Öffentliches Recht

VwGO

Verpflichtungsklage

Obersatz Fall 1: VK unbegründet

Obersatz Fall 1: VK unbegründet

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Gs ordnungsgemäßer Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben einer Gaststätte wird von der zuständigen Behörde B abgelehnt. B meint, G besäße nicht die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 4 GastG), weil er in seiner letzten Kneipe Alkohol an Minderjährige ausgeschenkt hat. G erhebt Verpflichtungsklage.

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Einordnung des Falls

Obersatz Fall 1: VK unbegründet

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Begründetheit der Verpflichtungsklage richtet sich nach § 113 Abs. 5 VwGO.

Genau, so ist das!

§ 113 Abs. 5 VwGO unterscheidet zwischen den Fällen der Vornahmeklage und der Bescheidungsklage. Nach § 113 Abs. 5 VwGO ist die Verpflichtungsklage begründet, soweit die Ablehnung (oder Unterlassung) des begehrten Verwaltungsakts rechtswidrig, der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist und die Sache spruchreif ist, der Kläger also einen Anspruch auf die begehrte Leistung hat (Vornahmeklage, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO) oder bei fehlender Spruchreife, der Kläger einen Anspruch auf nochmalige Bescheidung hat (Bescheidungsklage, § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO). Da Du am Anfang der Begründetheitsprüfung noch nicht vorwegnehmen kannst, ob Spruchreife gegeben ist oder nicht, kannst Du die Obersätze wie hier kombinieren.
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2. Im Rahmen der Begründetheit muss zunächst eine einschlägige Anspruchsgrundlage vorliegen.

Ja, in der Tat!

Zunächst könnte ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes bestehen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Dafür bedarf es einer passenden Anspruchsgrundlage. Zum Aufbau der Prüfung: Ein Vornahmeurteil ist für den Kläger rechtsschutzintensiver, da die Behörde direkt zum Erlass des konkret begehrten Verwaltungsakts verpflichtet wird. Daher solltest Du immer zuerst prüfen, ob ein Fall des § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO vorliegt. Solltest Du am Ende der Prüfung dazu kommen, dass die Spruchreife nicht gegeben ist, kannst Du im Ergebnis feststellen, dass nur ein Anspruch auf Neubescheidung besteht (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).

3. Als Anspruchsgrundlage kommen hier §§ 2 Abs. 1, 4 GastG in Betracht. Es müssen die formellen und materiellen Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage vorliegen.

Ja!

Nach dem sog. Anspruchsaufbau wird die Begründetheit der Verpflichtungsklage wie folgt geprüft: (1) Anspruchsgrundlage, (2) Formelle Anspruchsvoraussetzungen, (3) Materielle Anspruchsvoraussetzungen, (4) Spruchreife überprüft. Hier bedarf es einer Norm, aus der G das subjektive Recht auf Erlass einer Gaststättenerlaubnis gegenüber der Behörde ableiten kann (= Anspruchsgrundlage). Ein solches Recht kann sich aus §§ 2 Abs. 1, 4 GastG ergeben. Der hier aufgeführte Anspruchsaufbau ist der gängige Aufbau der Begründetet der Verpflichtungsklage. Den teilweise als Alternative vertretenen sog. Rechtswidrigkeitsaufbau würden wir Dir nicht empfehlen.

4. Hier scheitert ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung nach §§ 2 Abs. 1, 4 GastG bereits an den formellen Anspruchsvoraussetzungen.

Nein, das ist nicht der Fall!

In formeller Hinsicht bedarf es eines formgerechten Antrags bei der zuständigen Behörde gerichtet darauf, dass diese die Gaststättenerlaubnis erteilt. Die zuständige Behörde ergibt sich aus § 30 GastG i.V.m. der jeweiligen Landesverordnung (GastVO des entsprechenden Landes). G hat einen Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt. Formfehler sind nicht ersichtlich

5. Auch die materiellen Voraussetzungen des §§ 2 Abs. 1, 4 GastG sind erfüllt.

Nein, das trifft nicht zu!

In materieller Hinsicht muss ein erlaubnispflichtiges Gaststättengewerbe i.S.v. §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GastG vorliegen. Eine Erlaubnis ist dann grundsätzlich zu erteilen. Die Behörde muss sie aber versagen, wenn Versagungsgründe i.S.d.§ 4 GastG vorliegen. Laut Sachverhalt hat G einen ordnungsgemäßen Antrag für ein erlaubnispflichtiges Gaststättengewerbe gestellt. G hat aber in der Vergangenheit Alkohol an Jugendliche ausgeschenkt. Daher besitzt er nicht die erforderliche Zuverlässigkeit (= Versagungsgrund, § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG). In einer Klausur bekommst Du i.d.R. mehr Informationen bzgl. der materiellen Voraussetzungen. Oft liegt in der materiellen Prüfung ein Schwerpunkt. Orientiere Dich an der Anspruchsgrundlage und führe jede Voraussetzung auf. Unproblematisch vorliegende Voraussetzungen handelst Du - wie immer - knapp ab.

6. Weil der Anspruch bereits materiell nicht besteht, kommt es auf die Prüfung der Spruchreife nicht mehr an. Die Verpflichtungsklage ist unbegründet.

Ja!

Scheitert der Erlass eines begehrten Verwaltungsakts bereits daran, dass die materiellen Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen, kommt weder ein Vornahmeurteil noch ein Bescheidungsurteil in Betracht. In diesem Fall wäre der Erlass des begehrten Verwaltungsakt rechtswidrig. Das Gericht kann die Behörde deswegen nicht dazu verpflichten, den Verwaltungsakt zu erlassen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Ebenso wäre es widersinnig, wenn die Behörde die Entscheidung über den Nichterlass des begehrten (rechtswidrigen) Verwaltungsakts erneut prüfen müsste (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO). G erfüllt nicht die materiellen Voraussetzungen der Erteilung der begehrten Genehmigung. Die Verpflichtungsklage ist unbegründet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Isabell

Isabell

21.3.2022, 08:55:38

Ein super gelungenes Kapitel!

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

21.3.2022, 10:16:32

Liebe Isabell, herzlichen Dank! Das gebe ich gerne an die verantwortliche Redakteurin weiter :-)

Johannes Nebe

Johannes Nebe

25.10.2022, 07:54:37

Die Bescheidungsklage richtet sich nach § 113 V 2 VwGO (Maßstab zu Frage 2).

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.10.2022, 09:40:13

Vielen Dank für den Hinweis, Johannes. Hier wurde allerdings absichtlich mit der Vornahmeklage begonnen. Erst wenn deren Voraussetzungen (Spruchreife) nicht vorliegen, sollte man darauf eingehen, dass aber dann ggfs. zumindest ein Anspruch auf

Neubescheidung

beststeht (vgl. Klausurhinweis). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Johannes Nebe

Johannes Nebe

25.10.2022, 09:43:02

Ne, schon klar, ich bezog mich nur auf den Schreibfehler, allerdings wohl bei Frage 1.

Johannes Nebe

Johannes Nebe

3.11.2023, 15:10:44

Hm, es ist ein Jahr vergangen, und der Zitierfehler im Maßstab zu Frage 1 ist immer noch nicht korrigiert. Bitte, bitte ...


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