Öffentliches Recht

VwGO

Anfechtungsklage

Verwaltungsakt § 35 S. 1 VwVfG: Abgrenzung: Regelung - reiner Hinweis

Verwaltungsakt § 35 S. 1 VwVfG: Abgrenzung: Regelung - reiner Hinweis

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B betreibt eine Bäckerei. Dort hat er Tische aufgestellt, an denen Kunden ihre Waren und Getränke verzehren können. Die zuständige Behörde erklärt B schriftlich, dass Gaststätten nach § 2 Abs. 1 GastG eine Genehmigung benötigen.

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Einordnung des Falls

Verwaltungsakt § 35 S. 1 VwVfG: Abgrenzung: Regelung - reiner Hinweis

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn die schriftliche Erklärung der Behörde ein Verwaltungsakt ist, der sich noch nicht erledigt hat.

Ja, in der Tat!

Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist statthaft, soweit es sich um einen den Kläger Verwaltungsakt handelt (§ 35 S. 1 VwVfG), der sich noch nicht erledigt hat. Ein Verwaltungsakt ist (1) eine hoheitliche Maßnahme (2) einer Behörde (3) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (4) zur Regelung (5) eines Einzelfalls (6) mit Außenwirkung. Hat sich der Verwaltungsakt erledigt, ist die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) statthaft.
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2. Die schriftliche Erklärung der Behörde hat Regelungscharakter.

Nein!

Eine hoheitliche Maßnahme hat Regelungscharakter, wenn sie darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge unmittelbar herbeizuführen. Wann dies der Fall ist, bemisst sich am objektiven Empfängerhorizont und ist durch Auslegung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB analog). Dabei ist auch die Form des behördlichen Handelns - etwa die Überschrift „Bescheid“ oder eine Rechtsbehelfsbelehrung – bedeutsam. Gemessen hieran dürfte die schriftliche Erklärung bei objektiver Würdigung keine Regelung, sondern lediglich einen bloßen Hinweis und damit einen Realakt darstellen. Mangels Verwaltungsakts ist die Anfechtungsklage nicht statthaft.

3. Eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts liegt vor.

Genau, so ist das!

Eine Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 4 VwVfG). Laut Sachverhalt hat eine Behörde gehandelt. Eine hoheitliche Maßnahme ist jedes einseitig diktierende Handeln. Keine hoheitliche Maßnahme liegt vor bei privatrechtlichem Handeln der Behörde und bei Verwaltungsverträgen. Auch die schriftliche Erklärung der Behörde ist nach dieser Definition als hoheitliche Maßnahme anzusehen. Jede hoheitliche Maßnahme ergeht dabei auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts; dieses Merkmal ist somit im Merkmal der hoheitlichen Maßnahme enthalten. Die Maßnahme bezieht sich auch auf einen Einzelfall.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IUS

iustus

19.10.2019, 21:53:26

Ist es nicht auch so, dass die Mitteilung, dass eine Ausnahme zur Genehmigung nicht vorliege auch ein VA ist, da ja diese Aussage auch Ergebnis einer Subsumtion ist, bei der eine Einzelfallprüfung durchgeführt wurde, dass gerade kein Fall der Genehmigungsfreiheit vorliegt?

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

15.11.2019, 22:13:42

Hallo iustus! Danke für deinen Kommentar! Bei Fällen staatlicher Informationen muss man immer aufpassen, hier bewegt man sich oft im Grenzbereich. Deshalb ist deine Frage natürlich berechtigt! Maßgeblich ist für die Subsumtion im Fall, ob die Information eine Regelung beinhaltet. Das ist eine Maßnahme, die auf das Setzen einer verbindlichen Rechtsfolge gerichtet ist, also auf die Begründung, Änderung oder Feststellung von Rechten und Pflichten. Davon dürfte vorliegend nicht auszugehen sein. Zum einen dürfte es an der Verbindlichkeit fehlen. Auch ist nach dem Sachverhalt nicht erkennbar, dass die

Behörde

an ihre Information eine Rechtsfolge knüpft; insbesondere erlässt sie auf dieser Grundlage keine weiteren Maßnahmen. Daher ist hier eine Regelung und damit ein VA nicht gegeben.

Ms-Si

Ms-Si

6.6.2024, 18:20:46

Es fehlt ausserdem ja auch am Rechtsmittelbehelf?

RoyalAndLoyal

RoyalAndLoyal

20.8.2024, 16:13:04

Das Fehlen des Rechtsbehelfs kann höchstens ein Indiz für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines VA sein, keinesfalls jedoch ein belastbarer Beweis. Auch ein VA ohne Rechtsbehelfsbelehrung ist grds. wirksam, jedoch erhöht sich die Frist zur Einlegung eines Rechtsbehelfs auf 1 Jahr statt i.d.R. 1 Monat. LG

CAR

Carl

19.12.2020, 11:54:09

Handelt es sich hier nicht um einen FeststellungsVA? Sofern B nachfolgend keine Genehmigung einholt, wird ja wohl ein

Kostenbescheid

erlassen, für den dieser VA hier dann der GrundVA wäre

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.12.2021, 11:16:57

Hallo Carl, die Abgrenzung zwischen rein informatorischer Handlung und feststellendem Verwaltungsakt ist im Einzelfall nicht immer leicht. Hier dürfte es indes an der Regelungswirkung der Feststellung fehlen (s. paralleler Thread), weshalb es im Ergebnis ein rein informatorisches Handeln darstellt. Sollte sich die

Behörde

übrigens doch zu einem Handeln entschließen, so kommt hierfür vor allem eine Untersagungsverfügung (§ 15 Abs. 2 S. 1 GewO) in Betracht, die keines vorangegangenen VA bedarf. Zudem stellt das unerlaubte Betreiben einer Gaststätte eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 GaststG). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

KI

kithorx

23.11.2022, 01:23:24

Mich verwundert die Angabe, zur

Statthaftigkeit

einer Anfechtungsklage brauche es einen belastenden (!) VA. Woher soll man diese Anforderung nehmen? Wäre eine fehlende Belastung nicht i.R.d.

Klagebefugnis

, spätestens beim Rechtsschutzbedürfnis zu thematisieren?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

29.11.2022, 16:01:37

Hallo kithorx, danke für deine Frage. Du hast absolut recht. Für die

Statthaftigkeit

spielt es keine Rolle, erst im Rahmen der

Klagebefugnis

wird es relevant. Da ist ein Wort zuviel in die Erklärung gerutscht, das haben wir angepasst. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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