Geschäftsführung entspricht dem wirklichen Willen des Geschäftsherrn


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B ist Briefmarkensammler. Seit langer Zeit sucht er verzweifelt nach der Briefmarke „Das Nilpferd“ und würde nahezu jeden Preis dafür bezahlen. Hiervon weiß auch sein Freund F, der ein Exemplar der Marke in einem Antiquariat für das Fünffache ihres Marktwerts sieht und für B kauft.

Einordnung des Falls

Geschäftsführung entspricht dem wirklichen Willen des Geschäftsherrn

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB sind erfüllt.

Ja, in der Tat!

Nach § 677 BGB setzen Ansprüche aus echter GoA (egal, ob berechtigt oder unberechtigt) voraus, dass ein Geschäftsführer (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Fremdgeschäftsführungswillen ausführt, (3) ohne vom Geschäftsherrn beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Der Kauf der Briefmarke ist als neutrales Geschäft einzustufen. Das heißt, es ist nicht nach außen erkennbar, wessen Geschäft es ist bzw. ob es für F ein fremdes oder ein eigenes Geschäft ist. Es wird jedoch dadurch zum fremden Geschäft, dass F mit Fremdgeschäftsführungswillen handelte. B hat den F auch nicht zum Kauf beauftragt.

2. Die GoA ist berechtigt im Sinne des § 683 S. 1 BGB.

Ja!

Eine GoA ist nach § 683 S. 1 BGB berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn ist dabei stets vorrangig zu prüfen. Er muss zum Zeitpunkt der Geschäftsführung ausdrücklich oder konkludent geäußert worden sein. Nicht erforderlich ist jedoch, dass dieser Wille gegenüber dem Geschäftsführer geäußert worden ist oder dass dieser zumindest Kenntnis von der Willensäußerung hat. B sucht verzweifelt nach der Briefmarke „Das Nilpferd“ und würde nahezu jeden Preis dafür bezahlen. Dieser Wille ist nach außen getreten, denn F wusste davon.

3. F kann das Geld, das er für den Kauf der Briefmarke ausgegeben hat, von B ersetzt verlangen.

Genau, so ist das!

Nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB hat der Geschäftsführer einer berechtigten GoA einen Anspruch auf Ersatz derjenigen Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Das für den Kauf der Marke ausgegebene Geld war eine Aufwendung, die F für erforderlich halten durfte.

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simon175

simon175

12.12.2022, 17:07:49

Mir stellen sich hier zwei fragen: (1) Stehen B in diesem Fall keinerlei Verweigerungsrechte bzgl. der Zahlung zu?, (2) Würde F auf den Kosten sitzenbleiben wenn über das Vermögen des B ein Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre? Danke vorab!

Dogu

Dogu

31.8.2023, 17:12:54

Zur zweiten Frage: Er übernimmt die GoA ja auf eigenes Risiko. Wieso sollte ihm ein Ersatzanspruch ggü. einer anderen Person zustehen? Der Briefmarkenverkäufer kann ja nichts dafür, wenn sein Vertragspartner in eigenem Namen etwas für eine andere Person kauft bzw. er hat hier wohl überhaupt keine Kenntnis von dem Vorgang, sodass der Umstand auch nicht Geschäftsgrundlage geworden sein kann.

CR7

CR7

4.9.2023, 19:44:52

@ Support würde mich über eine Antwort zu Simons erster Frage freuen

Paulah

Paulah

8.6.2024, 18:28:55

Es ist zwar schon ziemlich lange her, aber ich denke nicht, dass der Geschäftsherr die Zahlung verweigern kann. Aus der GoA besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis - da kann der Geschäftsherr sich auf den Kopf stellen. Wenn die GoA berechtigt war, wie hier, ist das Schuldverhältnis entstanden und der Anspruch besteht.

JUDI

judith

4.7.2024, 12:04:32

Ich habe die Frage so verstanden, dass gerade eben die Berechtigung zur Geschäftsführung infrage gestellt wird. Für mich persönlich erscheint die Äußerung "nahezu jeden Preis" für diese Sammlung zahlen zu wollen, zu vage um darauf zu schließen, dass der Erwerb der Sammlung zum 5-Marktwert noch vom Willen des Geschäftsherrn gedeckt ist.


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