Kein Missverhältnis von Mittel und Zweck

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Vermieterin T stellt dem ständig mit der Mietzahlung rückständigen Mieter O im Juli nach wiederholt erfolgloser Aufforderung den Strom ab, um diesen endlich zur Zahlung zu bewegen. Zähneknirschend zahlt der O.

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Einordnung des Falls

Kein Missverhältnis von Mittel und Zweck

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat O zu einer Handlung genötigt (§ 240 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Die Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) ist ein Erfolgsdelikt. Der Täter muss ein Opferverhalten, das in einer Handlung, Duldung oder Unterlassung liegen kann, herbeigeführt haben (Nötigungserfolg). Die Handlung meint ein positives Tun. O wird aktiv und zahlt die rückständige Miete. Der tatbestandliche Erfolg der Nötigung ist folglich eingetreten.
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2. T hat gerade mit dem Abstellen des Stroms das Tun des O kausal und objektiv zurechenbar herbeigeführt (nötigungsspezifischer Zusammenhang).

Ja, in der Tat!

Zwischen dem Nötigungsmittel und dem Nötigungserfolg muss eine kausale Verknüpfung bestehen, d.h. das abgenötigte Verhalten muss unmittelbare und spezifische Folge des angewandten Zwangsmittels sein. Es finden die allgemeinen Regeln der objektiven Zurechnung Anwendung. Der Zusammenhang fehlt, wenn das Opfer auf eigenen Entschluss oder fremden Rat dem Verlangen des Täters nachgibt. O zahlt gerade, weil T den Strom abstellt.

3. Die Nötigungshandlung der T ist als verwerflich anzusehen (§ 240 Abs. 2 StGB).

Nein!

Verwerflich ist eine Verhaltensweise, wenn die Gewaltanwendung oder die Drohung zu dem beabsichtigten Zweck in einem auffallenden Missverhältnis stehen. Dabei muss das Missverhältnis derart auffällig sein, dass die Verhaltensweise als sozialethisch missbilligenswert anzusehen ist, d.h. von einem verständigen Dritten als sozial unerträglich, als strafwürdiges Unrecht empfunden wird. Hier ist der Zweck an sich nicht als verwerflich anzusehen, da es dem berechtigten Interesse der Vermieterin T entspricht, den Mietzins zu verlangen. Auch ist das Mittel nicht sozialethisch missbilligenswert, insbesondere ist der O nicht das erste Mal rückständig. Da der Mieter auch keine gesundheitlichen Folgen zu befürchten hat (im Sommer), ist die Zweck-Mittel-Relation zugunsten der T anzunehmen.
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