Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Erledigung

Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit

Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K erhebt -nach erfolgloser Mahnung- gegen B Klage auf Zahlung von €6.000. Noch bevor B die Klage zugestellt wird, zahlt B nunmehr doch den vollen Betrag an K.

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Einordnung des Falls

Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Klage ist rechtshängig.

Ja!

Rechtshängigkeit tritt mit Erhebung der Klage, also mit Zustellung der Klageschrift beim Beklagten ein (§§ 261 Abs.1, 253 Abs.1 ZPO). Die Klage wurde B zugestellt. Sie ist damit (spätestens) ab dem Zeitpunkt der Zustellung rechtshängig.
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2. Aufgrund der Zahlung durch B ist Erledigung eingetreten. Kommt in diesem Fall eine streitige, einseitige Erledigungserklärung in Betracht?

Nein, das ist nicht der Fall!

Wenn der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache einseitig für erledigt erklärt, begehrt er nunmehr Feststellung, dass die ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein nachträgliches, erledigendes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Dabei muss das erledigende Ereignis aber nach Rechtshängigkeit eingetreten sein. Es fehlt an einem nach Rechtshängigkeit eingetretenen erledigenden Ereignis, da die Zahlung durch B vor Klagezustellung und damit bereits vor Rechtshängigkeit erfolgte. Eine derartige Feststellungsklage müsste daher als unbegründet abgewiesen werden.

3. Statt einer einseitiger Erledigungserklärung kann K die Klage zurücknehmen, um eine Kostenentscheidung gegen B zu erlangen.

Ja, in der Tat!

In Fällen, in denen der Anlass zur Einreichung der Kläger bereits vor Rechtshängigkeit entfallen ist, besteht die Möglichkeit, durch Klagerücknahme gegen den Beklagten eine Kostenentscheidung zu erlangen (§ 269 Abs.3 S.3 ZPO). Wenn der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin vom Kläger zurückgenommen wird, bestimmt sich die Kostentragungspflicht (wie bei § 91a ZPO) unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen (§ 269 Abs.3 S.3 ZPO). Da die Klage ohne die nun erfolgte Zahlung des B Erfolg gehabt hätte und B durch seine Zahlungsverweigerung Anlass zur Klage gegeben hat, ergeht nach der Klagerücknahme ein Beschluss nach § 269 Abs.4 ZPO dahingehend, dass der Beklagte B die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Sofern die Klage aus objektiver Sicht allerdings zu keinem Zeitpunkt Aussicht auf Erfolg hatte, ist § 269 Abs.3 S.3 ZPO nicht anwendbar, weil es dann an einem Anlass zur Einreichung der Klage fehlt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

UN

unstoppable

21.3.2023, 20:28:18

Bei der ersten Frage ist die Antwort falsch. Die Klage ist NICHT rechtshängig, oder? LG

SE.

se.si.sc

22.3.2023, 09:14:46

Nein, die Antwort ist tatsächlich genau richtig. Von "erhobener Klage" spricht man dann, wenn der Kläger den Klageschriftsatz bei Gericht eingereicht hat (

Anhängigkeit

) UND dieser Schrifsatz auch von Amts wegen an die Gegenseite zugestellt wurde (

Rechtshängigkeit

). Die Formulierung "Erhebung der Klage"findet sich explizit auch in §§ 253 I, 261 I ZPO, aus denen sich das oben Gesagte ergibt. Zugegebenermaßen klingt § 253 I ZPO ein wenig so, als könnte es erst mal nur um das Einreichen der Klageschrift bei Gericht gehen. Nach wohl allgemeiner Auffassung steht der Ausdruck "Klage erheben" aber immer für das Einreichen + die anschließende Zustellung an die andere Partei (so zB Saenger, ZPO, § 253 Rn 1; MüKo-ZPO, § 253 Rn 8).

UN

unstoppable

22.3.2023, 16:13:04

Klasse, vielen Dank für die hilfreiche Antwort!

PPAA

Philipp Paasch

24.3.2023, 19:04:38

Der SV nebst Frage mögen insofern ungenau sein, als das die Klage letztlich doch zugestellt wurde. Auf diesen Zeitpunkt stellt die Frage dann ab. Bei Einreichubg und vor Zustellung ist die Klage anhängig.

Annabelle

Annabelle

28.5.2023, 09:36:04

Aber bei der ersten Frage steht doch ausdrücklich, dass die Klage dem B NICHT zugestellt wurde. Damit ist die Klage dann zwar anhängig, aber noch nicht rechtshängig und die Antwort wäre tatsächlich falsch. Oder vertue ich mich?

GEI

Geithombre

14.2.2024, 20:59:40

Annabelle, ich lag beim ersten Beantworten auch daneben, weil ich wie du gedacht habe. Der Fragetext lautet "K erhebt -nach erfolgloser Mahnung- gegen B Klage auf Zahlung von €6.000. Noch bevor B die Klage zugestellt wird, zahlt B nunmehr doch den vollen Betrag an K." Man könnte jetzt uns als Tipp durch die Formulierung "zugestellt wurde" darauf hinweisen, dass die Klage rechtshängig ist. Aber wie se.si.sc völlig überzeugend ausführt, ist das Gesetz hinsichtlich der Terminologie an der Stelle unmissverständlich: § 261 I ZPO: Durch die Erhebung der Klage wird die

Rechtshängigkeit

der Streitsache begründet. § 253 I ZPO: Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). Ich war über die Frage froh, da sie mich zur genauen Lektüre des Gesetzes gezwungen hat, wer weiß ob man dadurch nicht in der mündlichen Punkten kann. Erhoben heißt iSd ZPO nicht eingereicht (=anhängig), sondern zugestellt. Fun fact, im Verwaltungsprozess liegt die

Rechtshängigkeit

bereits ohne Zustellung an den Gegner vor: § 90 S. 1 VwGO: Durch Erhebung der Klage wird die Streitsache rechtshängig. § 81 I 1 VwGO: Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben.

Annabelle

Annabelle

27.4.2024, 10:11:01

Meiner Meinung nach ist die Antwort falsch bei der ersten Frage. Im Sachverhalt steht doch ausdrücklich, dass die Klage noch NICHT zugestellt wurde. Damit kann man auch noch nicht von

Rechtshängigkeit

sprechen.

GEI

Geithombre

27.4.2024, 12:08:51

Doch, schau gerne nochmal über die Erklärungen von sesisc oder auch mir. Das Gesetz sagt explizit, dass erhoben = rechtshängig. Der zweite Satz der ersten Frage ändert daran nichts, weil er erst für die Folgefragen relevant wird. Ob nun jemand vor oder nach Klageerhebung zahlt, hat nichts mit der Frage nach

Rechtshängigkeit

zu tun

Dominik

Dominik

8.5.2024, 13:55:51

Anschließend an @[Annabelle](130546) und @[la reina de los gatos](238333) im Parallelthread: Doch die Frage ist missverständlich. Dies liegt daran, dass auch der zweite Satz des Aufgabentextes im Präsens verfasst ist. Damit existieren zwei gegenwärtige Zeitpunkte auf die die Frage bezogen werden kann. Auch die Subsumption ist dahingehend nicht richtig, dass die Klage nicht „(spätestens)“ durch die Zustellung rechtshängig wird, sondern gerade durch diese. Insofern ganz so wie oben richtig ausgeführt.

GEI

Geithombre

8.5.2024, 17:10:18

Hinsichtlich des zweiten Teils hast du völlig Recht: Der einschränkende Klammerzusatz dürfte hier deplatziert sein. Bzgl der Fragestellung wäre für die klare Anzeige der Vorzeitigkeit wohl das Perfekt die grammatikalisch korrekte Wahl, ich finde allerdings den Lerneffekt gerade dieser etwas missverständlichen Frage genial. Zumindest ich hätte mich ansonsten nie mit der Frage beschäftigt, was "Erhebung der Klage" bedeutet - und das stumpf synonym für die Klageeinreichung verwendet.

FI

finnjh

18.5.2024, 15:15:10

Hi zusammen, bin auch gerade über die Frage gestolpert. Die Antwort von @[se.si.sc](199709) mag inhaltlich richtig sein. Zur Vermeidung von Missverständnissen würde ich es allerdings auch präferieren, zumindest die Formulierung in "zugestellt wurde" bzw. "zugestellt worden ist" zu ändern. Die aus meiner Sicht mit der Frage intendierte Wiederholung des Begriffes der

Rechtshängigkeit

würde m.E. darunter nicht leiden.

la reina de los gatos

la reina de los gatos

5.5.2024, 12:30:47

Ich muss mich den anderen anschließen - ich empfinde die erste Frage als unglücklich gestellt. Ich habe verstanden, dass da steht "K erhebt Klage" und dass "Erheben" i.S.d. §§ 253 I, 261 I ZPO

Rechtshängigkeit

und damit nach Zustellung meint. Dennoch in Kombination mit dem zweiten Satz (dass B noch vor Zustellung zahlt) sehr missverständlich. Es ist nicht klar, auf welchen Zeitpunkt die Frage nun abzielt - vor oder nach Zustellung?


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