Wertersatz & Eingriffskondiktion

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Handwerkerin H ist aktuell dabei, die Fenster ihres Hauses zu erneuern. In ihrem Lager befinden sich außerdem Fenster, die der A gehören. H vergreift sich und baut aus Versehen die Fenster der A in ihrem Haus ein.

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Einordnung des Falls

Wertersatz & Eingriffskondiktion

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist H Eigentümerin der Fenster der A geworden?

Ja, in der Tat!

Es könnte ein Eigentumserwerb nach § 946 BGB vorliegen, wenn eine bewegliche Sache mit einem Grundstück dergestalt verbunden wird, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird. Auch wesentliche Bestandteile eines Gebäudes sind wesentliche Bestandteile des Grundstücks (§ 94 Abs. 1). Wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes ist alles, was zu dessen Herstellung (hierzu zählt auch die Modernisierung) eingefügt wird (§ 94 Abs. 2 BGB).Die Fenster sind wesentlicher Bestandteil des Gebäudes und damit auch wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. H wird durch den Einbau somit Eigentümerin der Fenster.
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2. A kann von H Wertersatz in Geld verlangen (§§ 951 Abs. 1 S. 1 i.V.m. 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Ja!

Nach § 951 Abs. 1 S. 1 BGB hat derjenige, der infolge der §§ 946ff. BGB einen Rechtsverlust erleidet, einen Anspruch auf Vergütung in Geld nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts. Es handelt sich nach h.M. um eine Rechtsgrundverweisung. D.h. die Voraussetzungen des Bereicherungsrechts müssen ebenfalls erfüllt sein.Streitig ist, ob nur auf die Nichtleistungs- oder auf beide Kondiktionsarten verwiesen wird.Indem H die Fenster in ihrem Haus eingebaut hat, hat A das Eigentum an den Fenstern verloren. Das Eigentum wurde also nicht durch Leistung des A übertragen, sondern auf sonstige Weise erworben. Dies erfolgte ohne Rechtsgrund.Da keine vorrangige Leistung vorliegt, muss der Streit nicht entschieden werden, ob § 951 BGB auch auf die Leistungskondiktion verweist.

3. Darf A die Fenster nach Ansicht der h.L. auch wieder ausbauen (§ 951 Abs. 2 S. 2 BGB)?

Genau, so ist das!

§ 951 Abs. 2 S. 2 BGB regelt nach der h.Lit. ein eigenständiges Wegnahmerecht für jeden, der einen Rechtsverlust infolge der §§946f. BGB erleidet. Dieser Anspruch setzt aber voraus, dass die Sache tatsächlich ausgebaut werden kann, ohne sie zu zerstören und dass dem Anspruchsteller ein Anspruch nach § 951 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB zusteht.A hat infolge des § 946 BGB ihr Eigentum an den Fenstern verloren. Aufgrund dieses Rechtsverlusts steht ihr grundsätzlich auch ein Anspruch auf Vergütung in Geld zu. Die Fenster können auch tatsächlich ausgebaut werden, ohne dass sie dadurch zerstört würden.

4. Das Wegnahmerecht besteht zusätzlich zu dem Vergütungsanspruch.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Wegnahmerecht des § 951 Abs. 2 S. 2 BGB besteht jedenfalls nur als Alternative zu dem Vergütungsanspruch aus §§ 951 Abs. 1 S. 1 i.V.m. 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Mit der Wegnahme erlischt der Anspruch auf Entschädigung in Geld.

5. Auch nach Ansicht der Rechtsprechung darf A die Fenster ausbauen (§ 951 Abs. 2 S. 2 BGB).

Nein!

Die Rechtsprechung sieht in § 951 Abs. 2 S. 2 BGB nur eine Erweiterung des Anspruchs aus § 997 BGB. Danach setze das Wegnahmerecht voraus, dass derjenige, der sein Recht verliert, zum Zeitpunkt der Verbindung unberechtigter Besitzer der Hauptsache ist. A war zu keinem Zeitpunkt unberechtigte Besitzerin des Hauses der H. Ihr steht somit nach Ansicht der Rechtsprechung kein Wegnahmerecht zu.Die Rechtsprechung begründet diese enge Auslegung damit, dass dass ansonsten die Wertung des § 951 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht verlangt werden kann, umgangen würde.
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