Schranken, Art. 5 Abs. 3 GG

5. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der 1933 emigrierte Schriftsteller K schildert in seinem Roman "Mephisto" Aufstieg und Karriere des opportunistischen Schauspielers Hendrik H. in Nazideutschland. Vorlage war der echte Schauspieler Gustaf G., den K kannte. Dessen Alleinerbe erwirkt ein Verbot gegen Verleger V, "Mephisto" zu veröffentlichen.

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Einordnung des Falls

Schranken, Art. 5 Abs. 3 GG

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG.

Nein!

Die Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ist nach Wortlaut, Systematik und Telos vorbehaltlos gewährleistet. Einer „Schrankenleihe“ - also der Übertragung der Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG - hat das BVerfG im Mephisto-Beschluss eine Absage erteilt. Dagegen spricht die eindeutige systematische Stellung der Kunstfreiheit nach den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Gleiches gilt für eine Übertragung der Schrankentrias der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, da diese gegenüber den speziellen Freiheitsrechten subsidiär ist. Du beweist Übersicht, wenn Du diese seit langem geklärte Problematik der „Schrankenleihe“ bei Art. 5 Abs. 3 GG in der Klausur - so wie hier ausgeführt - ganz knapp im Urteilsstil abhandelst.
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2. Bei Literatur oder Schauspiel können einzelne Teile der Erzählung herausgelöst und als Meinungsäußerungen qualifiziert werden. Sie unterfallen dem Schrankenvorbehalt des Art. 5 Abs. 2 GG.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach Systematik, Historie und Telos ist die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) lex specialis gegenüber der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). Sie ist kein Unterfall der Meinungsäußerungsfreiheit. Ein künstliches Aufspalten von Kunstwerken in Einzelbestandteile, die der Meinungsfreiheit unterfielen, verbietet sich. Das BVerfG führt für die vorbehaltlose Gewährleistung der Kunstfreiheit gerade auch die Erfahrungen aus der NS-Zeit an, in der „Kunst und Künstler in die völlige Abhängigkeit politisch-ideologischer Zielsetzungen versetzt oder zum Verstummen gebracht“ worden waren. Auch dies hatte den Verfassungsgeber veranlasst, die „Eigenständigkeit und Eigengesetzlichkeit“ der Kunstfreiheit besonders zu garantieren.

3. Als vorbehaltslos gewährtes Grundrecht kann die Kunstfreiheit nicht eingeschränkt werden.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Grundrechte des GG gelten - mit Ausnahme der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) - nicht absolut, sondern können im Einzelfall eingeschränkt werden. Grundrechte mit einfachem oder qualifizierten Gesetzesvorbehalt können unter dessen jeweiligen Voraussetzungen eingeschränkt werden. Vorbehaltlos gewährte Grundrechte - wie die Kunstfreiheit - unterliegen (nur) den verfassungsimmanenten Schranken kollidierenden Verfassungsrechts. Sie sind mit kollidierenden Verfassungsgütern - also mit Grundrechten Dritter sowie sonstigen Verfassungswerten - in möglichst schonenden Ausgleich zu bringen (praktische Konkordanz). Die differenzierte Schrankensystematik des GG ist keine Selbstverständlichkeit. Die Europäische Grundrechtecharta (GRCh) unterwirft alle EU-Grundrechte einem einheitlichen Gesetzesvorbehalt (Art. 52 Abs. 1 GRCh). Für den Erfolg Deiner Klausur ist es zentral, dass Du die Schranke des einschlägigen Grundrechts zutreffend identifizierst, weil dies erhebliche Auswirkungen auf die Rechtfertigung von Eingriffen hat.
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