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Gesetzgebungsverfahren

Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages - einzelne Abgeordnete mit BT-Beschluss (Art. 76 Abs. 1 Var. 2 GG)

Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages - einzelne Abgeordnete mit BT-Beschluss (Art. 76 Abs. 1 Var. 2 GG)

19. Mai 2025

13 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Elf Abgeordnete aus der Karnevalshochburg Köln bringen fraktionsübergreifend eine Gesetzesvorlage beim Bundestag ein. Sie schlagen vor, Karneval zum nationalen Feiertag zu machen. Bei der Abstimmung wird der Gesetzesvorschlag überraschenderweise mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen.

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Einordnung des Falls

Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages - einzelne Abgeordnete mit BT-Beschluss (Art. 76 Abs. 1 Var. 2 GG)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Bundestag muss sich mit der Gesetzesvorlage der elf Abgeordneten beschäftigen.

Nein!

Die GO-BT ist lediglich parlamentarisches Innenrecht und steht im Rang unter dem Grundgesetz. Die GO-BT kann daher Begriffe der Verfassung nicht definieren. Der Bundestrag hat aber kraft seiner Geschäftsordnungsautonomie (Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG) den Begriff „aus der Mitte des Bundestages“ mit § 76 Abs. 1 GO-BT in der derzeitigen Fassung in verfassungsrechtlich zulässiger Weise konkretisiert. Die elf Abgeordneten erreichen nicht das Quorum von fünf Prozent der Abgeordneten aus § 76 Abs. 1 GO-BT. Mit dieser Norm hat der Bundestag die „Mitte des Bundestages“ in Art. 76 Abs. 1 Var. 2 GG aber in verfassungsrechtlich zulässiger Weise konkretisiert. Die Gesetzesvorlage der elf Abgeordneten wurde daher nicht „aus der Mitte des Bundestages“ eingebracht. Immer dann, wenn gegen eine Vorschrift der GO-BT verstoßen wurde, kannst Du kurz die Abweichungsmöglichkeit nach § 126 GO-BT thematisieren. Für den Abweichungsbeschluss ist eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten notwendig.
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2. Der Beschluss des Bundestages hat die nicht ordnungsgemäße Gesetzesinitiative der elf Abgeordneten „geheilt“.

Genau, so ist das!

Auf die Frage, ob § 76 Abs. 1 GO-BT die „Mitte des Bundestages“ in verfassungswidriger Weise beschränkt, kommt es gar nicht an, wenn der Bundestag die Gesetzesvorlage dennoch ordnungsgemäß beschließt. Dann ist nämlich davon auszugehen, dass der Bundestag sich die Gesetzesvorlage durch den Gesetzesbeschluss zu eigen gemacht hat. Der Bundestag hat den Gesetzesvorschlag der elf Abgeordneten mehrheitlich beschlossen und ihn sich damit zu eigen gemacht. Die fehlende Initiativberechtigung der elf Abgeordneten ist daher irrelevant.

3. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz ist formell verfassungswidrig, weil die Gesetzesinitiative nicht von einer Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten stammt.

Nein, das trifft nicht zu!

Wenn sich der Bundestag die Gesetzesvorlage durch den späteren Beschluss zu eigen macht, kommt die Gesetzesinitiative auch „aus der Mitte des Bundestages“ und ist daher formell verfassungsgemäß. Merke: Ein einzelner Abgeordneter kann nicht verlangen, dass seine Gesetzesvorlage vom Bundestag behandelt wird. Wird das Gesetz dennoch beschlossen, ist es trotz dieses „Geburtsfehlers“ formell verfassungsgemäß.
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