Öffentliches Recht

Grundrechte

Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)

Recht auf informationelle Selbstbestimmung 3: Keine Unterscheidung zwischen wichtigen und belanglosen Daten

Recht auf informationelle Selbstbestimmung 3: Keine Unterscheidung zwischen wichtigen und belanglosen Daten

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Ministerium M will im Rahmen einer Kampagne auf die Gesundheitsgefahren von Zucker aufmerksam machen. Onlineanbieter A verfügt über Kundendaten, welche (ausschließlich) Aufschluss über das Konsumverhalten bezüglich künstlich gesüßter Produkte geben. M will A die Daten für die Kampagne abkaufen.

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Einordnung des Falls

Recht auf informationelle Selbstbestimmung 3: Keine Unterscheidung zwischen wichtigen und belanglosen Daten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. As Kunden sind grundrechtlich vor dem Verkauf ihrer persönlichen Daten geschützt.

Genau, so ist das!

*Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Es schützt insofern unter anderem gegen die unbefugte Weitergabe persönlicher Daten. In Folge des Datenverkaufs werden die Daten an das Ministerium weitergegeben. Die Kunden haben aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein Recht, über eine solche Weitergabe selbst zu entscheiden. Sie darf nicht ohne ihre Einwilligung geschehen. Die Kunden sind somit grundrechtlich vor einer Weitergabe ihrer Daten geschützt. A ist zwar nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Sie entfalten aber im zivilrechtlichen Verhältnis zwischen A und seinen Kunden mittelbare Drittwirkung.
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2. Die Kunden sind auch vor einer Nutzung ihrer Daten im Rahmen der Kampagne grundrechtlich geschützt.

Ja, in der Tat!

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung schützt insofern auch gegen die unbefugte Verwendung persönlicher Daten. Nutzt M die Daten für die Kampagne und holt vorher nicht die Einwilligung der Kunden ein, so stellt dies eine unbefugte Verwendung dar. Hiervor sind die Kunden durch ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt.

3. Die Weitergabe und Nutzung der Daten ist dennoch verfassungsrechtlich unproblematisch, da die konkreten Daten keinen engen Bezug zur Persönlichkeit der Kunden aufweisen.

Nein!

Die konkrete Betroffenheit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hängt nicht nur von der Art der erhobenen Daten ab. Es gibt insofern kein von vornherein belangloses Datum. Eine besondere Intensität der Beeinträchtigung kann sich vielmehr auch erst aus dem konkreten Verwendungszusammenhang ergeben. Die Tatsache, dass die Daten ausschließlich Aufschluss über das Konsumverhalten bezüglich künstlich gesüßter Produkte geben, ist für die verfassungsrechtliche Bewertung irrelevant. Es ist stattdessen die Verwendung des Ministeriums im Einzelfall zu betrachten. Hierzu enthält der Sachverhalt keine konkreten Angaben.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

29.1.2022, 18:59:52

Ergibt sich der Eingriff bezüglich der Weitergabe der Daten hier aus der mittelbaren Grundrechtsbindung des Unternehmens oder aus der unmittelbaren Bindung des Ministeriums?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

31.1.2022, 14:10:50

Hallo QuiGonTim, durch den Ankauf greift das Ministerium unmittelbar in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, wohingegen sich diese gegenüber A nur mittelbar entfalten. Hier greifen vor allem die Regelungen der DSGVO. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ASA

asanzseg

7.3.2023, 14:05:15

Also die Frage 13 ist wirklich unglücklich formuliert bzw. viel zu ungenau. Es wird in der Frage auf eine etwaige "verfassungsunbedenklich" also eher auf eine Rechtfertigung im Rahmen der Schranken Schranken angedeutet. in der Antwort wird letztlich nur auf den Schutzbereich hingewiesen, der unabhängig von der Art der Daten gewährleistet ist....

Nora Mommsen

Nora Mommsen

12.3.2023, 11:49:15

Hallo asanzseg, danke für deine Rückmeldung. Gefragt ist, ob die Weitergabe und Nutzung der Daten verfassungsrechtlich unproblematisch ist. Dies ist durchaus eine richtige Frage, denn die Weitergabe und Nutzung der Daten berührt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Art der Daten ist dafür nicht ausschlaggebend. Zu welchem Ergebnis die Prüfung am Ende kommt wird durch die Frage nicht vorweggenommen, aber es ist eben nicht unproblematisch sondern im Gegenteil verfassungsrechtlich relevant. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

HEXC

hexchenm

8.10.2023, 17:03:50

Gibt es einen Grund dafür, dass bei Erklärung lediglich ein * eingefügt ist?

FAL

FalkTG

4.5.2024, 12:56:10

Ist das Schutz auf Umgang mit persönlichen Daten mittlerweile abschließend durch die DSGVO determiniert oder besteht ein Restanwendungsbereich für Art. 2 I, 1 I GG in solchen Konstellationen?


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