Firmenfortführung ohne das Unternehmen, § 23 HGB


mittel

Diesen Fall lösen 56,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Das von V unter der Firma „Lichtspiele GmbH“ betriebene Kino steht kurz vor der Insolvenz. V verkauft die Firma „Lichtspiele GmbH“ an K, um das Unternehmen mit dem Erlös vor der Insolvenz zu bewahren. K möchte unter dieser Firma sein neu gegründetes Unternehmen betreiben.

Einordnung des Falls

Firmenfortführung ohne das Unternehmen, § 23 HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Firma kann ohne das zugehörige Unternehmen übertragen werden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Firma kann nicht ohne das zugehörige Handelsgeschäft übertragen werden (§ 23 HGB). Dadurch soll eine Täuschung des Rechtsverkehrs über die Identität des Unternehmens vermieden werden. Soll eine Firma wirksam übertragen werden, bedarf es eines Übergangs des bestehenden und fortführungsfähigen Handelsgeschäfts in seinen wesentlichen Teilen („Kern“ des Unternehmens). Zwischen Firmen- und Geschäftsübertragung muss zudem ein zeitlicher Zusammenhang bestehen.

2. V kann die Firma „Lichtspiele GmbH“ wirksam auf K übertragen (§§ 398, 413 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Die Abtretung einer Firma (§§ 398, 413 BGB) ohne das dahinterstehende Handelsgeschäft verstößt gegen ein gesetzliches Verbot (§ 23 HGB) und ist damit nichtig (§ 134 BGB). K möchte die Firma „Lichtspiele GmbH“ losgelöst vom Unternehmen auf V übertragen. Das dahinterstehende Handelsgeschäft möchte er behalten und mit dem Erlös vor der Insolvenz bewahren. Damit würde er gegen das gesetzliche Verbot, eine Firma ohne das zugehörige Handelsgeschäft zu übertragen, verstoßen (§ 23 HGB). Die Abtretung wäre nichtig (§ 134 BGB).

3. K kann von V weiterhin die Übertragung der Firma verlangen (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein!

Der Kaufvertrag zwischen K und V mit der Firma zum Gegenstand ist wirksam zustande gekommen (§§ 433, 453 BGB). Die Erfüllung des im Kaufvertrag begründeten Anspruchs auf Abtretung der Firma (§§ 398, 413 BGB) ist jedoch rechtlich unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), da sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (§ 23 HGB) und nichtig wäre (§ 134 BGB). Dies berührt die Wirksamkeit des Kaufvertrages nicht (§ 311a Abs. 1 BGB), lässt aber die Leistungspflicht entfallen (§ 275 Abs. 1 BGB). In Betracht kommen Schadensersatzansprüche des V (§ 311a Abs. 2 BGB).

Jurafuchs kostenlos testen


Dennis Müller

Dennis Müller

4.1.2022, 00:39:44

Vielleicht irre ich mich auch, aber ist es nicht so, dass der BGH aufgrund eines gesetzlichen Verbotes des Verfügungsgeschäftes gewöhnlich auch das Verpflichtungsgeschäft für nichtig (§ 134) hält? (BGH in BGHZ 116, 268 ff. unter Ziff. I 3e = NJW 1992, 737, 740; Palandt-Ellenberger § 134 Rn. 13.)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

4.1.2022, 10:41:09

Hallo Dennis, richtet sich ein Verbotsgesetz - wie hier - gegen eine Erfüllungshandlung (Übertragung der Firma), so erstreckt sich die Nichtigkeit in der Regel tatsächlich auch auf das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft. Dahinter steht der Gedanke, dass sich niemand wirksam verpflichten kann, eine verbotene Erfüllungshandlung vorzunehmen (BeckOGK/Vossler, 1.12.2021, BGB § 134 Rn. 95). Nichtsdestotrotz ist im Hinblick auf §

23 HGB

(ohne vertiefte Begründung) anerkannt, dass dieses Verbot allein das dingliche Verfügungsgeschäft betreffen und das Verpflichtungsgeschäft unberührt lassen soll (vgl. MüKoHGB/Heidinger, 5. Aufl. 2021, HGB § 23 Rn. 17; Oetker/Schlingloff, 7. Aufl. 2021, HGB § 23 Rn. 7).

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

4.1.2022, 10:42:29

Da seit der Schuldrechtsmodernisierung Verträge auch die

anfängliche Unmöglichkeit

nicht zur Nichtigkeit führt (früher waren solche Verträge nach § 306 BGB aF nichtig), kann der Käufer insoweit Schadensersatz verlangen im Hinblick auf die unmögliche Forderung die Firma allein zu erhalten (§ 311 Abs. 2 BGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

3.7.2023, 23:52:01

Irgendwie stimmt die Subsumtion mit dem Sachverhalt nicht überein. Im Sachverhalt heißt es, dass V die Firma "Lichtspiele GmbH" auf K übertragen möchte und in der Subsumtion wird es andersrum dargestellt, also dass K die Firma auf V übertragen möchte. 😅

MAG

Magie99Capona

7.7.2024, 14:47:30

ich finde die eine frage ein wenig irreführend, die Firma kann ja grundsätzlich an K übertragen werden nur halt nicht losgelöst von dem Gewerbe aber das war in der frage ja nicht gefragt aber allgemein dann die frage ob er die Firma auf k übertragen kann mit nein zu beantworten find ich komisch


© Jurafuchs 2024