+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Griechisches Recht sieht vor, dass Reiseführer, die mit einer Reisegruppe aus dem Ausland einreisen, eine Erlaubnis und besondere Landeskenntnisse nachweisen müssen. Deutscher Reiseführer X veranstaltet von Berlin aus regelmäßig eigene Griechenlandreisen.
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Einordnung des Falls
Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV: Auslandsbedingte Dienstleistung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der sachliche Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ist vorliegend eröffnet.
Ja!
Der Begriff der Dienstleistung ist im AEUV nicht definiert, auch wenn Art. 57 AEUV einzelne Merkmale benennt. Die Dienstleistung lässt sich in Abgrenzung zu den anderen Grundfreiheiten als selbstständige, vorübergehende Leistungen definieren, die einen entgeltlichen Charakter haben muss. Das Merkmal der Selbstständigkeit wird in Art. 57 AEUV zwar nicht ausdrücklich angesprochen, ergibt sich aber aus den beispielhaft in Art. 57 Abs. 2 AEUV genannten Tätigkeiten und in Abgrenzung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das Merkmal „vorübergehend“ ergibt sich in Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit. Die Tätigkeit als Reiseführer/Fremdenführer ist eine Leistung mit entgeltliche Charakter, da sie üblicherweise vergütet ist und eine direkte Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistung gezahlt wird. Ferner ist die Leistung vorübergehender Natur, da keine Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt, sondern nur ein Aufenthalt von begrenzter Dauer erfolgt. Zwar ist die Tätigkeit als Reiseführer auch in Rahmen einer weisungsgebundener Tätigkeit denkbar. Vorliegend organisiert X jedoch "eigene" Reisen, weshalb von seiner Selbstständigkeit auszugehen ist.
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2. Der erforderliche grenzüberschreitende Bezug ist vorliegend in Form der passiven Dienstleistung gegeben.
Nein, das ist nicht der Fall!
Die passive Dienstleistungsfreiheit liegt vor, wenn sich der Dienstleistungsempfängers in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um dort eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Eine passive Dienstleistung wäre dann gegeben, wenn sich eine Reisegruppe allein nach Griechenland begeben würde, um dort die Leistungen eines in Griechenland ansässigen Reiseführers in Kauf zu nehmen. Vorliegend begibt sich die Reisegruppe allerdings gemeinsam mit dem Reiseführer X nach Griechenland, weshalb die passive Dienstleistungsfreiheit nicht betroffen ist.
3. Der Wortlaut von Art. 56 Abs. 1 AEUV setzt die verschiedenstaatliche Ansässigkeit von Dienstleistungserbringer und -empfänger voraus.
Ja, in der Tat!
Art. 56 Abs. 1 AEUV betrifft seinem Wortlaut nach ("für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind") nur den Fall, dass Dienstleistungserbringer und Dienstleistungsempfänger in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind.
Vorliegend ist keine verschiedenstaatliche Ansässigkeit von Dienstleistungserbringer und- empfänger gegeben, da sowohl X als Dienstleistungserbringer als auch die Reiseteilnehmer als Dienstleistungsempfänger, in Deutschland ansässig sind.
4. Der grenzüberschreitende Bezug ist nach der Rechtsprechung trotz Ansässigkeit im selben Mitgliedstaat gegeben, wenn die Leistung in einem Drittstaat erbracht wird.
Ja!
Ziel des Art. 56 AEUV ist es, "die Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit solcher Personen zu beseitigen, die nicht in dem Staat niedergelassen sind, in dem die Dienstleistung erbracht werden soll" [RdNr. 9]. Der grenzüberschreitende Bezug ist daher nur dann zu verneinen, wenn keines der Elemente der Dienstleistung über mitgliedstaatliche Grenzen hinausweist.
In dem Fall, dass sich Dienstleistungserbringer und -empfänger gemeinsam ins Ausland begeben, um dort die Dienstleistung zu erbringen, spricht man von der sog. auslandsbezogenen Dienstleistungsfreiheit. Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
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