Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2017
Reparatur eines PKW – Besitzverhältnisse
Reparatur eines PKW – Besitzverhältnisse
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A ist Eigentümer eines PKW. Er überlässt B den Wagen zur Nutzung. B beauftragt den U mit dem Austausch des Motors. Nach dem erfolgten Austausch führen B und U eine Probefahrt durch. B fährt. Nach einer Auseinandersetzung während der Fahrt zieht U gegen den Willen des B den Schlüssel und fährt zurück auf sein Betriebsgelände. U hat noch keinen Werklohn erhalten.
Diesen Fall lösen 63,2 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Reparatur eines PKW – Besitzverhältnisse
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat einen Anspruch gegen U auf Herausgabe des PKW mit dem Austauschmotor aus § 985 BGB.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ein Herausgabeanspruch aus § 861 BGB scheidet bereits deshalb aus, weil A nicht unmittelbarer Besitzer des PKW war.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Der Besteller, der nach erfolgter Reparatur eine Probefahrt vornimmt, ist Besitzdiener des Werkunternehmers und deshalb kein unmittelbarer Besitzer.
Nein!
4. Der Werkunternehmer, der selbst an einer Probefahrt nach einer Reparatur teilnimmt, bleibt unmittelbarer Besitzer.
Genau, so ist das!
5. A hat einen Anspruch gegen U auf Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltung des PKW aus §§ 990 Abs. 2, 280 Abs. 1,2, 286 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
6. A hat einen Anspruch gegen U aus §§ 992, 823 Abs. 1 BGB.
Nein!
7. Hat A einen Herausgabeanspruch gegen U aus §§ 869 S.1, 861 Abs. 1 BGB.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Beinhart
27.9.2021, 18:00:08
Liegt vielleicht auch an mir, aber ich verstehe den Sachverhalt überhaupt nicht. Fehlt da vielleicht ein wort oder so?
Lukas_Mengestu
4.10.2021, 15:03:59
Hallo Beinhart, 3-Personenkonstellationen werden leider schnell etwas kompliziert. Wir haben den Fall jetzt noch einmal etwas umformuliert, damit er verständlicher wird. Verkürzt geht es darum, dass der Eigentümer A gegenüber dem Unternehmer U sein PKW wiederhaben will, den ein Dritter, nämlich B, dem Unternehmer zur Reparatur gegeben hat. Wird es so etwas verständlicher? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Beinhart
6.10.2021, 12:58:37
Ja viel besser, danke!
L
8.12.2021, 15:10:03
Ich glaube, dass hier im SV bzw. den Fragen aber weiterhin Fehler vorliegen. Denn im SV steht, dass A Eigentümer ist. Dann wird jedoch der § 985 des A abgelehnt, da er nicht Eigentümer ist... vermutlich sollte der § 985 des B geprüft werden...
Blackpanther
18.3.2022, 19:20:26
Ich weiß nicht, ob die Frage nochmal umformuliert wurde, aber inzwischen wird gefragt, ob A den Anspruch auf Herausgabe aus § 985 für Auto inklusive neuem Motor hat. Der Motor wurde allerdings noch nicht übereignet, weshalb die Antwort "stimmt nicht" ist.
lisi99
1.5.2022, 15:44:57
Ich konnte mit dem SV auch nichts anfangen. Die Fragen haben aber etwas Klarheit geschafft.
Lukas_Mengestu
9.5.2022, 17:04:50
Hallo lisi99, wir sind laufend bemüht unsere Fälle noch zu verbessern und klarer zu gestalten. Könntest Du uns dabei helfen und vielleicht angeben, an welcher Stelle Du Dir noch eine Klarstellung gewünscht hättest? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
lisi99
9.5.2022, 17:28:52
Hallo, ich habe das mit dem Schlüssel ziehen gegen den Willen nicht verstanden. Irgendwie habe ich auch beim nochmaligen lesen den SV so nicht ganz klar verstanden, wie er den Schlüssel zieht etc. Das Szenario kam mir etwas durcheinander vor, so dass ich Anfang nicht genau wusste, worauf denn der SV hinaus will. LG
Anja
7.5.2022, 08:47:21
Scheitern Ansprüche des A aus EBV nicht schon an einer fehlenden
Vindikationslage? Zumindest nach Ansicht des BGH müsste U aufgrund seines
Zurückbehaltungsrechts/Pfandrechts ja (auch ggü. A, da B
mittelbarer Besitzer, § 986 I 1 Alt. 2) zum Besitz berechtigt sein.
Lukas_Mengestu
9.5.2022, 17:50:27
Hallo Anja, sehr guter Hinweis. In diesem (leicht vereinfachten) Sachverhalt hat U unstreitig noch keinen Lohn erhalten, weswegen ihm ein
Zurückbehaltungsrechtzustand (
§ 320 BGB). Geht man mit der Rechtsprechung davon aus, dass
Zurückbehaltungsrechte ein "Recht zum Besitz" iSd § 986 BGB darstellen, dann fehlt es bereits an der
Vindikationslage. Im Originalfall war alleridngs unklar geblieben, ob diese Lohnansprüche (und damit korrespondierend das
Zurückbehaltungsrecht) tatsächlich bestanden. Insoweit hat es der BGH nicht bereits daran scheitern lassen. Vielmehr hat er ausgeführt, dass jedenfalls zum Zeitpunkt der Besitzbegründung ein
Besitzrechtbestand (Werkvertrag) und später der Nachweis fehlte, dass U
positive Kenntnisvom Wegfall eines
Besitzrechtes hatte. Denn er ging ja zumindest noch von einem
Zurückbehaltungsrechthinsichtlich der ausstehenden Lohnansprüche aus. Da A insoweit nicht der Nachweis gelang, dass die
positive Kenntnisvom fehlenden
Besitzrechteingetreten ist, wurde auch der Nutzungsentschädigungsanspruch abgewiesen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Cathartic
18.5.2022, 16:12:11
Ich habe die Entscheidung neulich im Original gelesen. Wurde vergessen hier dem Umstand, dass der Unternehmer Besitzer bleibt, mit dem Anspruch aus 861 verknüpfen??
Lukas_Mengestu
19.5.2022, 11:15:44
Hallo Cathartic, vielen Dank für den Hinweis. Die Fallprüfung war so gedacht, dass zunächst danach gefragt wird, ob §
861 BGBbereits scheitert, weil A
mittelbarer Besitzer ist. Dies ist wegen § 869 BGB nicht der Fall. Allerdings liegen die Voraussetzungen des §
861 BGBnicht vor, da gegen den unmittelbaren Besitzer hier keine
verbotene Eigenmachtausgeübt wurde. Denn U selbst war ja un
mittelbarer Besitzer. Wir haben diesen Konnex aber nun noch etwas deutlicher gemacht. Danke Dir! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Jurista
16.9.2023, 19:24:58
Der Maßstab bei der Frage zum
Besitzdienerist nicht korrekt. Ihr schreibt Möglichkeit des Besitzherrn sich gegen den Besitzherrn durchzusetzen.