Zivilrecht
Deliktsrecht
§§ 830, 840 BGB
Haftung des Tierhalters als Beteiligter bei Schädigung durch mehrere Tiere
Haftung des Tierhalters als Beteiligter bei Schädigung durch mehrere Tiere
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A, B und C lassen ihre Pferde (P1, P2, P3) gemeinsam grasen. Als sie die Pferde in die Stallungen zurückführen, stellt sich heraus, dass P1 durch Tritte eines anderen Pferdes verletzt wurde. Es lässt sich nicht aufklären, ob es P2 oder P3 war. A entstehen Tierarztkosten von €4.000.
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Einordnung des Falls
Haftung des Tierhalters als Beteiligter bei Schädigung durch mehrere Tiere
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. § 830 Abs. 1 S. 2 BGB ist auch auf die Tierhalterhaftung des § 833 S. 1 BGB anwendbar.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Voraussetzungen der §§ 830 Abs. 1 S. 2, 833 S. 1 BGB liegen vor.
Nein!
3. Für einen Anspruch von A gegen B auf Ersatz der Tierarztkosten sind die Voraussetzungen des § 833 S. 1 BGB erfüllt.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Bei Ansprüchen gegen Tierhalter ist vorrangig § 833 BGB (vor § 823 Abs. 1 BGB) zu prüfen.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jopies
3.10.2021, 15:52:14
Also wenn ich das richtig verstehe dann hat hier der BGH ein Problem damit, dass nicht klar ist ob P2 oder P3 überhaupt getreten hat. Weil wenn P2 P1 getreten hätte, dann wäre eine Haftung für den Halter von P3 unbegründet zum Beispiel. Habe ich das so richtig verstanden?
Lukas_Mengestu
4.10.2021, 12:49:50
Genau Jopies. § 830 Abs. 1 S. 2 BGB dient einfach dazu, dass es nicht zum Nachteil des Opfers führt, wenn er nicht nur von einer Person, sondern von mehreren geschädigt wird und der genaue Kausalitätszusammenhang nicht ermittelt werden kann. Das setzt aber eben voraus, dass überhaupt deliktisches Verhalten von mehreren Personen (bzw. in diesem Fall Tieren) vorliegt. Da dies aber nicht aufgeklärt werden konnte, kann die Norm hier nicht angewandt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
jurafuchsles
16.8.2022, 11:29:48
Das verstehe ich nicht ganz. Es ist doch aber klar dass eines der Pferde die deiktische Handlung begangen hat? Muss also in einem solchen Fall klar sein, dass beide Pferde (zweifelsfrei) getreten haben?
Nora Mommsen
16.8.2022, 17:31:06
Hallo jurafuchsles, genau - § 830 BGB kann sowohl Anteils- als auch Urheberzweifel überbrücken. Dies setzt allerdings eine sicher feststehende relavante Handlung voraus. Da dies hier nicht gegeben ist - es ist nicht klar, ob P1 bzw jeweils das andere überhaupt getreten hat ist dies nicht anwendbar hier. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
evanici
11.9.2023, 19:17:34
Also, verstehe ich das richtig, dass aus dem Sachverhalt hervorgehen soll, dass nicht klar ist, ob beide Pferde (egal welches) überhaupt getreten haben? Auch angesichts der Zeichnung verstehe ich das so ja irgendwie nicht... Und die Begründung, warum § 830 I S.2 ist jetzt, dass es theoretisch sein könnte, dass es noch ein viertes Pferd gegeben hätte :D?
evanici
11.9.2023, 19:18:10
..., warum § 830 I S.2 nicht einschlägig ist,...
jess11O
14.8.2024, 17:18:52
Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das Problem hier, dass nicht klar ist, ob nur eines der beiden Pferde oder beide Pferde getreten haben. § 830 I S. 2 BGB ist nur dann anwendbar, wenn zweifelsfrei feststeht, dass zwei Handlungen vorliegen, die beide zum Erfolg geführt haben könnten. Hier steht allerdings nicht fest, ob möglicherweise nicht nur eines der Pferde getreten hat.
evanici
11.9.2023, 19:38:03
§ 830 I 2 als eigene AGL funktioniert dann aber nur i.V.m. einer anderen Norm wie eben § 833? Und Anschlussfrage daran: Wäre es möglich, dass beispielsweise ein Pferd, ein Schläger und ein Kfz-Fahrer und ein Kfz-Halter in die Schädigung des Deliktsgläubigers verwickelt wären, der verletzt ist, getreten, geschlagen und angefahren wurde. Man weiß nur nicht, welche Verletzung von wem stammt, klar ist aber, dass es Beiträge von allen gab (bei den Gefährungshaftern eben die Gefahrenquelle). Die "Haftungstypen" könnten dann "gemischt" sein für eine Anwendbarkeit der Norm?