Einseitiger EVB 4: Angabe auf Lieferschein
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Lieferant L verkauft Gastwirt G neue Teller und gewährt Ratenzahlung. Vor der Übereignung überreicht er G einen Lieferschein auf dem steht „Lieferung nur unter Eigentumsvorbehalt.“ G fällt der Hinweis nicht auf und nimmt die Teller entgegen.
Einordnung des Falls
Einseitiger EVB 4: Angabe auf Lieferschein
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Aus dem Kaufvertrag ist L dem G zu diesem Zeitpunkt zur unbedingten Übereignung verpflichtet.
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Ja, in der Tat!
2. Die Eigentumsvorbehaltsangabe auf dem Lieferschein hat eine schuld- und sachenrechtliche Bedeutung.
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Ja!
3. L und G haben sich nachträglich über einen Eigentumsvorbehalt geeinigt.
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Nein, das ist nicht der Fall!
4. G hat Eigentum an den Tellern nach § 929 S. 1 BGB erworben.
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Ja, in der Tat!
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MW
3.8.2021, 15:38:38
Ist das nicht ein Fall des 155 BGB, wobei L gerade nicht übereignen wollte ohne EV (sonst hätte er das nicht kundgetan) und somit keine Einigung zustande kam?
ANY
29.11.2021, 12:47:19
Aufgrund des Ergebnisses der Auslegung besteht kein Einigungsmangel.

Im🍑nderabilie
13.5.2022, 12:28:54
Warum scheitert es hier denn nicht beim Einigsein?

Lukas_Mengestu
16.5.2022, 14:16:54
Hallo Imonderabilie, da Merkmal "einigsein" bringt lediglich zum Ausdruck, dass die dingliche EInigung bis zur Übergabe nach hM frei widerruflich ist. Einen solchen Widerruf hat L hier nicht erklärt. Ohne einen solchen wird bei einer erklärten Einigung deren Fortbestand vermutet. Da hier bei objektiver Auslegung eine dingliche Einigung erfolgte, bestand diese auch zum Zeitpunkt der Übergabe noch fort. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
IsiRider
21.8.2022, 14:57:06
Eine Zusammenfassung der 4 Fälle wäre super, um deren Unterschiede zu verstehen.

Nora Mommsen
21.8.2022, 17:23:59
Hallo IsiRider, danke für deine Anmerkung. Das nehmen wir mit auf die Liste für neue Aufgaben! Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Gnu
23.1.2023, 08:38:54
Hallo liebes Team, Themen wie die Sicherungszession hatten wir in der Uni mit bei den Kreditsicherheiten. Ich habe gesehen, dass ihr dazu eine ausführliche Einheit im Bereich Schuldrecht AT gemacht habt. Die habe ich aber grad nur zufällig entdeckt, hatte sie eher hier erwartet. Ist es möglich, hier darauf zu verweisen/verlinken? :)

Lukas_Mengestu
23.1.2023, 17:56:56
Hi Gnu, in der Tat sind wir dabei, die verschiedenen Kreditsicherheiten im Kurs Kreditsicherheit nochmal gebündelt darzustellen. Zudem sind wir dabei die Suchfunktion zu verbessern, damit du relevante Aufgaben noch schneller findest. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Pilea
21.4.2023, 13:33:53
Hat L dann ein Anfechtungsrecht aufgrund §119 I bzgl des auseinandergehenden Geschäftswillens?

CR7
12.5.2023, 11:30:39
Das habe ich mich auch gefragt.

Simon
7.6.2023, 00:00:59
Ich würde sagen ja, aber nur bzgl. der WE im Rahmen der Übereignung. Bzgl. des Kaufvertrages haben sich beide Parteien zunächst geeinigt, wobei L auch keinem Irrtum unterlag. Der Lieferschein stellt nur einen Antrag auf Abänderung des Kaufvertrages dar. L bliebe also weiterhin zur unbedingten Übereignung aus dem Kaufvertrag verpflichtet, sodass eine (mE mögliche) Anfechtung der WE im Rahmen der dinglichen Einigung wenig sinnhaft erscheint.

Edward Hopper
9.6.2023, 21:13:55
Man zielt im Sachenrecht doch nie auf den objektiven Empfänger ab? Insoweit müsste V doch Eigentümer bleiben? Wer nicht übereignen möchte den kann auch nicht der verkehrsanschauung zwingen?
Benedikt
21.8.2023, 10:42:13
Die dingliche Einigung besteht aus zwei Willenserklärungen, die nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen sind. Nach dieser Auslegung ist bei Übergabe ein (mglw. konkludentes) Angebot zur bedingungslosen Übereignung gemacht worden. Der Lieferschein mit dem Angebot zur bedingten Übereignung ändert daran nach der Ansicht des BGH nichts, wenn der Empfänger nicht positive Kenntnis davon hat, da der Empfänger nicht mit so einem solchen Angebot rechnen muss. Es kommt eine Anfechtung der dinglichen Einigung wegen Irrtum seitens des Veräußerers in Betracht.
evanici
18.9.2023, 12:11:01
Hatte für einen Moment ans KBS gedacht hier, würde das etwas ändern an der Lösung bei Einschlägigkeit?
Andeutungstheorie merken
18.9.2023, 12:14:47
Meiner Meinung nach nicht: das KBS entfaltet nur Rechtswirkung, wenn der Absender (hier L) redlich ist. Dies wäre nicht der Fall, wenn das KBS wesentlich von den vorangegangen Verhandlungen abweicht. Der Eigentumsvorbehalt stellt meiner Einschätzung nach aber eine solche wesentliche Abweichung vom eigentlich vereinbaren unbedingten Eigentums Übergang dar. LG