Verpflichtungssituation: FFK begründet
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Karl-Heinz Knülle (K) beantragt im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Wohnhauses. Nach Ablehnung seines Antrags klagt er. Während des Prozesses erlässt die Gemeinde, in dessen Gebiet sich das Bauernhaus befindet, eine Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.
Diesen Fall lösen 93,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Verpflichtungssituation: FFK begründet
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K kann die ursprünglich statthafte Verpflichtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ks Fortsetzungsfeststellungsklage ist begründet, wenn die Ablehnung des begehrten Verwaltungsakts ursprünglich rechtswidrig war und ihn in seinen Rechten verletzte.
Ja!
3. Ist ein Bauvorhaben mit dem öffentlichen Baurecht vereinbar, muss die Behörde sie erteilen. K hatte zum Zeitpunkt der Ablehnung einen Anspruch auf den Erlass der Baugenehmigung.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
Jurafuchs kostenlos testen
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dominik
1.6.2022, 19:21:05
Vielen Dank für dieses sehr gelungenen Aufgaben zur „FFK“! 👏
Benji
3.6.2022, 18:28:09
Darf der K dann letztlich doch bauen? Kann die Gemeinde eine Veränderungssperre nach Belieben erlassen? 🤔
Nora Mommsen
7.6.2022, 17:13:47
Hallo BenBo, in der Praxis wird das Gericht ein Verpflichtungsurteil erlassen und die Bau
behördezum Erlass der Baugenehmigung verpflichten. Zu deiner zweiten Frage: Die Planungshoheit liegt grundsätzlich bei der Gemeinde. Die Veränderungssperre selbst muss aber z.B. hinreichend bestimmt sein. Dies gilt zum Einen inhaltlich wie auch hinsichtlich des Geltungsbereichs. Zudem muss absehbar ein Bebauungsplan für das entsprechende Gebiet entstehen. Dieser wiederum unterliegt den Anforderungen des geltenden Flächennutzungsplans für das Gemeindegebiet sowie den allgemeinen Anforderungen für eine ordnungsgemäße Bauleitplanung. Ganz im freien Belieben steht der Erlass somit nicht. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Daniel
23.7.2022, 18:19:04
Hallo Nora, warum das Gericht ein Verpflichtungsurteil zum Erlass der Baugenehmigung durch die Bau
behördezugunsten des K erlassen sollte, kann ich nicht nachvollziehen. Denn hinsichtlich des vom K im Rahmen der Verpflichtungsklage behaupteten Anspruch ist doch materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, bzw. den Moment der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Eben vor diesem Zeitpunkt ist sein Anspruch aufgrund der zwischenzeitlich erlassenen Veränderungssperre entfallen. In der letzten Antwort heißt es ja auch, dass die Veränderungssperre seinem Anspruch mittlerweile entgegenstehe, er diesen aber zum Zeitpunkt der Antragstellung hatte, durch die rechtswidrige Ablehnung in seinen Rechten verletzt wurde und sich die Begründetet der FFK hieraus ergibt. Viele Grüße, Daniel
Nilson2503
19.9.2023, 14:30:45
Hallo Nora, könntest du oben stehende Thematik noch einmal aufklären? Ich finde die Einwände von Daniel doch recht zutreffend. Im Übrigen: Gibt es nicht eine Regel, vielleicht ähnlich wie im Kommunalrecht, wo eine Widmungsänderung einer gemeindlichen Einrichtung auch erst für zukünftige Zulassungsanträge herangezogen werden kann, auch hier im Baurecht? Es erscheint mir unbillig, dass die Gemeinde eine Baugenehmigung in rechtswidriger Weise ablehnt und dann im Nachhinein, eben diese eigentlich nun zu erlassende Baugenehmigung durch eine Veränderungssperre konterkarieren kann.
ehemalige:r Nutzer:in
14.12.2023, 18:17:03
Mich würde eine weitergehende Antwort auch sehr interessieren - besonders im Hinblick auf die, von Daniel eingewendeten, Überlegungen.
David S.
22.5.2024, 10:30:49
Gerne nochmal auf den Kommentar von Daniel eingehen :)
Denislav Tersiski
2.12.2023, 07:58:24
Es ist immer wieder davon die Rede, der Kläger könne seine ursprünglich erhobene Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage in eine FFK "umstellen". Wäre es falsch, hierbei von einer Klageänderung zu sprechen, vgl. 173 S. 1 VwGO, 264 Nr. 2 ZPO entsprechend?
Teddy
11.12.2023, 13:17:08
Es wäre umgekehrt sogar sehr richtig, diese Normen zu nennen! Bestenfalls noch mit dem Hinweis, dass deshalb keine Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO vorliegt.
An
11.12.2023, 13:24:39
Ich habe an §88 Vwgo gedacht wonach sich die statthafte Antragsteller nach Klägerbegehren richtet. Dabei hat das Gericht nicht auf den
Wortlautsondern das darüberhinaus tatsächliche Rechtsschutzziel des K abzustellen. Zwar darf nicht mehr gewährt werden als beantragt, eine Falschbezeichnung aber auch nicht schaden.
Peter
24.1.2024, 10:49:10
Ich schließe mich @[Teddy](207641)s Aussage an. Im Kopp/Schenke steht auch nochmals unter § 91 VwGO Rn. 9, dass es sich nicht um eine Klageänderung nach § 91 VwGO, sondern um eine nach §§ 173 S. 1 VwGO, 264 Nr. 2 ZPO handelt.