Öffentliches Recht

Baurecht: Bauplanungsrecht

Beplanter Innenbereich (§ 30 BauGB)

Zulässigkeit eines Vorhabens im reinen Wohngebiet 2 (Ausnahme)

Zulässigkeit eines Vorhabens im reinen Wohngebiet 2 (Ausnahme)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bürgermeisterin B will auf Wunsch der Gemeindebewohner in einem leerstehenden Gebäude eine kommunale Bücherei eröffnen. Der qualifizierte Bebauungsplan weist ein reines Wohngebiet aus.

Diesen Fall lösen 87,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Zulässigkeit eines Vorhabens im reinen Wohngebiet 2 (Ausnahme)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ob Bs Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht, ist am Maßstab der § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 2 BauNVO zu prüfen.

Genau, so ist das!

Setzt die Gemeinde die Art der baulichen Nutzung fest, indem sie ein Baugebiet nach § 1 Abs. 2 BauNVO ausweist, beurteilt sich die Frage der Planwidrigkeit des Vorhabens unmittelbar nach den §§ 2-14 BauNVO. Die Vorschriften der §§ 2-14 BauNVO sind dann gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplans.Die Gemeinde hat für das Umfeld des Gebäudes ein reines Wohngebiet und damit ein Baugebiet nach §§ 1 Abs. 2 Nr. 2, 3 BauNVO festgesetzt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Nutzung des Gebäudes als Bücherei entspricht den Festsetzungen des Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung (§ 3 BauNVO).

Nein, das trifft nicht zu!

Welche Festsetzungen in einem reinen Wohngebiet allgemein zulässig sind, ergibt sich aus § 3 Abs. 2 BauNVO. Die dortigen Bestimmungen sind gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 BauNVO unmittelbarer Bestandteil des Bebauungsplans.Im reinen Wohngebiet gemäß § 3 Abs. 2 BauNVO zulässige Nutzungen sind Nutzungen als Wohngebäude (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) sowie Nutzungen als Anlage zur Kinderbetreuung (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Die Nutzung als Bücherei fällt weder unter den einen noch den anderen Begriff.

3. Eine Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans kommt in Betracht, wenn diese in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen ist (§ 31 Abs. 1 BauGB).

Ja!

Kann ein Vorhaben nach Maßgabe der Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans i.V.m. den Regelungen der BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden, so kommt § 31 BauGB zur Anwendung. Nach § 31 Abs. 1 BauGB können Ausnahmen von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan ausdrücklich vorgesehen sind. Ausdrücklich vorgesehen sind die Ausnahmen nach Absatz 3 des jeweiligen BauNVO-Baugebiets. Denn diese sind unmittelbarer Bestandteil des qualifizierten Bebauungsplans (§ 1 Abs. 3 S. 2 BauNVO). Anders als bei Vorhaben, die nach den Festsetzungen immer zulässig sind, müssen Vorhaben, die nach den Festsetzungen nur ausnahmsweise zulässig sind, immer noch die Schwelle des § 31 BauGB überwinden.

4. Die von B geplante Nutzung als Bücherei ist eine ausnahmsweise zulässige Art der Nutzung (§ 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 BauNVO).

Genau, so ist das!

Eine Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans kommt in Betracht, wenn diese in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen ist (§ 31 Abs. 1 BauGB). Der Bebauungsplan setzt ein „reines Wohngebiet“ fest. Da hierdurch die Bestimmungen der BauNVO Bestandteil des Bebauungsplans werden (§ 1 Abs. 3 S. 2 BauNVO), gelten auch die dort ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen für Vorhaben in reinen Wohngebieten nach § 3 Abs. 3 BauNVO. Ausnahmsweise zulässig sind in reinen Wohngebieten unter anderem Anlagen für kulturelle Zwecke (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 BauNVO). Darunter fallen auch Büchereien, weil sie einem kulturellen Zweck dienen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FI

Fischerino

23.8.2023, 17:26:03

Die Formulierung der Frage, ob die Bibliothek mit den Festsetzungen (zitiert wird § 3 BauNVO als ganzes) finde ich etwas missverständlich. Nach § 1 Abs. 3 S. 1, 2 BauNVO werden auch die Ausnahmen "festgesetzt", vgl. auch die Absätze 5 und 6. Bei § 3 BauNVO den Absatz 1 hinzuzufügen würde Klarheit schaffen :)

JCF

JCF

25.4.2024, 18:45:40

In einem Subsumtionskasten steht "Im reinen Wohngebiet [...] zulässige Nutzungen sind eine Nutzung als Wohngebäude dar [...] sowie eine Nutzung als Anlage zur Kinderbetreuung". Das ist kein sprachlich korrekter Satz. 😉

LELEE

Leo Lee

26.4.2024, 18:38:54

Hallo JCF, vielen Dank auch hier für den Hinweis! In der Tat hatte sich hier der Fehlerteufel eingeschlichen, weshalb wir den Text nun entsprechend korrigiert haben. Wir bedanken uns bei dir vielmals dafür, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen uns auf weitere Feedbacks von dir :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

© Jurafuchs 2024