Rechtskraftwirkung I

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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B hat gegen eine Klageforderung von €3.000 mit einer Forderung über €7.000 aufgerechnet. Das Gericht hat die Klage voll zugesprochen und ausgeführt, dass die Gegenforderung insgesamt nicht bestehe.

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Einordnung des Falls

Rechtskraftwirkung I

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn der Beklagte mit einer ihm zustehenden Forderung die Aufrechnung erklärt, erlöschen beide Forderungen, soweit sie bestehen und sich decken.

Ja, in der Tat!

Nach § 389 BGB bewirkt eine Aufrechnung, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, erlöschen.
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2. Da grundsätzlich nur der Tenor eines Urteils und nicht die Entscheidungsgründe (u.a. Einwendungen des Beklagten) in Rechtskraft erwachsen, ergeht über die Aufrechnung keine der Rechtskraft fähige Entscheidung.

Nein!

Grundsätzlich erwächst nur der Tenor in Rechtskraft, nicht aber die Entscheidungsgründe, zu denen auch die Einwendungen des Beklagten gehören. Verteidigt sich der Beklagte aber mit der Aufrechnung, so gilt hier ausnahmsweise etwas anderes. Die Entscheidung darüber, ob die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung besteht oder nicht besteht, ist bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig (§ 322 Abs.2 ZPO).Beachte: Die Entscheidung über die Gegenforderung erwächst somit aber nur im Umfang der Klageforderung in Rechtskraft. Der etwaige überschießende Rest der Gegenforderung ist nicht von der Entscheidung berührt.

3. Das Gericht hat entschieden, dass die Gegenforderung insgesamt nicht besteht. Führt dies dazu, dass B nun auch den die Klageforderung übersteigenden Teil (€4.000) in einem nachfolgenden Prozess wegen entgegenstehender Rechtskraft nicht geltend machen kann?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 322 Abs.2 ZPO erwächst nur der Teil der Gegenforderung in Rechtskraft, der erforderlich gewesen wäre, um die Klageforderung zu Fall zu bringen. Die Klageforderung belief sich auf €3.000. Entsprechend erwächt die Begründung des Urteils, dass die Forderung des Beklagten nicht bestehe, nur in dieser Höhe in Rechtskraft. B kann daher den überschießenden Teil seiner Forderung erneut gerichtlich geltend machen.Wurde mit einer Forderung in einem früheren Verfahren aufgerechnet, so ist in der Zulässigkeitsprüfung des neuen Verfahrens kurz darzustellen, inwieweit die Geltendmachung der Forderung in dem früheren Verfahren der Zulässigkeit der Klage entgegensteht (§ 322 Abs.2 ZPO). In der Begründetheit ist einleitend zudem zu erläutern, dass keine Bindung an die vorherige Rechtsauffassung besteht.
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