff in diese Grundrechte vor. Die Belastung aus einer einem Konkurrenten gewährten Begünstigung ist lediglich ein „Rechtsreflex“ und begründet kein subjektives Recht i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO.

6. Allerdings kann ein subjektives Recht verletzt sein, wenn durch staatliches Handeln der Wettbewerb einseitig verzerrt wird (Art. 12 GG, Art. 14 GG).

Ja!

Wenn die Verwaltung gezielt oder faktisch die wirtschaftliche Betätigung des betroffenen Marktteilnehmers, hier A, im Verhältnis zur Konkurrenz, empfindlich beeinträchtigt, kann sich hieraus ein subjektives Recht im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO ergeben. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (BVerwGE 71, 183, 191) ergibt sich eine empfindliche Beeinträchtigung des betroffenen Marktteilnehmers im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG daraus, dass die Begünstigung des anderen für ihn praktisch eine Entwertung seines aufgebauten Bestandes bedeutet. Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG ergibt sich die Beeinträchtigung daraus, dass ein faktischer Ausschluss vom Wettbewerb bewirkt werden würde.

7. Ist A klagebefugt, da M die Konkurrenten des A einseitig begünstigt und damit den Wettbewerb verzerrt hat?

Nein, das ist nicht der Fall!

Da A aus einfachgesetzlichen Normen nicht klagebefugt ist, kann sich eine mögliche Rechtsbeeinträchtigung nur aus einer Grundrechtsposition ergeben. Wenn die Verwaltung den Wettbewerb einseitig verzerrt, können Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG verletzt sein. Aus dem Sachverhalt lässt sich nicht schließen, dass die Vergabe weiterer Konzessionen für A praktisch eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz (Art. 14 Abs. 1 GG) oder einen faktischen Ausschluss vom Wettbewerb (Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) bewirken würde. Es lässt sich keine Klagebefugnis des A aus diesen Grundrechten ableiten. Eine weitere Konstellation der Konkurrentenklage ist der Fall, indem der Kläger eine Begünstigung erhalten will, welche seinem Konkurrent zugesprochen wurde. Mehr dazu findest Du im Kapitel zur Klagebefugnis i.R.d. Verpflichtungsklage.
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