Leichteste Fahrlässigkeit

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Fenstermonteurin F rutscht beim Tragen einer Glasscheibe aus kurzer Unachtsamkeit mit ihren Händen ab und die Scheibe zerbricht. Arbeitgeberin A fordert Schadensersatz.

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Einordnung des Falls

Leichteste Fahrlässigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A könnte gegen F einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs.1, 241 Abs.2 BGB haben.

Ja!

Zwischen A und F besteht ein Arbeitsvertrag. Indem F die Fensterscheibe fallen ließ, hat sie eine arbeitsvertragliche Schutzpflicht aus § 241 Abs.2 BGB verletzt. Dabei hat sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat und damit fahrlässig gehandelt (§ 276 Abs.1, 2 BGB). Dadurch ist zudem ein Schaden für Arbeitgeberin A entstanden. Fraglich ist allerdings, ob zugunsten der M eine Haftungsprivilegierung eingreift.
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2. Liegen die Voraussetzungen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs vor?

Genau, so ist das!

Die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleiches sind anzuwenden, wenn (1) der Anspruchsgegner zum geschützten Personenkreis gehört und (2) der Schaden bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit entstanden ist.A ist Arbeitnehmerin. Der Schaden entstand zudem bei einer Tätigkeit, die der F für den Betrieb übertragen wurde, mithin bei betrieblich veranlasster Tätigkeit.

3. Der Umfang der Haftungsprivilegierung richtet sich nach dem Verschuldensgrad.

Ja, in der Tat!

Der Umfang der Haftungsprivilegierung erfolgt entsprechend des Verschuldensgrades. Ein Arbeitnehmer hat vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfang zu tragen. Bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer grundsätzlich den gesamten Schaden zu tragen. Im Einzelfall kommen aber Haftungserleichterungen in Betracht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen. Bei leichtester Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer nicht. Das Verschulden des Schädigers muss sich dabei sowohl auf die pflichtverletzende Handlung als auch auf den Eintritt des Schadens beziehen.

4. Muss F den Schaden anteilig tragen?

Nein!

Handelt die Arbeitnehmerin lediglich „leicht“ fahrlässig, so ist sie von der Haftung befreit. Leichteste Fahrlässigkeit liegt bei geringfügigen Sorgfaltsverstößen vor, die unterhalb der Schwelle der mittleren Fahrlässigkeit liegen und während eines Dauerschuldverhältnisses auch dem sorgfältigsten Arbeitnehmer einmal passieren können. F rutscht die Glasscheibe bloß aus kurzer Unachtsamkeit aus den Händen. Dies ist vergleichbar mit einem einfachen „Sich-Vergreifen“, „Sich-Vertun“, also ein Fall des typischen Abirrens der Arbeitsleistung aufgrund menschlicher Unzulänglichkeit. Diese nur kurze Unachtsamkeit kann F nicht vorgeworfen werden. Somit liegt leichteste Fahrlässigkeit vor, sodass Arbeitnehmerin F nicht haftet.Die Abgrenzung zwischen „leichter“ und „normaler“ Fahrlässigkeit findet sich so nur im Arbeitsrecht.
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