Öffentliches Recht

VwGO

Feststellungsklage

Kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis Fall 1 (Auslegung eines TB)

Kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis Fall 1 (Auslegung eines TB)

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die zuständige Behörde B untersagt Karl Krümel (K) den Betrieb seiner Gaststätte mit der Begründung, K sei nicht zuverlässig im Sinne von § 35 GewO. K will, dass seine Zuverlässigkeit gerichtlich festgestellt wird.

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Einordnung des Falls

Kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis Fall 1 (Auslegung eines TB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach erfolglosem Antrag bei der Behörde klagt K. Statthaft ist die Feststellungsklage, wenn das Klagebegehren auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist.

Ja, in der Tat!

Die allgemeine Feststellungsklage ist die richtige Klageart, wenn es dem Kläger darum geht, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses verbindlich festgestellt wird (§ 43 Abs. 1 Var. 1 VwGO). Ein Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 VwGO ist die rechtliche Beziehung, die sich aus einem hinreichend konkreten Sachverhalt aufgrund einer (diesen Sachverhalt betreffenden) öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergibt. Statthaft ist die Feststellungsklage, wenn das Bestehen von K's Zuverlässigkeit ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist.
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2. Auch Vorfragen und Tatsachenfragen können feststellungsfähige Rechtsverhältnisse sein.

Nein!

Ob ein Rechtsverhältnis vorliegt, kann damit überprüft werden, ob subjektive Rechte und Pflichten zwischen den Personen bestehen. Danach sind nach allgemeiner Auffassung reine Tatsachenfragen, Vorfragen und sog. unselbstständige Teile eines Rechtsverhältnisses nicht feststellungsfähig, da diese selbständig unmittelbar keine Rechte und Pflichten begründen. Auch Auslegungsfragen bezüglich einer Norm sind keine Rechtsverhältnisse. Ebenfalls kein Rechtsverhältnis ist die rechtliche Qualifizierung eines Handelns der Verwaltung als rechtswidrig, fehlerhaft, nichtig, ungültig, unwirksam, usw. Eine Ausnahme bildet die speziell normierte Nichtigkeitsfestellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 Var. 3 VwGO, gerichtet auf die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts.

3. Ob ein gesetzlicher Tatbestand erfüllt ist oder nicht, stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Statthaft ist die Feststellungsklage.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei der Frage, ob ein Tatbestandsmerkmal erfüllt ist oder nicht handelt es sich um eine Frage der Auslegung und Rechtsanwendung, die kein Rechtsverhältnis begründet. Bei der Frage, ob K zuverlässig i.S.v. § 35 GewO ist, handelt es sich um eine Frage der Rechtsanwendung.In solchen Fällen kannst du das Klagebegehren zu Gunsten des Klägers dahingehend umdeuten, dass er gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs vorgehen will (= Anfechtungsklage). So erhält der Kläger einen alternativen Rechtsschutz, anstatt eine Zurückweisung der Klage als unzulässig. Möglich wäre auch, dass Klagebegehren so umzudeuten, dass die Feststellungsklage zulässig bleibt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JO

jomolino

9.2.2022, 11:21:09

Aber die Frage ob ein bestimmter SV einer Self Executing Norm unterfällt kann doch zum Beispiel im Wege der

Feststellungsklage

geprüft werden, oder? Inwiefern unterscheidet sich das davon, dass nicht geprüft werden kann ob ein bestimmter TB erfüllt ist. Ich verstehe das mit dem Merkmal der Tatsache frage aber wenn unklar ist, ob der TB erfüllt ist könnte man ja auch argumentieren es wird geprüft ob die Norm im konkreten Fall Rechtswirkungen entfaltet. Das ist doch der Fall bei Self executing Normen. Oder habe ich die vorletzte Frage falsch verstanden?

Linne_Karlotta

Linne_Karlotta

15.2.2022, 14:38:18

Hallo nomamo! Danke für Deine Frage.Tatsächlich kann man gut so argumentieren, wie Du es tust. So heißt es z.B. bei Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 41. EL Juli 2021, § 43, RdNr. 16: "Der Ausschluss rechtserheblicher Eigenschaften einer Person oder Sache – z. B. der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit einer Person, der Öffentlichkeit eines Weges oder der Bebaubarkeit eines Grundstücks – aus dem Kreis der feststellungsfähigen Rechtsverhältnisse überzeugt nicht. In aller Regel verbirgt sich hinter einem als Feststellung einer rechtserheblichen Tatsache formulierten Antrag das Beg

ehre

n auf Feststellung bestimmter Rechte oder Pflichten, die davon abhängen."

Linne_Karlotta

Linne_Karlotta

15.2.2022, 14:41:59

In diesen Fällen könnte das Gericht das Klagebeg

ehre

n wohl dementsprechend auslegen bzw. umdeuten, sodass die erhobene

Feststellungsklage

zulässig bliebe. In der Klausur wäre es wohl allemal möglich, das Klagebeg

ehre

n in diese Richtung auszulegen. Ich werde dazu einen entsprechenden Hinweis im Fall aufnehmen und hoffe, Deine Frage beantwortet zu haben. Beste Grüße, Linne - für das Jurafuchs-Team.

HAN

hannabuma

25.10.2023, 20:31:54

Sollte man bei so einem Fall in einer Klausur direkt die Anfechtungsklage prüfen, oder zunächst auch Ausführungen über die

Statthaftigkeit

der allgemeinen

Feststellungsklage

machen?

LELEE

Leo Lee

29.10.2023, 10:19:15

Hallo hannabuma, in einem Fall wie diesem würden wir stets empfehlen, zunächst alle möglichen Klagearten zu prüfen. Denn gerade weil hier eine Norm vorliegt, die zugleich ein Rechtsverhältnis darstellten kann, wird es der Klausurersteller darauf abgesehen haben, dass auch dieses „Problem“ angesprochen wird :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Irina95

Irina95

26.1.2024, 11:23:50

"Möglich wäre auch, dass Klagebeg

ehre

n so umzudeuten, dass die

Feststellungsklage

zulässig bleibt." Gibts da mal ein Beispiel zu, wie müsste ich das umdeuten/umformulieren, dass die

Feststellungsklage

anwendbar wäre?


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