Sozialhilfebetrug – Täuschung durch Unterlassen
Diesen Fall lösen 64,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A wurde arbeitslos und bezog berechtigterweise Arbeitslosengeld II. Ihm war bekannt, dass er gesetzlich verpflichtet ist (§ 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I), Veränderungen in seinen Vermögensverhältnissen unverzüglich gegenüber der Agentur für Arbeit anzuzeigen. Als er ein Jahr später eine neue Arbeitsstelle fand, teilte er dies der zuständigen Sachbearbeiterin bei Agentur für Arbeit nicht mit. Er erhielt weiter Arbeitslosenhilfe, ohne dazu berechtigt zu sein.
Einordnung des Falls
Sozialhilfebetrug – Täuschung durch Unterlassen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat durch die Entgegennahme der Arbeitslosenhilfe konkludent "getäuscht", dass er die Voraussetzungen erfüllt (§ 263 Abs. 1 StGB).
Nein!
2. A hat bei der Entgegennahme der Leistungen durch Unterlassen getäuscht, da ihn eine Pflicht zur Aufklärung traf (§ 263 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Jurafuchs kostenlos testen
benjaminmeister
8.2.2024, 09:01:56
MMn. ist die letzte Frage ungünstig formuliert: A hat bereits durch strafbewährtes Unterlassen getäuscht, als er die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses nicht angezeigt hat. Die Täuschung liegt nicht erst im Unterlassen bei Erhalt des Lohnes. Der Erhalt dürfte nur im OLG-Fall entscheidend gewesen sein, weil dort auf § 60 I S. 2 abgestellt werden musste, weil A die Leistung, die eig. für die dann verstorbene Mutter bestimmt war, nie beantragt/erhalten (kein Fall des § 60 I S. 1) hat. Im OLG-Fall entstand die Aufklärungspflicht tatsächlich erst mit dem Zufluss der unberechtigten Leistung, da ihn erst in diesem Moment die Pflicht zur Rückerstattung zur Aufklärung verpflichtet hat.