Öffentliches Recht

VwGO

Anfechtungsklage

Schutznormtheorie: Klagebefugnis bei Konkurrentenklage (2)

Schutznormtheorie: Klagebefugnis bei Konkurrentenklage (2)

29. April 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die in Ingolstadt (I) ansässigen A-Werke befinden sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. I gewährt ihnen deshalb eine Beihilfe. Die ebenso in I ansässigen B-Werke sind empört über diese „Marktverzerrung”.

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Einordnung des Falls

Schutznormtheorie: Klagebefugnis bei Konkurrentenklage (2)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B möchte, dass die Gewährung der Beihilfe (= Verwaltungsakt) rückgängig gemacht wird. Die Anfechtungsklage ist statthaft. Richtet sich Bs Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO?

Ja, in der Tat!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (§ 88 VwGO). Hier begehrt B, dass die an A gerichtete Beihilfe „rückgängig gemacht” wird. Aus rechtlicher Sicht möchte A die Aufhebung der Beihilfe erreichen. Die öffentliche Beihilfe ist ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG). Mithin begehrt B die Aufhebung eines Verwaltungsakts. Die Anfechtungsklage ist statthaft (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO). B müsste ferner auch klagebefugt sein (§ 42 Abs. 2 VwGO). Da B nicht Adressat der Beihilfe ist, ergibt sich die Klagebefugnis nicht bereits ohne Sachvortrag aus Art. 2 Abs. 1 GG (Adressatentheorie).
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2. B könnte klagebefugt sein, wenn die öffentliche Beihilfe eine drittschützende Norm verletzt und B zum geschützten Personenkreis gehört.

Ja!

Verwaltungsakte können Doppel- und Drittwirkung (§§ 80 Abs. 1 S. 2, 80a VwGO) haben. Hier wird A durch die öffentliche Beihilfe begünstigt, B aber möglicherweise belastet. Die Klagebefugnis ist danach zu ermitteln, ob der Kläger möglicherweise in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt ist (Möglichkeitstheorie). Im Dreipersonenverhältnis setzt das voraus, dass der Kläger die Verletzung eines geschützten Rechts geltend macht, das auch ihn schützt (Drittschutz). Eine Norm ist dann drittschützend, wenn sie nicht nur Interessen der Allgemeinheit schützen soll, sondern zumindest auch Interessen bestimmter Personen zu dienen bestimmt ist und der Kläger zu diesen Personen gehört (sog. Schutznormtheorie).

3. Die Gewährung einer Subvention an einen Konkurrenten greift stets in die Grundrechte des übergangenen Klägers aus Art. 12 GG und Art. 14 GG ein.

Nein, das ist nicht der Fall!

Durch die Subvention erhält A einen Vorteil im Wettbewerb, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit der B beeinträchtigt. Allerdings greift nicht jede Subvention an einen Konkurrenten in die Rechtssphäre des übergangenen Konkurrenten ein. Es bedarf vielmehr einer einseitigen Wettbewerbsverzerrung durch die Verwaltung, die die Wettbewerbsfähigkeit der nicht berücksichtigten Partei schwerwiegend beeinträchtigt.

4. Ein subjektives Recht kann sich aus einer einseitigen Wettbewerbsverzerrung seitens der Verwaltung ergeben.

Ja, in der Tat!

Wenn die Verwaltung gezielt oder faktisch die wirtschaftliche Betätigung des betroffenen Unternehmens (hier B) im Verhältnis zu einem anderen (hier A) empfindlich beeinträchtigt, kann sich hieraus ein subjektives Recht i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO ergeben. Nach der Rechtsprechung ist eine schwerwiegende Beeinträchtigung des betroffenen Unternehmens im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG gegeben, wenn die Begünstigung des anderen für ihn praktisch eine Entwertung seines aufgebauten Bestandes bedeutet, im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, wenn dadurch ein faktischer Ausschluss vom Wettbewerb bewirkt würde.

5. Hier fördert I die A-Werke einseitig und verzerrt bereits damit den Wettbewerb, weshalb B klagebefugt ist.

Nein!

Die Subvention eines Konkurrenten greift nicht in jedem Fall in die grundrechtlich geschützte Rechtssphäre des Klägers ein. Vielmehr müssen dessen Interessen willkürlich vernachlässigt/verletzt und von erheblichem Gewicht sein. Die Klagebefugnis der B ist daher nur gegeben, wenn I durch eine Parteinahme derart in die bestehenden Wettbewerbsverhältnisse eingreift, dass B in ihrer Wettbewerbsfähigkeit empfindlich beeinträchtigt (Art. 12 Abs. 1, Art 2. Abs. 1 GG) oder in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht ist (Art. 14. Abs. 1 GG). Dies ist aber im Bezug auf B dem Sachverhalt nicht zu entnehmen. B ist nicht klagebefugt.
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