Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Widerklage

Baumbach'sche Kostenformel: Beklagter 1 macht Widerklage geltend, Beklagter 2 gewinnt

Baumbach'sche Kostenformel: Beklagter 1 macht Widerklage geltend, Beklagter 2 gewinnt

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Eigentümer Kurt (K) verklagt Architekt Benno (B1) und Bauunternehmer Bert (B2) auf Zahlung von €8000 als Gesamtschuldner. Widerklagend macht B1 eine Forderung von €4000 geltend. Kurt obsiegt gegen B1, gegen B2 wird die Klage abgewiesen. Bennos Widerklage ist iHv €2000 begründet.

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Einordnung des Falls

Baumbach'sche Kostenformel: Beklagter 1 macht Widerklage geltend, Beklagter 2 gewinnt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Gebührenstreitwert beträgt €20.000 (§ 45 Abs. 1 S. 1 GKG).

Nein, das trifft nicht zu!

Bei einer Gesamtschuld ist zwar jeder Gesamtschuldner zur ganzen Leistung verpflichtet, jedoch kann der Gläubiger die Leistung nur einmal fordern (§ 421 BGB). Daher werden beim Gebührenstreitwert nicht die einzelnen Ansprüche gegen die jeweiligen Gesamtschuldner addiert (=wirtschaftliche Identität). Vielmehr bildet die Höhe der Gesamtschuld selbst den Streitwert. Wird zugleich eine Widerklage von einem der Gesamtschuldner erhoben, so ist allerdings deren Wert nach § 45 Abs. 1 S. 1 GKG zu addieren. Die Gesamtschuld beträgt €8.000, der Widerklagestreitwert €4.000.
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2. Um zur richtigen Kostenquote zu gelangen, ist vorliegend die Baumbach’sche Kostenformel anzuwenden.

Ja!

Die Baumbach’sche Kostenformel ist immer dann anzuwenden, wenn mehrere Gesamtschuldner in unterschiedlicher Höhe Obsiegen/Unterliegen. Vorliegend wurden B1 und B2 als Gesamtschuldner verklagt. Verurteilt wurde jedoch nur B1.

3. Der für die Kostenquote der Gerichtskosten maßgebliche fiktive Gesamtstreitwert beträgt €20.000.

Genau, so ist das!

Um zur richtigen Gerichtskostenquote zu gelangen, muss ein fiktiver Gesamtstreitwert gebildet werden. Für diesen sind die einzelnen Ansprüche gegen jeden Gesamtschuldner zu addieren. Ansprüche außerhalb der Gesamtschuld werden dagegen wie üblich berücksichtigt. K macht sowohl gegen B1, als auch gegen B2 einen Anspruch in Höhe von €8.000 als Gesamtschuld geltend. Darüber hinaus macht B1 widerklagend €4.000 geltend. Daraus ergibt sich ein fiktiver Gesamtstreitwert von €20.000 (€8.000 + €8.000 + € 4.000).

4. B2 muss 1/3 der Gerichtskosten tragen.

Nein, das trifft nicht zu!

Unterliegen bei einem Rechtsstreit Gesamtschuldner in unterschiedlicher Höhe, ist die Kostenquote nach der Baumbach'schen Formel zu ermitteln. Im Hinblick auf die Ermittlung der Gerichtskosten ist (1) der fiktive Streitwert zu ermitteln, (2)zu untersuchen, in welcher Höhe die einzelnen Parteien in den einzelnen Prozessrechtsverhältnissen unterliegen und diese zu addieren und (3) die Unterliegensanteile ins Verhältnis zum (fiktiven) Gesamtstreitwert zu setzen. Die Klage gegen B2 wurde abgewiesen. An der Widerklage des B1 gegen K ist B2 nicht beteiligt. Daher unterliegt B2 nicht und muss keinerlei Kosten tragen.

5. K und B1 müssen die Gerichtskosten je zur Hälfte tragen.

Ja!

Unterliegen bei einem Rechtsstreit Gesamtschuldner in unterschiedlicher Höhe, ist die Kostenquote nach der Baumbach'schen Formel zu ermitteln. Im Hinblick auf die Ermittlung der Gerichtskosten ist (1) der fiktive Streitwert zu ermitteln, (2)zu untersuchen, in welcher Höhe die einzelnen Parteien in den einzelnen Prozessrechtsverhältnissen unterliegen und diese zu addieren und (3) die Unterliegensanteile ins Verhältnis zum (fiktiven) Gesamtstreitwert zu setzen.K unterliegt bei der Klage gegen B2 mit €8.000, bei der Widerklage der B1 mit €2.000. Insgesamt unterliegt er mit €10.000, der Hälfte des fiktiven Gesamtstreitwerts (€20.000). B1 unterliegt mit €8.000 bei der Klage und mit €2.000 bei der Widerklage, insgesamt also auch in Höhe von €10.000, der Hälfte des fiktiven Gesamtstreitwerts.

6. Die außergerichtlichen Kosten des K muss B1 zur Hälfte tragen.

Genau, so ist das!

Die Verteilung der außergerichtlichen Kosten erfolgt in einem Dreischritt: (1) Referenzgröße bestimmen, (2) Ausgang der Streitigkeiten ermitteln, (3) Gewinnanteil gegenüber einzelnen Gegnern in Bezug zu Referenzgröße setzen. K war an allen Angriffen beteiligt, sodass der Referenzwert €20.000 beträgt. Seine Klage hatte nur gegen B1 Erfolg (= €8.000). Die Widerklage des B1 wurde in Höhe von €2.000 abgewiesen. Somit hat K in Höhe von € 10.000 bzw. 50% des Referenzwerts gegen B1 gewonnen. B1 muss daher 50% seiner außergerichtlichen Kosten tragen. Da K gegen B2 verloren hat, muss B2 keine außergerichtlichen Kosten des K tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte zu 1) zur Hälfte.

7. Die außergerichtlichen Kosten des B1 muss dieser vollends selbst tragen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Verteilung der außergerichtlichen Kosten erfolgt in einem Dreischritt: (1) Referenzgröße bestimmen, (2) Ausgang der Streitigkeiten ermitteln, (3) Gewinnanteil gegenüber einzelnen Gegnern in Bezug zu Referenzgröße setzen. B1 war an der gegen ihn gerichteten Klage (€ 8.000) und an seiner gegen den Kläger gerichteten Widerklage (€ 4.000) beteiligt. Der Referenzwert beträgt daher €12.000. Er hat nur die Widerklage in Höhe von €2.000 gegen K gewonnen. Dies entspricht 1/6 des Referenzwerts. Damit muss K 1/6 der außergerichtlichen Kosten des B1 tragen. 1/6 der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) werden dem Kläger auferlegt.

8. Die außergerichtlichen Kosten des B2 muss K vollends tragen.

Ja!

Die Verteilung der außergerichtlichen Kosten erfolgt in einem Dreischritt: (1) Referenzgröße bestimmen, (2) Ausgang der Streitigkeiten ermitteln, (3) Gewinnanteil gegenüber einzelnen Gegnern in Bezug zu Referenzgröße setzen. B2 war nur an der gegen ihn gerichteten Klage (€ 8.000) beteiligt. Diese wurde jedoch vollends abgewiesen, sodass K die außergerichtlichen Kosten des B2 voll tragen muss. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) werden dem Kläger auferlegt.

9. Der Kostentenor lautet: „Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger und der Beklagte zu 1) je zur Hälfte. 1/6 der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) werden dem Kläger auferlegt. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Genau, so ist das!

Vergewissere Dich am Ende noch einmal, dass (1) 100% der Gerichtskosten verteilt sind und (2) Du Dir Gedanken hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten von allen Beteiligten gemacht hast. Solltest Du Dir unsicher sein, so kannst Du dies im Tenor auch noch stärker trennen:„Die Gerichtskosten tragen der Kläger und der Beklagte zu 1) je zur Hälfte. Die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers werden dem Beklagten zu 1) auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) sowie 1/6 der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) werden dem Kläger auferlegt. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.”
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PAT

Patrick4219

1.3.2024, 11:59:05

Hallo lirbes JF-Team, ich glaube in der Aufgsbe ist ein Fehler enthalten. Zur Frage bzgl. der Gerichtskosten lautet die richtige Antwort, dass K und Benno diese zu je 1/2 zu tragen haben. In der Lösung wird das Ergebnis damot begründet, dass die Widerklage abgewiesen worden sei. Im SV steht jedoch, dass diese Erfolg hatte.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

1.3.2024, 12:59:11

Hallo Patrick4219, danke für deine Nachfrage. Laut Sachverhalt hat die Widerklage, mit der B1 4000 € geltend macht, in Höhe von 2000 € Erfolg. B1 unterliegt widerklagend also in Höhe von 2000 €. So ist es auch in der Lösung verarbeitet. Ich hoffe, dass ich deine Frage damit beantworten konnte. Liebe Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

PAT

Patrick4219

1.3.2024, 14:33:09

Vielen Dank, man sollte auch auf die Zahlungen schauen und nicht nur auf die Worte 🤦😅


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