Öffentliches Recht

Staatsorganisations-Recht

Die Bundesregierung

Können Mitglieder des Bundestags einzelne Bundesminister „stürzen“?

Können Mitglieder des Bundestags einzelne Bundesminister „stürzen“?

17. Juli 2025

16 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bundeskanzler O hat nach seiner Wahl die Bundesminister und Bundesministerinnen der neuen Regierung bestimmt. Nachdem Minister C ständig Gesetzesvorhaben des Parlaments blockiert, fragt sich Abgeordnete A, wie man C „loswerden“ könnte.

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Einordnung des Falls

Können Mitglieder des Bundestags einzelne Bundesminister „stürzen“?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Bundesminister werden durch die Abgeordneten des Bundestags bestimmt und können daher auch durch diese „abgewählt“ werden (vgl. Art. 64 Abs. 1 GG).

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach Art. 64 Abs. 1 GG bestimmt der Bundeskanzler die Bundesminister. Daraufhin ernennt der Bundespräsident die Bundesminister. Der Bundestag wählt nur den Bundeskanzler. Die Abgeordneten des Bundestags haben also auf die Bestimmung der Bundesminister nur mittelbaren Einfluss. Zudem sieht das Grundgesetz auch keine Möglichkeit vor, dass der Bundestag einzelne Bundesminister direkt „abwählt“.
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2. Bundesminister C könnte sein Amt dadurch verlieren, dass der Bundespräsident den C auf Os Veranlassung entlässt (Art. 64 Abs. 1 GG).

Ja, in der Tat!

Der Bundespräsident ernennt und entlässt die Bundesminister auf Vorschlag des Bundeskanzlers (Art. 64 Abs. 1 GG). Danach können einzelne Bundesminister nur auf Initiative des Bundeskanzlers entlassen werden. Darüber hinaus endet die Amtszeit aller Bundesminister, wenn die Amtszeit des Bundeskanzlers endet (Art. 69 Abs. 2 GG). Die Bundesminister sind insofern abhängig vom Bundeskanzler.Bundeskanzler und Bundesminister bilden zusammen die Bundesregierung (Art. 62 GG). Der Bundeskanzler ist die zentrale Figur der Bundesregierung. Dies wird vor allem durch die in Art. 65 S. 1 GG normierte Richtlinienkompetenz des Kanzlers deutlich.

3. Abgeordnete A fragt sich, ob es einen mittelbaren Weg gibt, C zu „stürzen“, und erinnert sich an die Möglichkeit eines Misstrauensvotums. Regelt Art. 67 GG das sog. „konstruktive Misstrauensvotum“?

Ja!

Nach Art. 67 GG kann das Parlament (= der Bundestag) dem Bundeskanzler sein „Misstrauen aussprechen“. Dadurch verliert der Bundeskanzler sein Amt und mit ihm auch alle Bundesminister (Art. 69 Abs. 2 GG). Die Bundesminister verlieren nach Art. 69 Abs. 2 GG auch ihr Amt, wenn der Bundeskanzler sich vom Bundespräsidenten entlassen lässt (= Beendigung der Amtszeit durch Rücktritt). Eine Möglichkeit, dass das Parlament einzelne Bundesminister über das Misstrauensvotum (direkt) „abwählt“, gibt es hingegen nicht. Der Bundestag, dessen Mitglied A ist, kann nicht direkt erreichen, dass C aus seinem Amt entlassen wird. Dies wäre nur möglich, wenn der Bundestag über Art. 67 Abs. 1 GG einen neuen Bundeskanzler bestimmt. Dann würde aber nicht nur C sein Amt verlieren, sondern alle Bundesminister und Bundesministerinnen. Das Misstrauensvotum nach Art. 67 Abs. 1 GG ist „erfolgreich“, wenn die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages für einen neuen Bundeskanzler stimmt und der Bundespräsident auf das Ersuchen des Parlaments den alten Bundeskanzler entlässt. Dazu später mehr!

4. A will nicht die gesamte Regierung „stürzen“ (vgl. Art. 67 GG). Regelt das Grundgesetz die Möglichkeit eines Misstrauensvotums gegen einen einzelnen Minister?

Nein!

Das Grundgesetz enthält keine ausdrückliche Möglichkeit, wonach das Parlament sein Misstrauen gegenüber einzelner Bundesminister ausdrücken kann. In der Praxis gibt es allerdings das sog. „schlichte“ Misstrauensvotum. Dieses bezeichnet aber lediglich einen einfachen Antrag aus den Reihen des Bundestages, durch den dieser einem Minister sein Misstrauen ausspricht. Darauf folgt aber keine Rechtspflicht zum Rücktritt des Ministers oder zur Veranlassung der Entlassung durch den Bundeskanzler. Es handelt sich also nur um ein politisches Instrument. Der Bundeskanzler kann aus einem solchen Antrag natürlich seine Schlüsse ziehen und die Entlassung des Bundesministers in die Wege leiten (Art. 64 Abs. 1 GG). Es ist zwar umstritten, ob solche in der Verfassung nicht vorgesehenen Anträge überhaupt zulässig sind. Sie wurden aber tatsächlich bereits wiederholt zur Abstimmung des Bundestages gestellt.
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