1. Am 04.05.2019 erhebt K am zuständigen Verwaltungsgericht Klage gegen die Verfügung. Müsste zunächst der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein?
Ja, in der Tat!
Liegt keine aufdrängende Sonderzuweisung vor, ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt und keine abdrängende Sonderzuweisung einschlägig ist. Polizeiliche Maßnahmen sind nach § 23 EGGVG den ordentlichen Gerichten zugewiesen, wenn diese der Strafverfolgung dienen, also repressiv sind. Aufdrängende Sonderzuweisungen sind nicht ersichtlich. Der Streit um das Betretungs- und Aufenthaltsverbot (z.B. nach § 34 Abs. 2 PolG NRW) ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Die Maßnahme dient der Gefahrenabwehr (= präventiv), sodass § 23 EEGVG nicht greift. Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 S. 1 VwGO eröffnet. Unproblematische Punkte kannst Du hier weglassen oder (so wie hier) kurz feststellen. Bei polizeilichen Maßnahmen solltest Du den § 23 EGGVG aber – zumindest kurz – ansprechen. Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Verfügung war zeitlich bis zum Abend des 27.04.2019 begrenzt und hat sich daher durch Zeitablauf erledigt (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG). Ist dennoch die Anfechtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO)?
Nein!
Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn der Kläger die Aufhebung eines (wirksamen) Verwaltungsakt begehrt (§ 42 Abs. 1 VwGO). An einem wirksamen Verwaltungsakt fehlt es, wenn dieser sich erledigt hat (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Begehrt der Kläger die
Feststellung, dass der erledigte Verwaltungsakt ursprünglich rechtswidrig war, ist die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) statthaft. Erledigung tritt ein, wenn der Verwaltungsakt seine Regelungswirkung verliert. Wegen der Erledigung des Betretungs- und Aufenthaltsverbot (= Verwaltungsakt) ist die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog) statthaft. § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO muss Du hier analog anwenden, da dieser direkt nur den Fall erfasst, in dem Erledigung nach Klageerhebung eintritt. Alles zur analogen Anwendung von § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO findest Du hier . 3. Im Rahmen der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage muss neben der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) auch ein besonderes Feststellungsinteresse vorliegen.
Genau, so ist das!
Bei der Fortsetzungsfeststellungsklage bei ursprünglich statthafter Anfechtungsklage ist der Kläger klagebefugt, wenn die Möglichkeit besteht, dass er durch den erledigten Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt wurde.
Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass K durch die Verfügung in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt wurde. K ist klagebefugt. Weil ein erledigter Verwaltungsakt in der Regel keine Beschwer mehr entfaltet, muss ein über die allgemeine Klagebefugnis hinausgehendes berechtigtes Interesse (Fortsetzungsfeststellungsinteresse) an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts bestehen. K müsste ein berechtigtes Interesse an der Feststellung haben, dass das Betretungs- und Aufenthaltsverbot rechtswidrig war. 4. Zur Beurteilung, ob ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO vorliegt, haben sich verschiedene Fallgruppen herausgebildet.
Ja, in der Tat!
Der Begriff des „berechtigten Interesses“ ist sehr unbestimmt. Die Frage, wann ein solches Interesse vorliegt, ist aber von praktisch hoher Relevanz, da dies darüber entscheidet, ob jemand Rechtsschutz erlangen kann. Zur Konkretisierung des berechtigen Interesses hat die Rspr. deswegen bestimmte Fallgruppen entwickelt. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse liegt in diesen Fällen vor: (1) Wenn zu erwarten ist, dass eine gleichartige Maßnahme erneut gegen denselben Betroffenen erlassen wird (Wiederholungsgefahr). (2) Wenn der Verwaltungsakt „bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise“ diskriminierende Wirkung hatte, welche noch andauert, und der durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit wirksam begegnet werden kann (Rehabilitationsinteresse). (3) Wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit für einen nachfolgenden Amtshaftungsprozess erforderlich ist (Präjudizinteresse). (4) Wenn ein (schwerer) Grundrechtseingriff durch einen sich typischerweise schnell erledigenden Verwaltungsakt erfolgte. 5. Anfang Mai bringt P in Erfahrung, dass K nicht mehr als Hooligan „aktiv“ ist, was tatsächlich der Fall ist. Besteht damit Wiederholungsgefahr bezüglich der Maßnahme vom 27.04.2019?
Nein!
Für die Annahme einer Wiederholungsgefahr ist nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein. BVerwG: In Ks Fall fehle es an beiden Voraussetzungen. Nach den Feststellungen des OVG habe K selbst vorgetragen, sich aufgrund der Geburt seines Kindes im November 2018 aus den Hooligan-Aktivitäten zurückgezogen zu haben. Zudem habe P erklärt, er werde mit Blick auf die „Wohlverhaltensperiode“ des Klägers (...) keine weiteren vergleichbaren Maßnahmen ergreifen (RdNr. 19).
6. Hat F die Absicht zum Ausdruck gebracht, einen Schadensersatzanspruch geltend machen zu wollen?
Nein, das ist nicht der Fall!
War ein behördliches Handeln rechtswidrig und wurde dadurch ein Vermögensschaden verursacht, kann der Geschädigte den Vermögensschaden im Rahmen eines Amtshaftungsprozesses (= ordentliche Gerichtsbarkeit) gegen den verantwortlichen Hoheitsträger geltend machen. Dieses Interesse ist i.R.d. Fortsetzungsklage nur dann berechtigt, wenn sich der Verwaltungsakt nach Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage erledigt hat. Tritt Erledigung bereits ein, bevor der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben hat, besteht hingegen kein anerkennenswertes Interesse des Klägers, zwei Prozesse zu führen. Vielmehr kann der Kläger sofort vor dem Zivilgericht klagen. K hat nicht einmal geltend gemacht, einen Amtshaftungsprozess betreiben zu wollen (RdNr. 21). Darüberhinaus käme das Präjudizinteresse hier nicht in Betracht, da sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hatte.
7. Das Aufenthalts- und Betretungsverbot knüpft an die objektive Verursachung einer Gefahr, nicht an eine Schuld des Störers (K) an. Hat das Verbot damit eine generell stigmatisierende Wirkung, aus der sich Ks Rehabilitationsinteresse ergibt?
Nein, das trifft nicht zu!
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht dann, wenn von dem erledigten Verwaltungsakt eine anhaltende diskriminierende Wirkung ausgeht (= Rehabilitationsinteresse). Dafür muss die Maßnahme überhaupt von Dritten wahrgenommen werden (Außenwirkung). Es reicht aber nicht schon aus, dass jemand anderes „mitbekommt“, dass man Adressat einer polizeilichen Maßnahmen ist. Dieses „Mitbekommen“ muss vielmehr eine stigmatisierende oder rufschädigende Wirkung haben. Das Rehabilitationsinteresse besteht bei einer Anordnung an eine Demonstrationsteilnehmerin, sich in der Öffentlichkeit auszuziehen (und Vollzug der Anordnung). BVerwG: Das Ordnungsrecht setze für die Störereigenschaft kein Verschulden, sondern nur die objektive Verursachung voraus. Damit habe ein polizeiliches Aufenthaltsverbot nicht schon generell eine stigmatisierende Wirkung. Unabhängig davon, ob im konkreten Fall des Klägers der Bescheid stigmatisierend sei, fehle es jedenfalls an der erforderlichen Außenwirkung des Bescheids (RdNr. 20). 8. Ks Feststellungsinteresse könnte sich daraus ergeben, dass P durch eine sich typischerweise kurzfristig erledigte Maßnahme (schwerwiegend) in seine Grundrechte eingegriffen hat.
Ja!
Grundsätzlich kommt die Fortsetzungsfeststellungsklage auch dann in Betracht, wenn die Maßnahme sich typischerweise schnell erledigt und ansonsten niemals die Möglichkeit eines nachträglichen Rechtsschutzes bestünde (vgl. RdNr. 23). Die konkreten Anforderungen an diese Fallgruppe sind umstritten.
Das BVerwG hat nunmehr ausdrücklich festgestellt, dass diese Fallgruppe auf die Fälle begrenzt sein muss, in denen ein qualifizierter Grundrechtseingriff vorliegt. Das bedeutet also, dass nicht jede Maßnahme, die sich kurzfristig erledigt, zu der Annahme eines Feststellungsinteresses führt. BVerwG: „Bei der Feststellung, dass sich die angegriffene Maßnahme typischerweise so kurzfristig erledigt, dass sie regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden kann, handelt es sich jedoch nicht um eine hinreichende, sondern nur um eine notwendige Voraussetzung (...)“ (RdNr. 24).
9. Nach dem BVerwG ist § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO eine begrenzte Ausnahmeregelung. Spricht dies dafür, dass eine Fortsetzungsfeststellungsklage gerade nicht allein deswegen zulässig sein kann, weil sich der Verwaltungsakt typischerweise schnell erledigt?
Genau, so ist das!
Die konkreten Anforderungen an die Fallgruppe des sich typischerweise schnell erledigenden Verwaltungsakts sind umstritten. Das BVerwG hat mit dieser Entscheidung ausführlich und ausdrücklich zu diesem Streit Stellung bezogen. Die wichtigsten Argumente solltest Du kennen. BVerwG: Der Wortlaut des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO und der systematische Zusammenhang mit § 42 VwGO würden verdeutlichen, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können (siehe auch BVerwGE 146, 303, RdNr. 30). Dies spräche dagegen, dass bereits der Umstand, dass sich eine Maßnahme typischerweise kurzfristig erledigt, eine hinreichende Voraussetzung für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei. 10. Würde man auf das zusätzliche Erfordernis eines „qualifizierten Grundrechtseingriffs“ verzichten, wäre Ks Feststellungsinteresse zu bejahen.
Ja, in der Tat!
Gerade im Polizeirecht gibt es eine Vielzahl von Maßnahmen, die sich typischerweise schnell erledigen. So auch das zeitlich auf eine kurze Dauer begrenzte Aufenthalts- und Betretungsverbot. Das BVerwG argumentiert mit diesem Umstand für das zusätzliche Kriterium eines „qualifizierten Grundrechtseingriffs“. Das berechtigte Interesses würde ansonsten bereits dann bestehen, wenn sich das verfolgte Anliegen in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts erschöpft. Damit liefe die Zulässigkeitsvoraussetzung des besonderen Feststellungsinteresses letztlich ins Leere. Dies sei nicht damit vereinbar, dass die VwGO grundsätzlich nur einen subjektiven Rechtsschutz vorsieht (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Denn, wenn es nur noch um die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme geht, liefe dies auf eine objektive Verwaltungskontrolle hinaus (RdNr. 27).
11. Könnte man für die Ansicht des BVerwG argumentieren, dass der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG) nicht danach unterscheidet, wie „schwer“ der Staat in ein Grundrecht eingegriffen hat?
Nein!
Die Ansicht des BVerwG könnte mit dem Grundsatz aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG unvereinbar sein und damit gegen Verfassungsrecht verstoßen. Die Auseinandersetzung mit verschiedenen Argumenten bringen Dir die Punkte ein!Vor allem in der Lit. findet man die Ansicht, dass sich aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG ergebe, dass bereits der Umstand, dass sich eine Maßnahme typischerweise schnell erledigt ausreichen müsse, um das notwendige Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen. Es sei mit dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes unvereinbar, wenn in diesen Fällen kein nachträglicher Rechtsschutz möglich wäre. Der effektive Rechtsschutz sei nicht auf tiefgreifende Rechtseingriffe beschränkt. Die Möglichkeit eines einstweiligen Rechtsschutzes reiche ebenfalls nicht aus, um Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG in diesen Fällen gerecht zu werden. Denn hier erfolge keine umfangreiche Überprüfung der Maßnahme, so wie es in einem Hauptsacheverfahren der Fall ist. 12. Wenn man annimmt, dass die Zulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens generell vom Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses des Betroffenen abhängt, so ist die Ansicht des BVerwG mit Art. 19 Abs. 1 S. 4 GG vereinbar.
Genau, so ist das!
BVerwG: Mit dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes sei es grundsätzlich vereinbar, wenn „Fachgerichte ein Rechtsschutzinteresse nur so lange als gegeben ansehen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.“ Darüberhinaus könne ein Rechtsschutzbedürfnis nur bestehen, wenn sich die Maßnahme typischerweise schnell erledigt und diese (vermeintlich) schwerwiegend in ein Grundrecht eingegriffen hat. Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG garantiere gerade nicht, dass die Gerichte eine generelle „Auskunft über die Rechtslage“ erteilen (RdNr. 31). So auch das BVerfG (BVerfGE 110, 77, RdNr. 85f.; vgl. auch BVerfG, NVwZ 2009, 1426, RdNr. 1427). Knackpunkt des Streits ist also ein unterschiedliches Verständnis des Umfangs von Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG. Wenn Du hier beide Auffassungen nennen kannst, ist das schon fast die ganze Miete.
13. K führt gegen die Ansicht des BVerwG an, dass es für ihn als Kläger unmöglich zu erkennen sei, nach welchen Kriterien der qualifizierte Grundrechtseingriff bestimmt wird. Ist eine solche Unbestimmtheit in jedem Fall verfassungswidrig?
Nein, das trifft nicht zu!
Das gesetzliche (unbestimmte) Rechtsbegriffe der (gerichtlichen) Auslegung bedürfen, ist grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht problematisch.
BVerwG: Gegen die Voraussetzung eines „qualifzierten Grundrechtseingriffs“ spräche schließlich nicht, „dass verallgemeinerungsfähige Kriterien (...) nicht auf der Hand liegen.“ Eine ausreichende Orientierungslinie würde die Rspr. des BVerfG geben (RdNr. 34). Danach sei ein Feststellungsinteresse jedenfalls in den nachfolgenden Fällen gegeben: (1) Wenn eineVerletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) in Frage steht (BVerfG, NJW 2002, 2699, RdNr. 2700). (2) Bei Eingriffen in Grundrechte, die einem Richtervorbehalt unterliegen (BVerfGE 96, 27, RdNr. 40). (3) Wenn die konkrete Maßnahme das Vorliegen eines willkürlichen Handelns nahelegt (BVerfG, NStZ-RR 2004, 252, RdNr. 253). Hinsichtlich anderer Grundrechte sei bei der Beurteilung der Eingriffsintensität nach Art des Eingriffs zu differenzieren. 14. Es kommt zunächst darauf an, in welchen Grundrechten K beeinträchtigt ist. Hat das räumlich eng begrenzte Verbot den Schutzbereich von Ks Grundrecht aus Art. 11 GG berührt?
Nein!
Art. 11 GG schützt die Freizügigkeit im Bundesgebiet. Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG schützt die Bewegungsfreiheit als solche. Beide Schutzbereiche waren durch das räumlich auf einen Bereich in unmittelbarer Nähe des Stadions begrenzte Aufenthalts- und Betretungsverbot nicht betroffen. Bevor Du Art. 2 Abs. 1 GG prüfst, solltest Du immer – zumindest kurz – andere, naheliegende speziellere Grundrechte thematisieren.
15. K war durch die Maßnahme jedenfalls in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit beeinträchtigt. Ist ein solcher Eingriff von vornherein immer besonders schwerwiegend?
Nein, das ist nicht der Fall!
Wegen des weiten Schutzbereichs der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), muss diese Freiheit umfangreich sachgerecht beschränkbar sein (stRspr, vgl. BVerfGE 80, 137, RdNr. 152f.). BVerwG: Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) sind nur ausnahmsweise so schwerwiegend, dass sie in dem Fall ihrer Erledigung die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses rechtfertigen. Bei einer Maßnahme, die (nur) einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG bedeutete und die sich mittlerweile (folgenlos) erledigt hat, kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nur dann vorliegen, wenn das untersagte Verhalten eine mit dem Schutzgut der übrigen Grundrechte vergleichbare Relevanz für die Persönlichkeitsentfaltung des Klägers hat. 16. Ks berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Betretungs- und Aufenthaltsverbot bestünde (nach Ansicht des BVerwG) nur, wenn das untersagte Verhalten eine gesteigerte Relevanz für Ks Persönlichkeitsentfaltung hätte.
Ja, in der Tat!
Liegt nur ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG vor, kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nur dann angenommen werden, wenn das individuelle Verhalten eine solche Bedeutung für den Rechtsschutzsuchenden hat, die eine mit dem Schutzgut der übrigen Grundrechte vergleichbare Relevanz für die Persönlichkeitsentfaltung des Klägers hat. BVerwG: Ks Freizeitgestaltung sei hier durch die begrenzte Maßnahme nur minimal eingeschränkt. Zudem dürfe auf subjektive Gesichtspunkte, wie etwa den gesteigerten Erlebniswert der Fußballbegegnung gerade für K nicht abgestellt werden. Es fehle daher an der erforderlichen gesteigerten, dem Schutzgut der übrigen Grundrechte vergleichbaren Relevanz für die Persönlichkeitsentfaltung des Klägers (RdNr. 44). Das BVerwG hat sich auch noch damit auseinandergesetzt, inwiefern diese Entscheidung mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist. Siehe dazu RdNr. 33ff. 17. K hat demnach kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verbots. Ist Ks Klage zulässig?
Nein!
Das besondere Feststellunginteresse ist eine Sachurteilsvoraussetzung der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO). Fehlt dies, ist die Klage unzulässig. Ks Klage ist mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig. So entscheid auch schon das OVG in seinem Urteil vom 07.12.2021. Das BVerwG hat diese Entscheidung bestätigt. In einem Gutachten müsstest Du dennoch (hilfsgutachterlich) auf die Begründetheit der Klage eingehen. Hier wäre insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu problematisieren. Hierzu hättest Du genauere Sachverhaltsangaben, die uns in diesem Fall nicht vorliegen.