Öffentliches Recht

VwGO

Verpflichtungsklage

Obersatz Fall 2: VK begründet

Obersatz Fall 2: VK begründet

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Gs Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben einer erlaubnisbedürftigen Gaststätte wird von der zuständigen Behörde B abgelehnt. B begründet das damit, dass G bereits eine andere Kneipe betreibt. G erhebt eine - zulässige - Verpflichtungsklage.

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Einordnung des Falls

Obersatz Fall 2: VK begründet

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Im Rahmen der Begründetheit muss zunächst eine einschlägige Anspruchsgrundlage vorliegen. Diese ist hier §§ 2 Abs. 1, 4 GastG.

Ja!

Es könnte ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts bestehen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Dafür bedarf es zunächst einer passenden Anspruchsgrundlage. G begehrt den Erlass einer Erlaubnis zum Betreiben einer Gaststätte. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis richtet sich nach §§ 2 Abs. 1, 4 GastG.
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2. G hat einen Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt. Die formellen Voraussetzungen sind damit erfüllt.

Genau, so ist das!

In formeller Hinsicht bedarf es eines formgerechten Antrags bei der zuständigen Behörde gerichtet darauf, dass diese die Gaststättenerlaubnis erteilt. Die zuständige Behörde ergibt sich aus § 30 GastG i.V.m. der jeweiligen Landesverordnung (GastVO des entsprechenden Landes). Es sind keine besonderen Formvorschriften zu beachten.

3. In materieller Hinsicht ist ein Versagungsgrund (§ 4 GastG) einschlägig. Gs Klage ist damit unbegründet.

Nein, das trifft nicht zu!

In materieller Hinsicht muss ein erlaubnispflichtiges Gaststättengewerbe i.S.v. §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GastG vorliegen. Aus der Zusammenschau der Normen ergibt sich, dass die Erlaubnis zu erteilen ist, wenn kein in § 4 GastG genannter Versagungsgrund vorliegt. G möchte eine erlaubnisbedürftige Gaststätte erteilen. Es ist nicht ersichtlich, dass ein Versagungsgrund des § 4 GastG einschlägig ist. Der Umstand, dass G schon eine Kneipe betreibt, ist in diesem Zusammenhang nicht von Relevanz. G hat gegen B einen Anspruch auf Erlass der Erlaubnis. Bei den Regelungen des GastG handelt es sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.

4. Die Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis ist eine Ermessensentscheidung. Es kann lediglich ein Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) ergehen.

Nein!

Liegen die Anspruchsvoraussetzungen vor, kommt es darauf an, welche Rechtsfolge an sie geknüpft ist. Das ist entscheidend dafür, ob ein Vornahmeurteil (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO) oder lediglich ein Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) ergehen kann. Ein Vornahmeurteil kann unproblematisch dann ergehen, wenn die behördliche Entscheidung gebunden ist, d.h. der begehrte Verwaltungsakt ergehen muss, wenn der Tatbestand der Anspruchsgrundlage erfüllt ist. Aus den §§ 2-4 GastG ergibt sich, dass die Erlaubnis grundsätzlich zu erteilen ist, sofern kein Versagungsgrund vorliegt. Die Sache ist damit spruchreif. Die Klage ist begründet (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RAP

Raphaeljura

11.7.2023, 23:21:09

Was bedeutet spruchreif? Das die Behörde den VA vornehmen muss?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

26.7.2023, 13:59:50

Hi Raphael, „Spruchreife“ bedeutet, dass das Gericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen und Überlegungen eine abschließende Entscheidung über das Klagebegehren, mithin den geltend gemachten Anspruch, treffen kann (BeckOK VwGO/Decker, 65. Ed. 1.4.2023, VwGO § 113 Rn. 73). Neben der vollständigen Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts gehört hierzu, dass dem Gericht die eigenständige Entscheidung rechtlich möglich ist. Daran fehlt es zB in Fällen, in denen der Behörde ein Ermessen zusteht. Das Gericht darf sich in diesem Falle nicht an die Stelle der Behörde setzen, sondern kann lediglich die Behörde zu einer

ermessensfehler

freien Entscheidung verpflichten. Anders ist dies bei einem gebundenen Verwaltungsakt, bei dem der Behörde kein Ermessen mehr zusteht. In diesem Fall kann das Gericht auf die Verpflichtungsklage hin selbst abschließend entscheiden. So ist es hier, sodass das Gericht direkt die begehrte Erlaubnis erteilen kann. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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