Öffentliches Recht

Grundrechte

Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 GG)

Schranken des Art. 5 Abs. 3 GG - Josefine Mutzenbacher

Schranken des Art. 5 Abs. 3 GG - Josefine Mutzenbacher

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Autor A verfasst pornografische Romane. Weil der Roman unter anderem auch Kinderprostitution verharmlost und verherrlicht, wird er auf die Liste jugendgefährdender Schriften aufgenommen. A sieht seine Schrift als Kunst an und sich demnach in seiner Kunstfreiheit verletzt. ‌

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Einordnung des Falls

Schranken des Art. 5 Abs. 3 GG - Josefine Mutzenbacher

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Können pornografische Romane „Kunst“ sein?

Genau, so ist das!

Nach dem formalen Kunstbegriff besteht das Wesentliche eines Kunstwerks darin, dass es einem bestimmten Werktyp (Malerei, Bildhauerei, Dichtung, Schauspiel, Literatur, etc.) zugeordnet werden kann. Jede Begrenzung auf „Schönes“, „Wertvolles“ oder das Merkmal „Mindestmaß an künstlerischem Niveau“ ist ausgeschlossen. Auch die Darstellung von Sexualität oder schlichter Blasphemie kann Kunst sein. As Romane sind jedenfalls nach formaler Betrachtung „Kunst“. Die Aufnahme auf die Liste jugendgefährdender Schriften stellt auch einen Eingriff in As Kunstfreiheit dar, da hierdurch die Verbreitungsmöglichkeiten beschränkt werden (Wirkbereich).
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2. Die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) findet ihre Schranke in „den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend“ nach Art. 5 Abs. 2 GG.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ist nach Wortlaut, Systematik und Telos vorbehaltlos gewährleistet. Eine „Schrankenleihe“ - also die Übertragung der Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG – ist nicht möglich. Gleiches gilt für eine Übertragung der subsidiären Schrankentrias der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG. Vorbehaltlos gewährte Grundrechte unterliegen (nur) den verfassungsimmanenten Schranken kollidierenden Verfassungsrechts. Sie sind mit kollidierenden Verfassungsgütern in möglichst schonenden Ausgleich zu bringen (praktische Konkordanz). ‌

3. Stellen jugendschützende Maßnahmen damit stets Verletzungen der Kunstfreiheit dar (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG)?

Nein!

Vorbehaltlos gewährte Grundrechte unterliegen (nur) den verfassungsimmanenten Schranken kollidierenden Verfassungsrechts. Sie sind mit kollidierenden Verfassungsgütern in möglichst schonenden Ausgleich zu bringen (praktische Konkordanz) Der Jugendschutz lässt sich verfassungsrechtlich schon aus dem Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 S. 1 und 2 GG) ableiten. Dieses umfasst unter anderem die Befugnis, die Lektüre der Kinder zu bestimmen, was durch die Indizierung gestärkt wird. Ferner lässt sich dieser auf das Recht der Kinder auf die freie Entfaltung der Person stützen (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG). Diese Verfassungsgüter können damit grundsätzlich Einschränkungen der Kunstfreiheit rechtfertigen. Achte darauf, dass Du beim Punkt Einschränkbarkeit/Schranke der Kunstfreiheit klar herausarbeitest, dass Du nicht einfach die Schranke der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 2 GG) auf die Kunstfreiheit anwendest!
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