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Gesellschaftsrecht

Kommanditgesellschaft

Wirksamwerden im Innen- und Außenverhältnis

Wirksamwerden im Innen- und Außenverhältnis

13. Februar 2025

7 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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inkl. MoPeG

U und F möchten eine Copyshop-KG gründen, obwohl ihr Betrieb noch keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Vor der Eintragung ins Handelsregister kauft U im Namen der KG bei V einen Kopierer. Die KG bezahlt V nicht. V möchte deshalb Kommanditistin F direkt in Anspruch nehmen.

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Einordnung des Falls

Wirksamwerden im Innen- und Außenverhältnis

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da U und F kein Handelsgewerbe betreiben, können sie keine KG gründen.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Betreiben eines Handelsgewerbes iSd § 1 Abs. 2 HGB ist keine zwingende Eigenschaft einer KG. Liegt ein solches nicht vor, handelt es sich um eine Kann-KG.
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2. Die KG ist bereits mit Geschäftsbeginn wirksam entstanden.

Nein!

Die Ist-KG entsteht gemäß §§ 161 Abs. 2, 123 Abs. 1 S. 2 HGB bereits mit Geschäftsbeginn. Die Kann-KG hingegen entsteht im Außenverhältnis gemäß §§ 161 Abs. 1 und 2, 107 Abs. 1 HGB erst mit Eintragung in das Handelsregister. Da U und F kein Handelsgewerbe iSd § 1 Abs. 2 HGB betreiben, handelt es sich um eine Kann-KG. Diese entstand erst mit Eintragung in das Handelsregister. MoPeG-Änderung (1.1.2024): § 123 Abs. 2 HGB a.F. = § 123 Abs. 1 S. 2 HGB n.F.; § 105 Abs. 2 HGB a.F. = § 107 Abs. 1 HGB n.F. (mit Eintragungsmöglichkeit für freie Berufe in Satz 2)

3. Für die gegenüber V bestehende Verbindlichkeit haftet F daher persönlich und unbeschränkt.

Genau, so ist das!

Vor Eintragung der KG in das Handelsregister liegt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor. In dieser haften nach § 721 S. 1 BGB alle Gesellschafter persönlich und unbeschränkt. Als Gesellschafterin der bereits entstandenen GbR haftet F deshalb im Außenverhältnis unbeschränkt und kann von V direkt in Anspruch genommen werden. Durch das MoPeG (ab 1.1.2024) wurden die Haftungsregelungen der GbR-Gesellschafter explizit normiert. Zuvor wurden die OHG-Vorschriften (§§ 128 ff. HGB a.F.) analog angewandt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

/Q

/qwas

19.12.2023, 15:53:27

Wenn die Konstruktion über eine GbR und § 1

28 HGB

analog läuft, wozu gibt es dann die Regelung des §

176 HGB

?

HAN

hannabuma

20.12.2023, 00:55:06

Ich glaube die Regelung des §

176 HGB

ist nur auf die Ist-KG anwendbar. Hier im Fall haben wir ja lediglich eine Kann-KG, die vor der Eintragung ins Handelsregister eine GbR ist und erst mit der Eintragung zur KG wird. Damit wären hier die KG Vorschriften noch nicht anwendbar.

Dogu

Dogu

28.6.2024, 15:25:42

Wortlaut 176 I: Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist -> Kann-KG gerade kein Handelsgewerbe.

Dua

Dua

1.9.2024, 16:04:41

Wenn vor der Eintragung der Kann-KG GbR-Recht anzuwenden ist, wie konnte U dann alleine wirksam zu Lasten der V vertreten? Bei der GbR besteht doch Gesamtvertretung. Dass man eine Einzelvertretung durch U evtl. als

konkludent

vereinbart betrachtet, weil später eine KG gegründet werden soll, würde ich mit den damit einhergehenden rechtlichen Nachteilen für V eher verneinen.

Dua

Dua

1.9.2024, 16:05:42

Ich meinte F, nicht V Q_Q

LENA1

Lena123

7.12.2024, 16:45:34

Ich dachte bislang immer, dass es auf den Gesellschaftszweck ankommt. Beide wollen eine KG gründen. Im Außenverhältnis besteht eine solche nach §§ 161 II, 123 HGB doch mit der Zustimmung aller Gesellschafter oder nicht?

LENA1

Lena123

17.12.2024, 11:52:06

Vor Handelsregistereintragung entsteht die oHG, wenn sie mit Zustimmung aller Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt ($ 123 Abs. 1 S. 2 HGB), mindestens muss der Betrieb eines Handelsgeschäfts angestrebt werden. Konstitutiv ist die Handelsregistereintragung auch für den Fall, in dem der Geschäftsbetrieb nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist oder die Gesellschaft nur eigenes Vermögen verwaltet, §§ 107 Abs. 1 S. 1, 123 Abs.

1 HGB

Zum Zeitpunkt muss noch kein dem § 1 II HGB entsprechender Umfang vorliegen, sondern allein der Wille ein solches Handelsgewerbe betrieben zu wollen genügt. Diese Quellen beziehen sich auf die oHG. Eine Ist-KG liegt somit vor, entweder wenn diese im Handelsregister eingetragen ist oder bereits ein Gewerbe nach § 1 II HGB vorliegt und diese am Verkehr teilnimmt. Wenn allein letzteres vorliegt ist §

176 HGB

anzuwenden. Wenn nicht, also keiner von beiden Fällen, liegt eine Kann- KG vor. Dann sind die Vorschriften der GbR anzuwenden, weil weder eine Eintragung ins HR vorliegt (Vorschriften der oHG Verweisnorm 176 ohg) Hab ich das jetzt so richtig verstanden? https://www.juracademy.de/handelsrecht-gesellschaftsrecht/rechte-pflichten-gesellschafter.html


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