Öffentliches Recht

VwGO

Anfechtungsklage

Öffentlich-rechtlicher Vertrag als Gegenstand der Anfechtungsklage?

Öffentlich-rechtlicher Vertrag als Gegenstand der Anfechtungsklage?

20. Mai 2025

9 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Ordnungsbehörde B vereinbart mit A vertraglich, dass dieser die Schneeentsorgung auf der öffentlichen Zufahrtsstraße zu seiner Villa übernimmt. Als es im darauffolgenden Jahr heftig schneit, will A den Schnee nicht entfernen. Er erhebt Anfechtungsklage.

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Einordnung des Falls

Öffentlich-rechtlicher Vertrag als Gegenstand der Anfechtungsklage?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn der Vertrag ein Verwaltungsakt ist, der sich noch nicht erledigt hat.

Ja, in der Tat!

Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist statthaft, soweit es sich um einen den Kläger belastenden Verwaltungsakt handelt (§ 35 S. 1 VwVfG), der sich noch nicht erledigt hat. Ein Verwaltungsakt ist (1) eine hoheitliche Maßnahme (2) einer Behörde (3) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (4) zur Regelung (5) eines Einzelfalls (6) mit Außenwirkung. Hat sich der Verwaltungsakt erledigt, ist die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) statthaft.
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2. Der Vertrag ist eine hoheitliche Maßnahme.

Nein!

Eine hoheitliche Maßnahme ist jedes einseitig diktierende Handeln. A und B haben durch eine vertragliche Einigung die Verpflichtung des A geregelt. B hat also gerade nicht einseitig bestimmt, dass A den Schnee räumen muss. Es liegt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag (§§ 54ff. VwVfG) und kein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG) vor. Gegen einen öffentlich-rechtlichen Vertrag ist die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) unstatthaft.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Nebenbesitzer einer Fräsmaschine

Nebenbesitzer einer Fräsmaschine

1.10.2020, 15:08:53

Und was kann man sonst dagegen tun?

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

1.10.2020, 15:49:34

Hallo

Nebenbesitz

er, danke für die Frage. Das kommt auf das (Klage- / Antrags-)begehren des A an: Wenn A sich auf eine eventuelle Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages nach

§ 59 VwVfG

beruft und festgestellt haben möchte, dass er nicht dazu verpflichtet ist, den Schnee zu entfernen, kommt eine

Feststellungsklage

nach § 43 Abs. 1 Var. 2 VwGO (Nichtbestehen eines

Rechtsverhältnis

ses) in Betracht. Er könnte auch versuchen sich auf § 60 VwVfG

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

1.10.2020, 15:51:21

...zu berufen, um den Vertrag zu kündigen. Falls A hingegen möchte, dass die

Behörde

den Schnee räumt, begehrt er die Vornahme eines

Realakt

s und muss (nach erfolglosem

Behörde

nantrag) eine

allgemeine Leistungsklage

erheben. LG :)

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

1.10.2020, 15:53:22

Da hier der Schnee schon liegt, wäre dem A aber in jedem Fall auch anzuraten, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über § 123 Abs. 1 VwGO vorzugehen.

OKA

okalinkk

13.5.2025, 10:31:04

@[Eigentum verpflichtet 🏔️](99723) wie kann 43 I Alt 2 statthaft sein, wenn es sich beim Vertrag nicht um einen Verwaltungsakt handelt? Du meinst wahrscheinlich 43 I Alt 1 (allg

Feststellungsklage

)?

Isabell

Isabell

24.1.2021, 11:29:28

Ist mir fast ein bisschen peinlich, aber ist nicht auch die Anfechtungsklage gegen

Allgemeinverfügung

en statthaft, so dass das Normzitat besser den gesamten 35 umfassen sollte?

Speetzchen

Speetzchen

24.1.2021, 21:37:30

ja, da eine  

Allgemeinverfügung

 nach § 35 Satz 2 VwVfG auch einen Verwaltungsakt darstellt, der sich aber an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

28.7.2021, 14:47:58

Hallo ihr beiden, § 35 S. 1 VwVfG normiert den Begriff des Verwaltungsaktes als Oberbegriff. Bei § 35 S. 2 VwVfG handelt es sich insoweit lediglich um eine Klarstellung, dass das Merkmal "EInzelfall" eben nicht nur im Fall einer konkret-individuellen bzw. abstrakt-individuellen Maßnahme erfüllt ist, sondern auch im Falle einer

Allgemeinverfügung

(= konkret-generellen Maßnahme) ein Verwaltungsakt vorliegt (BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 51. Ed., 01.04.2021, § 35 Rn. 249). Bei der Zitierung ist es insoweit durchaus korrekt nur § 35 S. 1 VwVfG zu nennen, da darunter auch die

Allgemeinverfügung

fällt. Beste Grüße Lukas - für das Jurafuchs-Team

OKA

okalinkk

13.5.2025, 10:37:37


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