Krasses Missverhältnis
18. April 2025
25 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die 16-jährigen T und N klettern auf den Kirschbaum der Rentnerin R, um dort Kirschen zu stehlen. R, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, droht den beiden und gibt einen Warnschuss mit ihrer Schrotflinte ab. Als sie nicht reagieren, schießt R auf die beiden. T und N fallen verletzt zu Boden.
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Einordnung des Falls
Krasses Missverhältnis
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T und N zum Diebstahl der Kirschen ansetzen, liegt ein gegenwärtiger Angriff auf die Rechtsgüter der R vor, was Grundvoraussetzung der Notwehrlage ist.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Für das Vorliegen einer Notwehrlage kommt es weiterhin darauf an, ob die Nachbarskinder schuldfähig sind.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Es liegt zudem eine geeignete und erforderliche Notwehrhandlung vor.
Ja, in der Tat!
4. Die Notwehrhandlung war auch geboten.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Vojtech
20.9.2021, 01:06:44
Könnte man hier im Rahmen der
Erforderlichkeitnicht noch einen Warnschuss fordern? Meines Erachtens können in einer Situation, in der der Handelnde keiner unmittelbaren Gefahr eines Schusses/Stiches ausgesetzt ist, zwei Stufen (An
drohung/Einsatz) nicht ausreichend sein. Auch wenn man dies zum Teil im Rahmen der
Gebotenheitberücksichtigen kann, muss mA nach bereits in der Erfordelichkeit betont werden, dass das bloße Androhen des Waffeneinsatzes nicht die gleiche Wirkung hat wie ein Warnschuss und der Schuss deshalb schon gar nicht erforderlich war.

Lukas_Mengestu
8.10.2021, 15:38:27
Hallo Vojtech, wir haben im Sachverhalt noch einen erfolglosen Warnschuss ergänzt. Denn in der Tat dürfte man einen solchen in Fällen fordern, in denen hierfür noch genügend Zeit bleibt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
12.4.2023, 08:48:36
Wenn ich es recht erinnere, unterscheidet sich dieser Fall von jenem, der vor dem RG verhandelt wurde und zum Lehrbuchklassiker geworden ist, dadurch, dass Warnschüsse abgegeben wurden und die Schüsse nicht tödlich waren. Inwiefern sind diese mildernden Umstände bei der Prüfung der
Gebotenheitbzw. des krassen Missverständnisses zu berücksichtigen?

Rick-energie🦦
13.4.2023, 20:24:59
Hätte ich jetzt ad-hoc auch so gesehen und daher die
Gebotenheitangenommen. Klar, dass das eine harsche Maßnahme ist zu schießen, aber die An
drohungerfolgte, die Täter sind nicht so jung, dass ihnen die Dimension unklar bleibt. Anders als im Lehrbuchfall sind die hier halt älter und ein Warnschuss war da. Wer dann noch im Baum bleibt, der stellt sich - meiner Meinung nach - ins Unrecht, sodass das Prinzip der Rechtsbewahrung durchschlägt und die scharfe
Notwehrkeiner weiteren Einschränkung mehr bedarf.
Juratiopharm
18.7.2023, 23:01:32
Aus meiner Sicht kommt hier weniger dem Alter, sondern eher dem krassen Missverhältnis zwischen den Rechtsgütern Leben und geringwertigem Eigentum zu, welches auch durch einen Warnschuss nicht aufgehoben wird. Das Recht bewährt sich nicht durch die Lebensgefahr zum Schutze von Kirschen.

Tim Gottschalk
18.3.2025, 12:12:47
Hallo @[QuiGonTim](133054) und @[Rick-energie🦦](174760), Ich stimme @[Juratiopharm](137466) zu. Der Warnschuss hilft nur über die
Erforderlichkeitdes Schusswaffengebrauchs, ändert aber ebenso wenig wie das Alter der Angreifer etwas an dem krassen Missverhältnis der Rechtsgüter. Außerdem ist die Notstandshandlung ex ante zu betrachten, weshalb ebenso außer Betracht bleibt, dass die Schüsse keine extremen Folgen hatten. Vielmehr ist auf die Gefährlichkeit der Handlung vor dem Schuss abzustellen und dort die hohe Gefahr für das Rechtsgut Leben in die Abwägung einzustellen, sodass man zu einem krassen Missverhältnis kommt. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

Charles "Chuck" McGill
13.2.2025, 12:25:41
Der Lehrbuchklassiker lautet doch eigentlich darauf, dass die Kinder daraufhin erschossen werden. Dass dabei ein krasses Missverhältnis besteht ist klar. Aber bei leichten körperlichen Verletzungen durch runterfallen? Wenn wir von Prellungen und Blauen Flecken reden, und nicht von einem Polytrauma weil der Baum zehn Meter hoch war, erscheint mir ein krasses Missverhältnis fernliegend.

prefi
16.2.2025, 17:27:30
Die Rentnerin schießt vorliegend auf beide Kinder, nimmt gerade durch den Schusswaffengebrauch also auch tödliche Verletzungen in Kauf. Bei einem bloßen Warnschuss würde der Fall sicherlich anders aussehen und bei einem gezielten Schuss in die Beine könnte man auch noch diskutieren. Das gibt der Sachverhalt aber nicht her.

Charles "Chuck" McGill
16.2.2025, 17:40:22
@[prefi](287187) Ich muss meinen Kommentar in der Tat einschränken. Ich hatte den Sachverhalt fälschlich dahingehend verstanden, dass sie auf den Baum schießt um die Kinder herunterfallen zu lassen, und es derart kam. Wenn sie mit der Schrotflinte direkt auf die Kinder schoss, so wie der Sachverhalt zu verstehen ist, ist die Annahme eines krassen Missverhältnises in der Tat nachvollziehbar.

Gigachad1
2.3.2025, 21:42:52
Ja @[Charles "Chuck" McGill](291345) hast dir wohl vorgestellt es wäre Jimmy und bist gleich unsachlich geworden...

Charles "Chuck" McGill
2.3.2025, 21:49:09
@[Gigachad1](241559) Habe nicht den Eindruck, dass mein Post unsachlich war. Dass er von falschen Prämissen ausging und daher im Ergebnis falsch gewesen ist habe ich bereits mitgeteilt.

Gigachad1
2.3.2025, 22:25:51
Es war ein Witz auf deinen Namen bezogen..

Slippin' Jimmy
8.3.2025, 18:49:50
@[Charles "Chuck" McGill](291345) ach, bruderlein