Grob fahrlässiges Handeln – MRT

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Ärztin A besitzt ein Magnetresonanztomographen (MRT). R putzt bei A für €300/Monat. Während seiner Schicht beginnt das MRT zu piepen. Statt des Schalters „Alarm silence“, betätigt R die rote Notabschaltung. Diese befand sich hinter einer Plexiglasklappe auf der steht: „bei Alarm nicht drücken, sonst wird's teuer“. Ein Schaden von €30.000 entsteht.

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Einordnung des Falls

Grob fahrlässiges Handeln – MRT

Dieser Fall lief bereits im 1./2. Juristischen Staatsexamen in folgenden Kampagnen
Examenstreffer BaWü 2023
Examenstreffer Sachsen 2023
Examenstreffer NRW 2023

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A könnte gegen R einen Anspruch auf Ersatz der €30.000 haben (§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Zwischen A und R besteht ein Arbeitsvertrag. Indem R das MRT unsachgemäß bediente und sich über die Hinweise hinwegsetzte hat er seine arbeitsvertraglichen Schutzpflichten verletzt. Aufgrund der deutlichen Kennzeichnung, hat er dabei im Verkehr erforderliche Sorgfalt missachtet und somit fahrlässig gehandelt (§ 276 Abs. 1 BGB). Durch die unachtsame Bedienung des MRT kam es zur Notabschaltung und einem Schaden von €30.000. Fraglich ist allerdings, ob zugunsten der R eine Haftungsprivilegierung eingreift.
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2. Liegen die Voraussetzungen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs vor?

Ja, in der Tat!

Die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleiches sind anzuwenden, wenn (1) der Anspruchsgegner zum geschützten Personenkreis gehört und (2) der Schaden bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit entstanden ist.R ist Arbeitnehmer. Er wollte den Alarm ausstellen und handelte insoweit in As Interesse. Damit liegt auch eine betrieblich veranlasste Tätigkeit vor.

3. Der Umfang der Haftungsprivilegierung richtet sich nach dem Verschuldensgrad.

Ja!

Der Umfang der Haftungsprivilegierung erfolgt entsprechend des Verschuldensgrades. Ein Arbeitnehmer hat vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfang zu tragen. Bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer grundsätzlich den gesamten Schaden zu tragen. Im Einzelfall kommen aber Haftungserleichterungen in Betracht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen. Bei leichtester Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer nicht. Das Verschulden des Schädigers muss sich dabei sowohl auf die pflichtverletzende Handlung als auch auf den Eintritt des Schadens beziehen.

4. Indem R die Notabschaltung betätigte, handelte er grob fahrlässig (Schädigungshandlung).

Genau, so ist das!

Grob fahrlässig handelt, wer objektiv die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den Gesamtumständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet gelassen hat, was in der konkreten Situation für jedermann erkennbar gewesen ist. R bediente das MRT, obwohl er in die Bedienung nicht eingewiesen war. Ihm musste zudem klar sein, dass das wahllose Drücken eines Knopfes, der noch dazu durch einen Plexiglasdeckel gesichert war, mehr zur Folge haben konnte, als das Abschalten des Alarms.

5. R musste nicht mit solch hohen Schäden rechnen, weswegen im Hinblick auf den Schadenseintritt lediglich normale Fahrlässigkeit vorliegt.

Nein, das trifft nicht zu!

Grob fahrlässig handelt, wer objektiv die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den Gesamtumständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet gelassen hat, was in der konkreten Situation für jedermann erkennbar gewesen ist.Über dem Knopf befand sich explizit der Hinweis darauf, dass es durch das Betätigen des Knopfes teuer wird. Indem R diesen dennoch betätigte handelte er auch mit Blick auf den Schaden grob fahrlässig. Im Originalfall war dieser zusätzliche Hinweis streitig, weswegen das BAG hinsichtlich des Schadens grobe Fahrlässigkeit verneinte.

6. Da R sowohl im Hinblick auf sein Handeln, als auch hinsichtlich des Schadenseintritts grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, muss er nun den vollen Schaden begleichen.

Nein!

Bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer grundsätzlich den gesamten Schaden zu tragen. Auch bei grober Fahrlässigkeit kommt aber eine Haftungsbegrenzung in Betracht, sofern der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum Schadensrisiko der Tätigkeit steht. Eine feste, summenmäßig beschränkte Obergrenze der Haftung gibt es aber nicht.Der von R verursachte Schaden entspricht 100 Monatsgehältern bzw. über acht Jahresgehälter. Insoweit liegt ein deutliches Missverhältnis vor, die dennoch eine Begrenzung der Haftung rechtfertigt.Im Originalfall hatte das BAG eine Begrenzung auf ein Jahresgehalt gebilligt. In der Praxis liegt die Untergrenze des Arbeitnehmeranteils bei grober Fahrlässigkeit in der Regel bei drei Bruttomonatsgehältern.
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