Subsidiaritätsprinzip

10. Februar 2025

10 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Studentin S leiht ihrer Freundin F ein seltenes Videospiel. Weil F aber dringend jurafuchs.de/jqn12g6/erlangtes-etwas-bei-einem-darlehen-der-eigenen-bank" class="underline">Geld braucht, veräußert sie das Videospiel für €120 an die gutgläubige E. Hat S gegen E einen Herausgabeanspruch aus Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB)?

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Subsidiaritätsprinzip

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E hat „etwas erlangt“ (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Bereicherungsgegenstand bei der Eingriffskondiktion ist jeder Verwendungs-, Nutzungs- oder Eingriffserfolg eines fremden Rechts. Hierbei kommt es nicht auf einen Vermögenswert oder auf eine Gegenständlichkeit an. E hat durch F Besitz an dem Videospiel erlangt. Außerdem hat sie gutgläubig Eigentum an dem Videospiel erworben (§§ 929 S. 1, 932 BGB). E hat also Eigentum und Besitz an dem Videospiel erlangt.
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2. E hat das Videospiel durch Leistung der Bereicherungsgläubigerin S erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Leistung ist die bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. S hat weder bewusst, noch zweckgerichtet Es Vermögen gemehrt. Eine Leistung der S an E ist somit nicht ersichtlich.

3. Eine eventuelle Leistung der F an E ist unerheblich. Zur Rückabwicklung ist ausschließlich das Verhältnis zwischen Bereicherungsgläubiger und -schuldner maßgeblich.

Nein!

Nach dem Grundsatz der Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion gegenüber der Leistungskondiktion braucht der Bereicherungsschuldner nichts herauszugeben, was er durch Leistung eines Dritten erworben hat. Hat E etwas durch Leistung eines Dritten erlangt, so sind diesbezüglich Ansprüche aus allgemeiner Nichtleistungskondiktion grundsätzlich als subsidiär gesperrt (§ § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

4. E hat Eigentum und Besitz an dem Videospiel durch Leistung der F erlangt.

Genau, so ist das!

Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.Ein objektiver Beobachter in der Position der E konnte davon ausgehen, dass F ihre Pflicht aus dem geschlossenen Kaufvertrag (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB) durch Übergabe und Übereignung erfüllen wollte. Eine Leistung liegt somit vor. Dieses Fehlverständnis ist auch von S veranlasst worden, da sie den Besitz an dem Videospiel F überlassen hat.

5. E hat das Videospiel nicht an S herauszugeben, da sie das Videospiel durch Leistung eines Dritten erlangt hat.

Ja, in der Tat!

Dieses Ergebnis ist auch von dem Rechtsgedanken des § 816 Abs. 1 BGB gestützt: Der gutgläubige, entgeltliche Eigentumserwerb ist kondiktionsfest!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MenschlicherBriefkasten

MenschlicherBriefkasten

26.9.2023, 17:30:19

Hätte S nicht schon auch einen vertraglichen Schadensersatzanspruch aus dem

Leihvertrag

?

SE.

se.si.sc

26.9.2023, 18:40:14

Den hat sie natürlich, vgl. auch § 603 S. 2 BGB, danach war hier nur schlicht nicht gefragt. Nicht selten ist das für den Ver

leihe

r auch nur ein schwacher Trost, denn die Sache kriegt er dadurch natürlich nicht zurück - was gerade bei einem emotionalen Wert (wie eventuell hier bei dem seltenen Videospiel) oder Schwierigkeiten bei der Neubeschaffung ein Problem sein kann.

VALA

Vanilla Latte

21.7.2024, 02:08:14

Ich habe bei der EK immer so ein Störgefühl. Bei der LK prüfen wir bei "ohne Rechtsgrund" ja immer nur

Schuld

R. Bei der EK dann dinliches Recht.

mkrg

mkrg

21.10.2024, 10:57:14

Vielleicht hilft dir das @[Vanilla Latte](217055): Hinter der Leistungskondiktion steckt die Situation, dass man eine fehlgeschlagene Leistungsbeziehung rückabwickeln möchte -> Kausalverhältnis als Rechtsgrund Hinter der

Nichtleistungskondiktion

steckt der Gedanke des allgemeinen Rechtsgüterschutzes -> vertragliche und gesetzliche Behaltensgründe als Rechtsgrund :)

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

10.10.2024, 14:53:42

Bei Frage 2 wird § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB als Norm der Leistungskondiktion genannt, das könntet ihr vielleicht in § 812 Abs. 1 S. 1. Alt. 1 BGB ändern :)

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

19.10.2024, 14:33:20

Hallo phiechen2205, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das

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