+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M und F führen eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Sie leben in einem gemeinsamen Haus, das in Miteigentum steht. M und F haben zur Finanzierung gesamtschuldnerisch ein Darlehen (200.000 €) aufgenommen. Später zieht F aus. M bewohnt das Haus noch eine Weile und zahlt 20.000 € mehr auf die Verbindlichkeiten als F. Nach Veräußerung des Hauses verlangt M Ausgleich.
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Einordnung des Falls
Gesamtschuldnerausgleich bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Grundlage des Anspruches des M ist § 426 Abs. 1 S. 1 BGB.
Ja!
Eine gesamtschuldnerische Haftung entsteht nach § 427 BGB, wenn sich mehrere durch Vertrag gemeinsam zu einer teilbaren Leistung verpflichten. Folge: Gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB haften Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Teilen, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung kann sich aus einer Vereinbarung, Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder aus Gesetz ergeben.
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2. Ein inhaltsgleicher Anspruch ergibt sich aus §§ 748, 755 BGB.
Genau, so ist das!
Merke: Die dinglichen Vorschriften über das Miteigentum (§ 1008 ff. BGB) werden flankiert durch die Vorschriften der Gemeinschaft (§ 741 ff. BGB). Diese Vorschriften regeln die schuldrechtlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander. Daraus können sich unabhängig von der gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis ergeben. BGH: Es entspreche im Zweifel dem Willen der Bruchteilseigentümer, dass derjenige Teilhaber einen entsprechenden Erstattungsanspruch habe, der im Einverständnis mit den übrigen Teilhabern Aufwendungen zugunsten der Gemeinschaft mache (BGH RdNr. 17).
3. F und M haben grundsätzlich die Verbindlichkeiten im Innenverhältnis hälftig zu tragen.
Ja, in der Tat!
Dies entspricht der Regelung in § 426 Abs. 1 S. 1 BGB. Zwar kann dies entsprechend den tatsächlichen Gegebenheiten während der bestehenden Beziehung abbedungen sein. Dies ist der Fall, wenn jeder Partner persönliche und wirtschaftliche Leistungen erbringt, die nicht gegeneinander aufgerechnet werden, weil sie vielmehr darauf gerichtet sind, das Zusammenleben erst zu ermöglichen. BGH: Mit dem Scheitern der Beziehung falle ein Grund für eine einseitige Lastentragung in der Regel weg. Es bestehe kein Grund mehr, dem anderen eine Vermögensmehrung zukommen zu lassen. Dann sei zu fragen, ob die hälftige Ausgleichsregel oder eine andere, den Rechtsbeziehungen in der Partnerschaft entsprechende Ausgestaltung anzuwenden sei (BGH RdNr. 21).
4. Eine besondere Ausgestaltung der Lastentragung ergibt sich für Ehepartner, wenn ein Ehepartner nach dem Auszug weiterhin im Haus wohnt und die Lasten trägt, ohne einen Ausgleich zu verlangen.
Ja!
BGH: Diese Folge ist für die Ehe anerkannt. Zwar sei der Verzicht (des Ausgezogenen) auf die Befugnis zum Mitgebrauch aus § 743 Abs. 2 BGB kein Grund, der für sich eine abweichende Lastenverteilung rechtfertige. Auch eine Nutzungsentschädigung stehe dem Weichenden erst ab dem Zeitpunkt des § 745 Abs. 2 BGB (Verlangen der Neuregelung von Verwaltung und Benutzung) zu. Die Besonderheiten der Ehe seien aber zu berücksichtigen. Der Weichende könne sich durch freiwilligen Nichtgebrauch der Lastentragung nicht entziehen. Andererseits sei es ihm nicht zuzumuten, mit dem Ehepartner unter einem Dach zu leben. Folglich sei ein auf die Trennungszeit bezogener Ausgleichsanspruch des nutzenden Ehegatten unbillig, weil Weichende stets nur für die Zukunft Neuregelung verlangen können (BGH, RdNr. 24).
5. Die besondere Ausgestaltung greift nur, wenn der weichende Ehegatte seinerseits die Aufrechnung erklärt.
Nein, das ist nicht der Fall!
BGH: Der Ausgleichsanspruch des die Lasten tragenden Ehegatten sei von vornherein nach § 242 BGB beschränkt. Einer Aufrechnungserklärung des Weichenden bedürfe es nicht. Die Ausgleichshöhe sei nach dem Verhältnis von Nutzungswert einerseits und Lasten und Kosten andererseits zu berechnen (BGH, RdNr. 25).
6. Die für Ehegatten entwickelte Rechtsprechung ist auf nichteheliche Lebensgemeinschaften zu übertragen.
Ja, in der Tat!
BGH: Ausgangspunkt der Argumentation sei die gegenüber dem Normalfall der Bruchteilsgemeinschaft abweichende besondere Situation zweier Partner einer Lebensgemeinschaft, die hälftige Miteigentümer des vormals gemeinsam bewohnten Hausanwesens sind und denen infolge der Trennung die gemeinschaftliche Nutzung nicht mehr zuzumuten ist. Diese Erwägungen seien in gleichem Maße auf Ehegatten und nichteheliche Lebensgemeinschaften anwendbar. Die sich aus Treu und Glauben ergebende Unzumutbarkeit der Weiternutzung des Miteigentums des Weichenden sei die Besonderheit dieser Bruchteilsgemeinschaften (BGH, RdNr. 27).
7. M kann von F hälftigen Ausgleich der 20.000 € fordern, die er in der Zeit geleistet hat, in der er vor Veräußerung im Haus wohnte.
Nein!
BGH: Sofern der Nutzungswert die Kosten und Lasten übersteige, sei für einen Ausgleichsanspruch kein Raum. Etwas anderes gelte nur für die Zeit vor Veräußerung, in der M selbst das Haus nicht mehr bewohnt habe. Für diesen Zeitraum gebe es keinen Grund für die Beschränkung des Ausgleichsanspruchs auf den Nutzungswert (BGH RdNr. 32,33).