Zweck-Mittel-Relation

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Ratsmitglieder O wollen in einer Sitzung über den Standort einer geplanten Flüchtlingsunterkunft diskutieren. Die Protestierenden T versuchen dies zu sabotieren, indem sie aggressiv gegen die Tür schlagen. Die Versammlung wird aufgrund der lärmbedingten Störung abgebrochen.

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Einordnung des Falls

Zweck-Mittel-Relation

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Nötigungshandlung der T ist als verwerflich einzustufen (§ 240 Abs. 2 StGB).

Ja, in der Tat!

Verwerflich ist eine Verhaltensweise, wenn die Gewaltanwendung oder die Drohung zu dem beabsichtigten Zweck in einem auffallenden Missverhältnis stehen. Dabei muss das Missverhältnis derart auffällig sein, dass die Verhaltensweise als sozialethisch missbilligenswert anzusehen ist, d.h. von einem verständigen Dritten als sozial unerträglich, als strafwürdiges Unrecht empfunden wird. Da die T die Gewalt ausüben, um die Ratssitzung zu sabotieren, liegt nach einer Zweck-Mittel-Relation Verwerflichkeit (§ 240 Abs. 2 StGB) vor. Es liegt nach wertender Gesamtschau insbesondere vor dem Hintergrund der Grundrechte der Ratsmitglieder (Art. 5 und Art. 8 GG) ein sozialethisch missbilligenswertes Verhalten seitens der T vor.
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2. Indem T gegen die Tür des Rathauses schlagen, üben sie Gewalt aus (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Der klassische Gewaltbegriff setzt voraus, dass der Täter (1) durch körperliche Kraftentfaltung (2) Zwang ausübt, indem er auf den Körper eines anderen einwirkt, (3) um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden. Die Gewalt muss sich bei der Nötigung nicht gegen eine Person richten. Denkbar ist auch eine Einwirkung auf Sachen. Durch das Schlagen gegen die Tür verüben die T körperlich wirkenden Zwang gegenüber den O, da durch dieses die Beendigung der Versammlung hervorgerufen wird.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TO

TomTom1

6.2.2023, 12:17:31

Grundrechte der Ratsmitglieder? Sie sind hier doch für ihr Organ, den Rat, tätig, handeln also im Rahmen ihrer organschaftlichen Befugnisse

Dogu

Dogu

2.6.2024, 12:43:36

Das ändert doch nichts daran, dass sie als Menschen Grundrechtsträger sind? Wenn ein Polizist im Dienst vorsätzlich verletzt wird, ist das doch auch eine tatbestandliche Körperverletzung, denn der Beamte hat ein Recht auf körperliche Unversehrtheit?


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