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Klassisches Klausurproblem

Die 16-jährigen T und N klettern auf den Kirschbaum der Rentnerin R, um dort Kirschen zu stehlen. R, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, droht den beiden und gibt einen Warnschuss mit ihrer Schrotflinte ab. Als sie nicht reagieren, schießt R auf die beiden. T und N fallen verletzt zu Boden.

Einordnung des Falls

Krasses Missverhältnis

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T und N zum Diebstahl der Kirschen ansetzen, liegt ein gegenwärtiger Angriff auf die Rechtsgüter der R vor, was Grundvoraussetzung der Notwehrlage ist.

Ja!

Angriff bezeichnet die durch menschliches Verhalten drohende Einbuße rechtlich geschützter Güter oder Interessen. Gegenwärtig ist ein Angriff, wenn er bereits stattfindet, unmittelbar bevorsteht oder noch andauert.Hier droht R der faktische Verlust ihres Eigentums. Ein Angriff liegt mithin vor. Spätestens als die Kinder den Baum bestiegen, stand der Angriff unmittelbar bevor. Er ist danach solange fortdauernd, bis die Beute gesichert ist.

2. Für das Vorliegen einer Notwehrlage kommt es weiterhin darauf an, ob die Nachbarskinder schuldfähig sind.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Angriff muss ferner rechtswidrig sein, darf also seinerseits nicht gerechtfertigt sein. Dies ist hier der Fall. Auf eine Schuldhaftigkeit kommt es indes nicht ein, weswegen auch eine mögliche Schuldunfähigkeit für das Vorliegen einer Notwehrlage keine Rolle spielt.

3. Es liegt zudem eine geeignete und erforderliche Notwehrhandlung vor.

Ja, in der Tat!

Die Notwehrhandlung ist Verteidigung, denn sie richtet sich gegen die Angreifer. Zudem steht der in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkten R keine mildere, ihr Eigentum gleichermaßen schützende Alternative zur Verfügung, da das bloße Androhen von Schusswaffengebrauch keinen Erfolg zeigte. Sie war demnach erforderlich.

4. Die Notwehrhandlung war auch geboten.

Nein!

Geboten ist eine Notwehrhandlung, wenn das Notwehrrecht nicht ausnahmsweise durch sozialethische Wertungen der Einschränkung bedarf. Dabei orientiert sich die Rechtsprechung an bestimmten Fallgruppen.Als Merkhilfe kann man sich "KEBAP" merken: Krasses Missverhältnis, Enge Persönliche Beziehung, Bagatellangriffe, Angriff Schuldloser, Provokation.Hier kann es sich um ein krasses Missverhältnis zwischen Erhaltungsgut und Eingriffsgut handeln. Grundsätzlich braucht nach dem Rechtsbewährungsprinzip - als einem Grundpfeiler des Notwehrrechts - das Recht dem Unrecht nicht zu weichen, weswegen eine Güterabwägung nicht stattfindet. Ob potentiell zum Tode führende ("scharfe") Verteidigungshandlungen bei Angriffen auf das Eigentum grundsätzlich unzulässig sind, ist umstritten. Vorliegend ist jedoch mit dem Diebstahl ein Bagatelleingriff in das Eigentums mit einem Vermögenswert von höchstens einigen Euro verbunden. Demgegenüber steht das Leben als das höchste Individualrechtsgut. Eine Abwehr, deren Folgen in krassem Missverhältnis zum drohenden Schaden stehen, ist missbräuchlich und selbst dann unzulässig, wenn die Maßnahme das einzig mögliche Mittel darstellt, um das Rechtsgut zu schützen.

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