Stellung des Erwerbers eines Grundstücks, nachdem er selbst beim Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung gestellt hat


mittel

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Klassisches Klausurproblem

K und V einigen sich darüber, dass K das Grundstück der V erwerben soll und erklären am 14.03. die Auflassung, die Notarin N notariell beurkundet. Einen Tag später(15.03.) stellt K beim Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung der Auflassung (§ 13 GBO).

Einordnung des Falls

Stellung des Erwerbers eines Grundstücks, nachdem er selbst beim Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung gestellt hat

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Mit der notariellen Beurkundung der Auflassung wird K Eigentümer des Grundstücks (§§ 873 Abs. 1, 925 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Der Eigentumserwerb an Grundstücken (§§ 873 Abs. 1, 925 BGB) setzt voraus: (1) Auflassung (§ 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein bei Eintragung und (4) Berechtigung des VerfügendenDer Eigentumserwerb an dem Grundstück setzt also voraus, dass der Eigentümerwechsel im Grundbuch eingetragen ist und tritt nicht schon mit der Einigung ein, die im Immobiliarsachenrecht als Auflassung bezeichnet wird (§ 925 BGB).Die Eintragung ins Grundbuch ist bei der Übereignung von Immobilien der nötige Publizitätsakt, der bei beweglichen Sachen üblicherweise durch die Übergabe erfolgt.

2. V kann ihre Zustimmung zur Auflassung bis zur Eintragung ins Grundbuch frei widerrufen.

Nein!

Grundsätzlich sind die Parteien an die Auflassung bis zur Eintragung des Eigentümerwechsels ins Grundbuch nicht gebunden. Sie können ihre Willenserklärung daher bis zu diesem Zeitpunkt widerrufen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Erklärungen notariell beurkundet, vor dem Grundbuchamt abgegeben bzw. bei diesem eingereicht sind oder wenn der Veräußerer dem Erwerber eine Eintragungsbewilligung ausgehändigt hat (§ 873 Abs. 2 BGB).Die Auflassung wurde notariell beurkundet. V und K sind daher an die Auflassung gebunden.

3. Wegen der Unwiderruflichkeit der Auflassung erwirbt K am 14.03. ein Anwartschaftsrecht an dem Grundstück.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Anwartschaftsrecht erwirbt, wer bei einem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechtsgeschäfts schon so viele Erfordernisse für den Erwerb erfüllt, dass die andere Partei den Eigentumserwerb nicht mehr einseitig verhindern kann.Zwar ist V gegenüber K an die Auflassungserklärung gebunden (§ 873 Abs. 2 BGB). Allerdings tritt dadurch keine Verfügungsbeschränkung ein. V bleibt vielmehr bis zur Eintragung ins Grundbuch Eigentümerin des Grundstücks und kann daher darüber verfügen. Sie könnte das Grundstück daher auch noch auf einen Dritten übertragen und so den Erwerb von K verhindern. Anders als beim Eigentumsvorbehalt (vgl. § 161 Abs. 1 BGB), wäre eine solche Zwischenverfügungen auch nicht rückwirkend unwirksam. Damit fehlt es an einer gesicherten Rechtsposition.

4. Erwirbt K mit Stellung des Eintragungsantrags nach der h.M. ein Anwartschaftsrecht an dem Grundstück?

Ja, in der Tat!

Ein Anwartschaftsrecht erwirbt, wer bei einem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechtsgeschäfts schon so viele Erfordernisse für den Erwerb erfüllt, dass die andere Partei den Eigentumserwerb nicht mehr einseitig verhindern kann.Sobald K den Antrag auf Eintragung stellt, wird dieser grundsätzlich vor einem späteren Antrag auf Eintragung einer anderen Veräußerung bearbeitet (§ 17 GO). Zwar könnte es bei einem Verstoß gegen den Prioritätsgrundsatz des § 17 GBO passieren, dass der spätere Antrag eines Dritten zuvor bearbeitet wird und er dadurch Eigentum an dem Grundstück erwirbt. Die Rechtsprechung geht dennoch davon aus, dass die Rechtsposition des Erwerbers durch den Antrag bereits hinreichend geschützt ist und ein Anwartschaftsrecht besteht.

5. Ein Teil der Literatur würde die Anerkennung eines deliktisch geschützten Anwartschaftsrechts im konkreten Fall ablehnen.

Ja!

Ein Teil der Literatur lehnt die Anerkennung eines Anwartschaftsrechts mit der Begründung ab, die Erwerbsposition sei noch nicht hinreichend gesichert. Das wird insbesondere damit begründet, dass § 17 GBO eine reine Ordnungsvorschrift sei, die es nicht sicher ausschließe, dass dennoch eine spätere Veräußerung vorher eingetragen wird.

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EI

Eike-Christian

27.4.2023, 10:27:00

Ich finde die Aufgabenstellung unklar. Was genau wird zur Eintragung beantragt? Die Erwerbsvormerkung? Oder doch die Eigentumsumschreibung? Da hier ja nur auf die Auflassung abgestellt wird, scheint es mir eher um die Eigentumsumschreibung zu gehen. Dann wäre aber inzwischen auch zu beachten, dass gem. § 13 Abs. 1 S. 3 GBO (das „GO“ hat mich auch kurz verwirrt ...) diese Eintragung nur noch dann vorgenommen werden soll, wenn die Notarin sie beantragt. Wie ist es denn nun? Die Erwerbsvormerkung verschafft doch ein Anwartschaftsrecht. Bei einem Erwerb ohne Vormerkung entsteht das Anwartschaftsrecht durch den Antrag auf Eigentumsumschreibung, oder nicht?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

27.4.2023, 12:13:07

Hallo Eike-Christian, danke für dein Feedback und die Fragen. Die Formulierung des Falltextes haben wir angepasst, sodass daraus nun eindeutig hervorgeht was beantragt wird. Die Entstehung des Anwartschaftrechts im Fall des Eigentumserwerbs an unbeweglichen Sachen kann in zwei unterschiedlichen Konstellationen verlaufen. 1.) Die Auflassung muss bindend sein, § 873 Abs. 2 BGB und 2.) der Veräußerer darf den Erwerb nicht mehr einseitig verhindern können. Das ist der Fall wenn a.) der Erwerber den Antrag auf Eigentumsumschreibung stellt. Auch wenn dies durch den Notar erfolgt, geschieht dies nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 S. 3 GBO "im Namen des Antragenden". Die Notarin muss den Antrag also im Namen der Erwerberin stellen. b) Die erforderliche Bindungswirkung entsteht auch, wenn eine Auflassungsvormerkung eingetragen wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Ich hoffe, deine Fragen konnten damit beantwortet werden. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

EI

Eike-Christian

27.4.2023, 16:20:03

Vielen Dank! Echt super, wie schnell ihr immer mit den Antworten seid.

SUSA

Susan

24.7.2024, 13:17:14

Der Fall ist im Kapitel Sicherungsrechte an beweglichen Sachen einsortiert, ist das richtig so?


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