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Entscheidungen von 2021

Polizeirechtliche Sicherstellung: Entscheidungserheblicher Zeitpunkt?

Polizeirechtliche Sicherstellung: Entscheidungserheblicher Zeitpunkt?

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Am 18.03. beobachtet eine Polizeistreife (P), wie K in Bonn mit seinem Auto Schlangenlinien fährt und von der Fahrbahn abkommt. P hält K an. K hat starre Pupillen und Vorstrafen im Betäubungsmittelbereich. P entdeckt € 4.265 Bargeld. K kann die Herkunft nicht erklären. P stellt das Geld sicher.

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Einordnung des Falls

Polizeirechtliche Sicherstellung: Entscheidungserheblicher Zeitpunkt?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 12 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K will gegen die Sicherstellung klagen. Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet.

Ja, in der Tat!

Der Verwaltungsrechtsweg ist nach der Generalklausel (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO) eröffnet, wenn es keine aufdrängende Sonderzuweisung gibt, die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher, nichtverfassungsrechtlicher Art ist und keine abdrängenden Sonderzuweisungen ersichtlich sind. Die Sicherstellung der P ist offensichtlich öffentlich-rechtlicher, nichtverfassungsrechtlicher Art. In Fällen, in denen die Polizei handelt, ist aber stets die abdrängende Sonderzuweisung des § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG zu prüfen. Hiernach sind repressiv-polizeiliche Maßnahmen den ordentlichen Gerichten zugewiesen. Bei der Sicherstellung handelte P aber nicht repressiv, sondern zur Gefahrenabwehr, also präventiv. § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG greift nicht. Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet. In einem solchen Fall kannst Du sowohl die Prüfung von § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO als auch die inzidente Prüfung des § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG sehr kurz fassen.
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2. K erhebt Klage zum VG. K begehrt erstens, dass die Sicherstellung des Geldes aufgehoben wird. Ist die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft?

Ja!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (vgl. § 88 VwGO). Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) ist statthaft, wenn das Klagebegehren gerichtet ist auf die Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts. Ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 (L)VwVfG) ist jede auf Rechtsfolgen nach außen gerichtete hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft. Dagegen ist ein Realakt schlicht-hoheitliches Handeln, das auf einen tatsächlichen Erfolg, nicht auf einen Rechtserfolg gerichtet ist. K begehrt die Aufhebung der Sicherstellung des Geldes. Die Sicherstellung ist gleichzeitig Realakt und Rechtsakt: Der Realakt, also das tatsächliche Verhalten der P, ist die Inbesitznahme des Geldes, die an sich keinen Rechtserfolg herbeiführt. Die Inbesitznahme ist aber verbunden mit dem Gebot, das Geld herauszugeben. Dieses Gebot entfaltet einen rechtlichen Erfolg. Die Sicherstellung ist Rechtsgrund für die Verwahrung der sichergestellten Sache. Folglich ist die Anfechtungsklage statthaft.

3. Mit der Klage zum VG begehrt K zweitens die Herausgabe der € 4.265 nebst Zinsen. Ist hierfür die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Verpflichtungsklage ist statthaft, wenn das Klagebegehren auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet ist. Dagegen ist die allgemeine Leistungsklage statthaft zur Vornahme eines Realakts oder Verhaltens, das nicht der Erlass oder die Aufhebung eines Verwaltungsakts ist. Die Herausgabe des sichergestellten Geldes und die Zahlung von Zinsen stellt keinen Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG) dar, sondern ein tatsächliches hoheitliches Verhalten. Folglich hat K kein Verpflichtungsbegehren, sondern ein allgemeines Leistungsbegehren. K kann die Herausgabe des Geldes prozessual über die Vollzugsfolgenbeseitigung (§ 113 Abs. 1 S. 2 VwGO) mit der Anfechtungsklage verbinden: K verlangt das Geld aufgrund der vermeintlichen Rechtswidrigkeit der Sicherstellung heraus. Sollte das VG aber urteilen, die Sicherstellung sei rechtmäßig, kann K darüber hinaus in Eventualklagehäufung (§ 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 254 ZPO) die Herausgabe des Geldes nach § 46 Abs. 1 S. 1 PolG NRW im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage verlangen, wenn die Voraussetzungen der zunächst rechtmäßigen Sicherstellung entfallen sind. Ein Anspruch auf Herausgabe der sichergestellten Sache (im Ausgangsfall § 46 Abs. 1 S. 1 PolG NRW) ist in den Polizeigesetzen aller Bundesländer enthalten (z.B. § 43 Abs. 1 S. 1 HSOG oder § 34 Abs. 1 S. 1 SächsPVDG).

4. Nach der mündlich angeordneten Sicherstellung wird K am 18.03. ein inhaltsgleicher Aktenvermerk mit Rechtsbehelfsbelehrung formlos übergeben. Darin steht, die Klagefrist habe begonnen mit Zustellung der Verfügung. War Ks Klageerhebung am 23.04. fristgerecht?

Ja, in der Tat!

Gemäß § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO beträgt die Klagefrist einen Monat ab Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Nach § 58 Abs. 1 VwGO beginnt der Fristlauf aber erst mit einer korrekten Rechtsbehelfsbelehrung. Die mündlich angeordnete Sicherstellung konnte den Fristbeginn nicht auslösen, da sie nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung verbunden war (RdNr. 31). Der Aktenvermerk konnte die Frist nur in Gang setzen, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung richtig erteilt wurde (§ 58 Abs. 2 S. 1 VwGO). Dies war hier aber nicht der Fall: § 58 Abs. 1 VwGO verlangt u.a. die Belehrung über die einzuhaltende Frist. Dies setzt Kenntnis über den zutreffenden Fristbeginn voraus. Der Aktenvermerk stellte für den Fristbeginn auf eine Zustellung ab, obwohl K das Schriftstück formlos übergeben wurde (RdNr. 34). Diese Angabe war unzutreffend. Mangels Einhaltung der Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO gilt die Jahresfrist (§ 58 Abs. 2 VwGO). Die Klage am 23.04. wurde fristgemäß erhoben. Im Originalfall hatte K am 23.03. eine weitere schriftliche Bestätigung des Verwaltungsakts mit korrekter Rechtsbehelfsbelehrung erhalten, die die Monatsfrist auslöste. Mit Klageerhebung am 23.04. hielt K diese Monatsfrist ein. Die Klage ist insgesamt zulässig.

5. Die Anfechtungsklage mit Vollzugsfolgenbeseitigungsbegehren ist begründet, soweit die Sicherstellung rechtswidrig war, K in seinen Rechten verletzte, und K einen Herausgabeanspruch über € 4.265 zzgl. Zinsen hat.

Ja!

Die Begründetheit der Klage richtet sich nach § 113 Abs. 1 VwGO. Dafür muss erstens der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger in seinen Rechten verletzt sein (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Zweitens müssen auch die Voraussetzungen des prozessualen Anspruchs auf Beseitigungen der Vollzugsfolgen vorliegen (§ 113 Abs. 1 S. 2 VwGO). Innerhalb des Herausgabebegehrens musst Du prüfen, ob hoheitliches Handeln in ein subjektives Recht eingreift, der Eingriff dem Staat zurechenbar ist und den Kläger – hier K – keine Duldungspflicht trifft. Bisher verpflichtet die wirksame Sicherstellung zur Duldung. Die Duldungspflicht entfällt aber, wenn das Gericht die Sicherstellung als rechtswidrig aufhebt. Achtung: § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO ist nur das prozessuale Einfallstor, aber kein materieller Anspruch! Der materielle Anspruch ist hier der ungeschriebene öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, der den Ausgleich rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen im öffentlichen Recht sicherstellt.

6. K wird an der niederländischen Grenze gefunden, das Geld war drogenszenetypisch gestückelt, K vorbestraft. Geht deshalb von dem Geld eine gegenwärtige Gefahr aus (§ 43 Nr. 1 PolG NRW)?

Genau, so ist das!

§ 43 Nr. 1 PolG NRW ist Anspruchsgrundlage für eine Sicherstellung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr. Eine gegenwärtige Gefahr ist eine Sachlage, bei der das schädigende Ereignis für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bereits begonnen hat oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Die öffentliche Sicherheit erfasst Individualrechtsgüter, die Rechtsordnung, den Bestand des Staates und seiner Einrichtungen. Eine gegenwärtige Gefahr besteht also auch, wenn konkrete Anhaltspunkte den Schluss rechtfertigen, dass die Begehung einer Straftat mit der sichergestellten Sache droht; eine ganz bestimmte illegale Verwendung muss nicht feststehen (RdNr. 47). Aufgrund der Umstände (Stückelung der Geldscheine, einschlägige Vorstrafen, die niederländische Grenzregion als wesentlicher Drogenumschlagplatz in Europa) konnte P im Moment der Sicherstellung davon ausgehen, dass K mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in allernächster Zeit das Geld für illegale Drogenkäufe einsetzen würde (RdNr. 44). Dies ist strafbar und stellt eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Die Sicherstellung kann P also auf § 43 Nr. 1 PolG NRW stützen.

7. Aufgrund der Umstände ging P außerdem davon aus, dass das Geld selbst aus einem illegalen Drogengeschäft stammte. Kann dies auch auf eine zukünftige Verwendung des Geldes in Drogengeschäften hindeuten?

Ja, in der Tat!

Entscheidend ist, ob von der sichergestellten Sache eine gegenwärtige Gefahr ausgeht. Dafür können aber nicht nur Anhaltspunkte herangezogen werden, die in die Zukunft deuten, sondern auch solche, die die Herkunft der sichergestellten Sache betreffen: Kriminalistische Erfahrung besagt, dass aus Drogengeschäften gewonnenes Geld regelmäßig zumindest teilweise wieder zur Drogenbeschaffung investiert wird (RdNr. 45). Für diese Herkunftsannahme braucht es konkrete Anhaltspunkte. P hatte nachvollziehbar Anzeichen dafür, dass K selbst unter Drogeneinfluss stand: Ks Pupillen waren starr, seine Fahrweise schloss auf Fahruntauglichkeit, K war im Betäubungsmittelbereich vorbestraft und konnte die Herkunft des Geldes nicht erklären. Hatte K selbst konsumiert, könne dies darauf schließen, dass K sich Drogen in unmittelbarer zeitlicher Nähe gegen Zahlung des mitgeführten Bargelds verschaffen wird (RdNr. 56).

8. Nach Erlass der Sicherstellung ergab die Auswertung einer Blutprobe von K, dass dieser am 18.03. nicht wie von P angenommen unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln stand. War die Maßnahme daher rechtswidrig?

Nein!

Ob Erkenntnisse, die nach Erlass der polizeilichen Maßnahme gewonnen wurden, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit berücksichtigt werden können, wirft die Frage nach dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt auf. Bei der Anfechtungsklage kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung an, also ob die Behörde nach den damaligen Erkenntnissen die Maßnahme treffen durfte. Folglich ist hier auf die mündliche Sicherstellungsverfügung abzustellen (RdNr. 40). Der schriftliche Aktenvermerk und die schriftliche Bestätigung – unabhängig davon, ob hier das Ergebnis des Bluttests schon vorlag – sind unerheblich, da ihnen nach § 37 Abs. 2 S. 2 (L)VwVfG kein eigener Reglungscharakter zukommt. Zum Zeitpunkt der Sicherstellung hatte P kein Blutprobenergebnis. P konnte die Maßnahme nur auf die erkennbaren Umstände stützen, die die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr stützten. Die Maßnahme war rechtmäßig. Da die Sicherstellung insgesamt rechtmäßig ist, ist die Anfechtungsklage unbegründet.

9. K hat einen Anspruch auf Herausgabe des Geldes nach den Voraussetzungen des Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs.

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Leistungsbegehren auf Vollzugsfolgenbeseitigung ist nur dann erfolgreich, wenn der angegriffene Verwaltungsakt rechtswidrig war und aufgehoben wird. Dann müssen auch die Vollzugsfolgen des rechtswidrigen Verwaltungsakts beseitigt werden. Da die Sicherstellung aber rechtmäßig ist, kommt es zu keiner rückwirkenden Aufhebung der Maßnahme und zu keiner Vollzugsfolgenbeseitigung nach § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO. K hat hiernach keinen Herausgabeanspruch.

10. K könnte aber einen Herausgabeanspruch haben, wenn die Voraussetzungen der rechtmäßigen Sicherstellung nachträglich entfallen sind (§ 46 Abs. 1 S. 1 PolG NRW). Kommt es hierfür auch auf den Zeitpunkt der behördlichen Maßnahme an?

Nein, das trifft nicht zu!

Die sichergestellten Sachen sind an die Person herauszugeben, bei der sie sichergestellt wurden, sobald die Voraussetzungen der Sicherstellung weggefallen sind (§ 46 Abs. 1 S. 1 PolG NRW). Entscheidender Zeitpunkt für die Frage nach dem Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen ist die letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz (RdNr. 68). Bei der Anfechtungsklage ist der entscheidungserhebliche Zeitpunkt grundsätzlich der Maßnahmenerlass, weil es darauf ankommt, ob die Behörde in dem Moment so handeln durfte. Bei der Verpflichtungs- und Leistungsklage kommt es grundsätzlich auf den Moment der mündlichen Verhandlung an, weil danach gefragt wird, ob die Behörde jetzt die Leistung oder den Verwaltungsakt schuldet.

11. K hat einen Anspruch auf Herausgabe des sichergestellten Geldes nach § 46 Abs. 1 S. 1 PolG NRW, weil die Voraussetzungen der Sicherstellung nachträglich entfallen sind.

Ja!

K hat diesen Anspruch, wenn keine Umstände vorliegen, die zum jetzigen Zeitpunkt eine Sicherstellung (§ 43 PolG NRW) rechtfertigen würden. Von dem Geld darf also keine gegenwärtige Gefahr ausgehen (Nr. 1) und der Eigentümer der Sache muss nicht vor Verlust oder Beschädigung geschützt werden (Nr. 2). P weiß nun, dass K am 18.03. nicht unter Drogeneinfluss stand. Folglich fehlen konkrete Anhaltspunkte, die eine zeitnahe Straftatbegehung annehmen lassen (RdNr. 71ff). Mithin fehlt es an einer gegenwärtigen Gefahr (§ 43 Nr. 1 PolG NRW). Auch liegen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht die Voraussetzungen für eine Sicherstellung zum Schutz des rechtmäßigen Eigentümers des Geldes vor. Dafür müsste die große Wahrscheinlichkeit bestehen, dass das Geld nicht K gehört (RdNr. 77). Die Vermutung des § 1006 Abs. 1 BGB spricht für K. Ein Gegenbeweis ist anhand von Indizien und Erfahrungssätzen möglich (RdNr. 81), die Anforderungen daran sind aber streng. Ein Abhandenkommen des Geldes oder Ks fehlenden Eigentumserwerb kann P nicht beweisen (RdNr. 79). Die Sicherstellungsvoraussetzungen sind also weggefallen. K hat einen Herausgabeanspruch.

12. K hat einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus §§ 291 S. 1, 288 Abs. 1 S. 2, 246 BGB analog.

Genau, so ist das!

Der Zinsersatzanspruch kann sich nicht aus den landespolizeirechtlichen Vorschriften ergeben, da diese nur die Herausgabe regeln. Aus dem öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch bzw. dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ergibt sich ebenfalls kein Anspruch auf ein „Mehr“, sondern nur ein Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustands. Der Zinsersatzanspruch aus dem BGB analog erfasst die Fälle, in denen für den Schuldner einer Geldschuld Rechtshängigkeit eintritt. Dies gilt nicht nur für Geldsummenschulden, sondern auch für den Anspruch auf Herausgabe bestimmter Scheine und Münzen, da es auf die Nutzungseinbuße für das Geld ankommt (RdNr. 101). Mit dem Zeitpunkt der Klageerhebung entstand Ks Zinsanspruch, da zu diesem Zeitpunkt auch der Herausgabeanspruch bestand. Einen weitergehender Zinsanspruch schon vor Klageerhebung hat K nicht. Damit ist Ks Anfechtungsklage unbegründet, die allgemeine Leistungsklage auf Herausgabe und Zinszahlung ist dagegen begründet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BIE

Bienenschwarmverfolger

18.11.2022, 22:43:03

Zu dem Klausur- und Vertiefungshinweis zum

Annexantrag

: Wäre die materiell-rechtliche AGL hier nicht eher der „normale“ FBA und nicht der öff-rechtl. Erstattungsanspruch? Letzterer ist ja eher bereicherungsrechtlich „angehaucht“ und hier geht es mE eher nicht um eine Vermögensverschiebung, sondern um präventivpolizeilichen Gewahrsam. Das entscheidende Tatbestandsmerkmal der AGL wäre dann mMn auch nicht „keine

Duldung

spflicht“ (öff-rechtl.

Unterlassungs

anspruch), sondern „rechtswidriger Zustand, der noch andauert“.

DMED

dmedicus

22.11.2022, 18:00:41

Genau mein Gedanke...

SE.

se.si.sc

19.12.2022, 10:17:29

Die Entscheidung des OVG Münster, auf dem der Fall beruht, scheint es ähnlich zu sehen. Die Herausgabe der sichergestellten Geldscheine wird dort auf § 46 I 1 PolG NRW gestützt, weswegen die Differenzierung zwischen FBA und öffentlich-rechtlichem Erstattungsanspruch (ÖEA) dort zwar nicht getroffen werden muss. Zumindest iRd begehrten Zinsen heißt es aber, dass weder § 46 PolG NRW noch der allgemeine FBA als Grundlage ausreichen, der ÖEA wird dagegen überhaupt nicht erwähnt. Andererseits habe ich nach kurzer Recherche ein Urteil des VG Gießen gefunden (vom 9.10.2012, Az. 4 K 905/12.GI), in dem die Herausgabe von Bargeld gerade auf den ÖEA gestützt wird. Dort war das Bargeld ursprünglich nach der StPO beschlagnahmt worden, nachdem diese Beschlagnahme gerichtlich für rechtswidrig erklärt wurde, versuchte man es seitens der Polizei dann noch mit der präventiven Sicherstellung. Letztlich dürfte damit m.E. in Klausursituationen beides vertretbar sein, zumal FBA und ÖEA ja ohnehin nicht überschneidungsfrei nebeneinander stehen.

FB

Friederike Boelitz

23.4.2023, 07:34:13

Wichtig ist es glaube ich bei solch einem Fall eine Augenkrankheit die auch für die staren Augen sprechen kann auszuschließen. Evtl wäre es daher ratsam als Verteidiger Augenärztliche Diagnostik mit heranzuziehen. Sollte diese Geld kosten könnte dann der Kläger für die Kosten aufkommen müssen falls die Drogen Wahrscheinlichkeit deswegen sinkt oder ist das Indiz des typisch Drogenhandel zerstückeltem Geld stärker zu bewerten?

FB

Friederike Boelitz

23.4.2023, 07:26:16

Es lässt sich zwar stark vermuten dass hier von illegalen Drogen auszugehen ist steht, aber nicht explizit im Fall Kaffee , Zigaretten und co sind auch Drogen doch legal für Erwachsene oder ab 16 ich finde es wichtig dass abzugrenzen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.4.2023, 09:27:05

Danke für den Hinweis, Pia. In den Fragen haben wir das noch ein wenig präzisiert. Im Sachverhalt hatten wir aufgenommen, dass K wegen Betäubungsmitteldelikten vorbestraft war. Dies betrifft insoweit illegale Drogengeschäfte, nicht dagegen den Verkauf/Handel mit legalen Drogen wie Alkohol oder Zigaretten. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Simon

Simon

9.11.2023, 00:35:33

Könnte man hier auch darauf abstellen, dass die Wahrscheinlichkeit besteht, dass K das Geld durch unerlaubten Btm-Handel erlangt hat? Dann hätte ich auf eine Gefahr für den staatlichen Anspruch auf Einziehung der Taterträge nach § 73 StGB abgestellt (als Schaden für die Funktionsfähigkeit des Staates). Zugegebenermaßen ist die Interpretation der Lösung hier naheliegender, aber trotzdem frage ich mich, ob die andere Sichtweise (noch) vertretbar wäre :)

ALE

Aleks_is_Y

15.3.2024, 11:40:24

Ohne Anknüpfung an Recht(sprechug) und Gesetz würde ich sagen, dass die Ansicht nur sehr schwer zu vertreten ist. Das allgemeine Verwaltungsrecht und das Polizeirecht sollen keine Verlängerung der StPO sein. Wenn die Strafverfolgungs

behörde

n gerade keine Straftat festellen konnten und die Ermittlungen abgeschlossen haben, wodurch ein Grund für StPO-Maßnahmen entfallen ist, wäre es zumindest unbillig die betroffene Person weiter mit polizeirechtlichen Maßnahmen zu belangen.

AS

as.mzkw

28.8.2024, 08:56:58

Vermutlich eine sehr dumme Frage, aber wo prüft man in der Klausur nochmal den entscheidungserheblichen Zeitpunkt?

CR7

CR7

28.8.2024, 22:05:15

Keine Frage ist "dumm". Du kannst es hier im Ermessen prüfen bei der Sicherstellung.

AS

as.mzkw

29.8.2024, 10:54:05

Danke dir! @[CR7](145419)

Tobias Krapp

Tobias Krapp

30.8.2024, 15:05:22

Hallo as.mzkw, ergänzend zu der Antwort von CR7: Soweit es darum geht, ob der Umstand für die Frage, ob eine Gefahr vorlag, berücksichtigungsfähig ist, solltest du schon bei der Definition des Gefahrbegriffs darauf hinweisen, dass es auf die ex ante Sicht ankommt. In der Subsumtion kannst du dann darlegen, dass ein bestimmter Umstand wie hier erst nachträglich bekannt wurde und daher für das Vorliegen einer Gefahr irrelevant ist. Geht es um übrige, ermessensrelevante Umstände, solltest du es im Ermessen verorten. Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias

LUCA28

luca28

1.10.2024, 19:36:54

hätte man hier nicht doch die Verpflichtungsklage annehmen müssen, wenn man davon ausgeht, dass die Sicherstellung ein VA ist müsste doch nach der actus contrarius Theorie auch die Herausgabe ein VA darstellen oder?

Daniel G

Daniel G

13.11.2024, 09:02:12

könntet ihr die

Stufenklage

in diesem kontext einmal erläutern und vlt eine frage mit info text noch einfügen, damit man auch wüsste wie man es hier in einer ör klausur aufbaut? verstehe nicht ganz warum dies nötig sein soll bei einer

Leistungsklage

und aus dem urteil ergibt es sich mir nicht. § 44 vwgo wurde bei der frage glaube ich auch nicht genannt


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