Grundfall: Extremfall (Folter)
19. Februar 2025
13 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Rapper X wird wegen Überfalls auf einen Goldtransporter zu einer Haftstrafe verurteilt. Um X zur Preisgabe des Verstecks der Beute zu zwingen, setzen die Justizvollzugsbeamten in der Haft Elektroschocks gegen X ein.
Diesen Fall lösen 98,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Grundfall: Extremfall (Folter)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Sind die Justizvollzugsbeamten verpflichtet, die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) des X zu achten?
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der persönliche Schutzbereich der Menschenwürde ist eröffnet.
Ja!
3. Ist der sachliche Schutzbereich der Menschenwürde vorliegend eröffnet?
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Burumar🐸
2.4.2023, 14:38:24
Wäre Art 104 I S 2 hier nicht spezieller? Wie verhält sich die Norm zur Menschenwürde?

kaan00
6.1.2024, 11:51:50
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Wendelin Neubert
30.1.2025, 15:21:37
Danke für Deine Frage @[Burumar🐸](172315)! In der Tat steht Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG in einem engen Zusammenhang mit der Menschenwürde, aber er ist nicht spezieller i.S.v. lex specialis. Das Misshandlungsverbot des Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG ist vielmehr Ausfluss der Menschenwürde und damit unter Beachtung von Art. 1 Abs. 1 GG auszulegen. Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG ergänzt das Folterverbot, das in Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG enthalten ist, sowie das Folterverbot aus Art. 3 EMRK. Seine einfachgesetzliche Umschreibung findet Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG in
§ 136a StPO. Der Anwendungsbereich von Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG ist ausweislich seines Wortlauts enger als der weitergehende, allgemeine Schutz der Menschenwürde. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
Alexandra Sawenko
23.4.2024, 09:17:32
Hi, ich habe mehrfach gelesen, dass die Objektsformell erst unter dem Eingriff thematisiert wird und nicht im sachlichen Schutzbereich, wo die Leistungs- und Mitgifttheorie thematisiert werden, da sie Ansätze der positiven Bestimmung des sachlichen Gehalts der Menschenwürde darstellen. Das BVerfG bedient sich jedoch der
Objektformel, die dem Begriff negativ über den Eingriff definiert.
QuiGonTim
19.6.2024, 14:32:21
Ich habe einmal gelernt, dass es in Menschenwürde-Fällen ratsam sei vom dreistufigen Aufbau (Schutzbereich - Eingriff - Rechtfertigung) abzuweichen und stattdessen etwas freier zunächst zu schildern, dass sich die Menschenwürde nicht sinnvoll positiv bestimmen lasse und sie daher negativ, vom (nicht zu rechtfertigenbden) Eingriff her zu bestimmen sei. Liege ich damit falsch?
luc1502
1.8.2024, 11:54:10
Hu @[QuiGonTim](133054), du liegst überhaupt nicht falsch damit; vielmehr macht auch das BVerfG diese Prüfung aus der Perspektive des "potenziellen Eingriffs" her; du kannst hier quasi "Schutzbereich und Eingriff gleichzeitig prüfen" eben weil sich der Schutzbereich der Menschenwürde positiv kaum bestimmen lässt. Ich hoffe, das hilft dir!