Schutzbereich Postgeheimnis: Grundfall

20. April 2025

4 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Postfilialen-Direktor D ist neues Mitglied der rechten Partei Alternative gegen Deutschland (AgD). Um sich bei der Partei beliebt zu machen, sammelt er Informationen zu Sendungen an die Konkurrentenpartei der AgD und teilt diese mit der AgD-Parteiführung.

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Einordnung des Falls

Schutzbereich Postgeheimnis: Grundfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Art. 10 GG schützt das Postgeheimnis.

Ja, in der Tat!

Art. 10 GG normiert sowohl das Brief-, Post- als auch das Telekommunikationsgeheimnis und ermöglicht so eine vertrauliche Kommunikation zwischen Bürgern. Das Postgeheimnis schützt dabei die Vertraulichkeit von körperlichen Transport- und Kommunikationsvorgängen, die durch einen (Post-)Dienstleister abgewickelt werden. Erfasst sind alle Arten von Sendungen. Kern des Schutzbereichs ist die Verpflichtung des Dienstleisters, hinsichtlich der ihm anvertrauten Sendungen Stillschweigen gegenüber Dritten zu wahren.
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2. Das Postgeheimnis verpflichtet zum Stillschweigen sowohl über Inhalte der anvertrauten Kommunikation als auch über anfallende Beförderungsdaten.

Ja!

Das Postgeheimnis (Art. 10 GG) schützt die Vertraulichkeit von körperlichen Transport- und Kommunikationsvorgängen, die durch einen (Post-)Dienstleister abgewickelt werden. Der Dienstleister hat hinsichtlich der ihm anvertrauten Sendungen Stillschweigen gegenüber Dritten zu wahren. Diese Verpflichtung umfasst nicht nur die Inhalte der anvertrauten Kommunikation, sondern parallel zum Briefgeheimnis auch anfallende Beförderungsdaten, etwa Informationen zum Sendungsweg.

3. Parallel zum Briefgeheimnis erstreckt sich der zeitliche Schutz des Postgeheimnisses von Aufgabe der Sendung bis zur Abgabe beim Empfänger.

Genau, so ist das!

Das Postgeheimnis (Art. 10 GG) beginnt mit Aufgabe der Sendung beim entsprechenden Dienstleister, erstreckt sich auf den Transport als solchen und endet mit der Ankunft beim Empfänger. Diese zeitliche Eingrenzung fokussiert den Schutz durch das Postgeheimnis parallel zum Briefgeheimnis auf den Zeitraum, in dem die Sendung besonders gefährdet für unberechtigte Zugriffe ist. Eine Besonderheit ist hier zu beachten: Bei der Lagerung einer Sendung, etwa in einer Packstation, gilt der Schutz des Postgeheimnisses sogar bis zur Abholung der Sendung. Denn hier befindet sich die Sendung weiterhin in einem Zustand, der anfällig für Verletzungen der Vertraulichkeit bleibt und damit schutzwürdig ist.

4. Anders als das Briefgeheimnis, welches für jedermann gilt, verpflichtet das Postgeheimnis konkret Post-Dienstleister.

Ja, in der Tat!

Aufgrund der Tatsache, dass Post- und Kommunikationsunternehmen heute nicht mehr in staatlicher Hand sind, greift die in Art. 10 GG enthaltene Schutzverpflichtung des Staates, die diesen anhält durch den Erlass von Regelungen sicherzustellen, dass auch Private und Postdienstleister Art. 10 GG achten. Hinsichtlich des Briefgeheimnisses ist der Staat dieser Verpflichtung durch den Erlass des § 202 StGB (Verletzung des Briefgeheimnisses) nachgekommen, welcher sich an jedermann richtet. Die Einhaltung des Postgeheimnisses, welches sich an die Mitarbeiter von Postdienstleistern richtet, soll mit der Verankerung des Postgeheimnisses im Postgesetz (PostG) durch den Staat sichergestellt werden.

5. Die Weitergabe von Sendungsinformationen durch Postfilialen-Direktor D an die AgD berührt den Schutzbereich des Postgeheimnisses.

Ja!

Die in Art. 10 GG enthaltene Schutzverpflichtung des Staates hält diesen an, durch den Erlass von Regelungen sicherzustellen, dass auch Private und Postdienstleister Art. 10 GG achten. Die Einhaltung des Postgeheimnisses, welches sich an die Mitarbeiter von Postdienstleistern richtet, soll mit der Verankerung des Postgeheimnisses im Postgesetz (PostG) sichergestellt werden. Dessen Schutzbereich ist betroffen, wenn die Vertraulichkeit von körperlichen Transport- und Kommunikationsvorgängen durch einen (Post-)Dienstleister oder dessen Mitarbeiter gegenüber Dritten, etwa durch die Weitergabe vertraulicher Informationen, missachtet wird. Indem Postfilialen-Direktor D als Mitarbeiter eines Post-Dienstleisters seine Position dahingehend ausnutzt, dass er vertrauliche Informationen über körperliche Transport- und Kommunikationsvorgänge an Dritte – hier die AgD – weiterleitet, ist der Schutzbereich des Postgeheimnisses (Art. 10 GG) berührt. Wichtig: Nur weil der Schutzbereich eines Grundrechts berührt bzw. betroffen ist, heißt das nicht auch automatisch, dass dieser verletzt ist. Eine Verletzung des Schutzbereichs ist erst dann gegeben, wenn die Berührung nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DeliktusMaximus

DeliktusMaximus

28.10.2024, 07:39:35

Ich liebe eure Fälle ❤️

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

28.10.2024, 10:29:43

Hallo DeliktusMaximus, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team

QUIG

QuiGonTim

29.1.2025, 00:10:24

Gilt bezüglich des Postgeheimnisses und privater Postdienstleister eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Grundrechte nur den Staat unmittelbar verpflichten?

PAUHE

Paul Hendewerk

6.3.2025, 10:32:20

@[QuiGonTim](133054) Nein, unmittelbar ist an das Postgeheimnis nach Art. 10 I GG nur die nach Maßgabe des Art. 1 III GG grundrechtsverpflichtete Staatsgewalt gebunden. Allerdings folgt aus dem Postgeheimnis eben auch eine staatliche Schutzpflicht. Diese verpflichtet die grundrechtsverpflichtete Staatsgewalt dazu, Vorkehrungen - z. B. durch den Erlass der entsprechenden Vorschriften im PostG - dafür zu treffen, dass private Anbieter von Postdienstleistungen keine Kenntnis vom Inhalt der Postsendungen nehmen.


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