Grundlagen Ermessensfehler

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Behörde B erlässt gegenüber der kleinen Hexe H eine Abrissverfügung. Danach stünde Hs Hexenhaus im Widerspruch zum öffentlichen Baurecht, sodass B „keine andere Wahl habe“, als die Abrissverfügung zu erlassen. H meint, die Verfügung sei rechtswidrig.

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Einordnung des Falls

Grundlagen Ermessensfehler

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Rechtsgrundlage für den Erlass einer Abrissverfügung findet sich im BauGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach dem Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) bedarf es für eine Abrissverfügung (Verwaltungsakt), eine Gesetzesgrundlage. Diese findet sich in den jeweiligen Landesbauordnungen (z.B. § 82 Abs. 1 BauO NRW, § 79 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 NBauO, § 80 S. 1 BauO Bln). Trotz unterschiedlicher Formulierungsweisen, setzen die Landesnormen tatbestandlich im Grundsatz übereinstimmend voraus, dass eine bauliche Anlage im Widerspruch zum öffentlichen Baurecht steht. In diesen Fällen kann die zuständige Behörde eine Abrissverfügung erlassen.
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2. Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Abrissverfügung sieht ein Ermessen der Behörde vor.

Ja, in der Tat!

Die landesrechtlichen Normen sehen auf Rechtsfolgenseite ein Ermessen der Behörde vor. Die Behörde kann den Abriss einer baulichen Anlage verfügen, wenn diese im Widerspruch zum öffentlichen Baurecht steht. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sie den Abriss grundsätzlich nicht verfügen muss, auch wenn die Anlage rechtswidrig ist. Oft bietet die landesrechtliche Norm der Behörde auch mehrere Rechtsfolgen an, aus denen sie wählen kann, wenn tatbestandlich ein baurechtswidriger Zustand vorliegt (vgl. z.B. § 79 NBauO). Bei der Entscheidung über die Abrissverfügung durch B handelt es sich um eine Ermessensentscheidung.

3. Weil es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, konnte B die Entscheidung völlig frei treffen.

Nein!

Auch, wenn das Ermessen der Behörde einen gewissen Entscheidungsspielraum einräumt, ist diese nicht vollkommen frei in ihrer Entscheidung. Das Ermessen vermittelt gerade keine Beliebigkeit der Verwaltung. Dies wäre mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem Vorbehalt des Gesetzes unvereinbar. Es gibt kein „freies Ermessen“, sondern nur ein „pflichtgemäßes Ermessen“. Dies ist einfachgesetzlich in § 40 VwVfG geregelt. Wenn die Behörde die Grenzen ihres Ermessens nicht einhält, handelt sie „ermessensfehlerhaft“ und damit rechtswidrig. B war in ihrer Entscheidung nicht vollkommen frei. Sie musste ihr Ermessen pflichtgemäß ausüben.

4. B hat hier nicht mal erkannt, dass ihr ein Ermessen zusteht. Sie hat ihr Ermessen daher nicht ausgeübt und handelte somit ermessensfehlerhaft.

Genau, so ist das!

Wenn die Behörde die Grenzen ihres Ermessens nicht einhält, handelt sie „ermessensfehlerhaft“ und damit rechtswidrig. Als Ermessensfehler kommen folgende Fallgruppen in Betracht: (1) Ermessensüberschreitung, (2) Ermessensnichtgebrauch, (3) Ermessensfehlgebrauch sowie (4) der Verstoß gegen Grundrechte und allgemeine Verwaltungsgrundsätze. Ein Ermessensnichtgebrauch liegt vor, wenn die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen keinen Gebrauch macht, weil sie z.B. annimmt, sie sei zum Handeln verpflichtet. B hat hier kein Ermessen ausgeübt, weil sie davon ausgegangen ist, sie müsse die Abrissverfügung erlassen. Sie handelte ermessensfehlerhaft. Bei Sätzen wie „die Behörde erließ die Verfügung mit der Begründung, sie habe keine andere Wahl“ oder ähnliches, sollten Deine Alarmglocken läuten. Dies soll Dich in der Regeln auf einen Ermessensnichtgebrauch hinweisen.
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