Anforderungen an die Klagebefugnis bei Leistungsunterlassungsklage / Abwehrklage gegen Realakt


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Klassisches Klausurproblem

Um zu verhindern, dass Jurastudierende Seiten aus Büchern herausreißen, überwacht die staatliche Universität U die Räume der Unibibliothek dauerhaft mit einer Videokamera. Laura (L) fühlt sich dadurch in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

Einordnung des Falls

Anforderungen an die Klagebefugnis bei Leistungsunterlassungsklage / Abwehrklage gegen Realakt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. L möchte gegen einen Verwaltungsakt vorgehen. Statthaft ist die Anfechtungsklage.

Nein, das trifft nicht zu!

Will der Kläger gegen ein Handeln der Verwaltung vorgehen, muss die allgemeine Leistungsklage von der spezielleren Anfechtungsklage abgegrenzt werden. Die Anfechtungsklage ist nur statthaft, wenn sich der Kläger gegen einen erlassenen Verwaltungsakt wehren möchte. Will er jedoch gegen sonstiges Verwaltungshandeln (Realhandeln) vorgehen, ist die allgemeine Leistungsklage statthaft. L will gegen die Videoüberwachung durch die staatliche Universität U vorgehen. Bei der Überwachung handelt es sich um schlichtes Verwaltungshandeln (Realhandeln). Statthaft ist die allgemeine Leistungsklage - hier in Form der Abwehr- und Unterlassungsklage.

2. Die VwGO trifft ausdrückliche Regelungen über die Klagebefugnis im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage.

Nein!

Die allgemeine Leistungsklage ist in der VwGO nicht ausdrücklich geregelt. Deswegen gibt es auch keine Regeln bezüglich der Klagebefugnis. Allerdings findet § 42 Abs. 2 VwGO analoge Anwendung. Dies folgt daraus, dass die allgemeine Leistungsklage eine strukturelle Ähnlichkeit zu Anfechtungs- und Verpflichtungsklage hat. Weiterhin sollen Popularklagen auch im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage ausgeschlossen sein. Klagebefugt ist also, wer die Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung geltend machen kann. Bei der Klagebefugnis im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage kannst Du also übertragen, was Du für die Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage gelernt hast.

3. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Videoüberwachung L in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht) verletzt. L ist klagebefugt.

Genau, so ist das!

Klagebefugt ist, wer die Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung geltend machen kann (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Bei der Unterlassungsklage reicht es dafür aus, dass nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass das schlichte Verwaltungshandeln, gegen das sich die Klage richtet, die Klägerin in ihren Rechten verletzt. L könnte durch die Videoüberwachung in der Bibliothek in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt sein. Dies ist nicht von vornherein ausgeschlossen.Achtung: Bei der hier einschlägigen Unterlassungsklage begründet die mögliche Rechtsverletzung die Klagebefugnis. Bei der Leistungsvornahmeklage muss im Rahmen der Klagebefugnis ein möglicher Anspruch möglicherweise bestehen.

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EVA

evanici

29.8.2023, 17:54:24

Ich weiß, ihr habt es extra nicht hingeschrieben, obwohl Art. 2 I GG hier "gestreift" wird (APR), aber wie sieht es denn bei der Unterlassungsklage mit der Adressatentheorie aus? Eine Verletzung von Art. 2 I GG kann bei belastendem Handeln (vs. VA) doch eigentlich ebenfalls nie von vornherein ausgeschlossen werden? Würde man diese hier nicht erwähnen, weil man schon bei der Adressateneigenschaft der L Probleme hätte?

BL

Blotgrim

9.11.2023, 22:52:35

Ich glaube das ist der Punkt. Die Überwachung richtet sich ja nicht explizit an die Klägerin sondern an jeden der in dieser Bibliothek ist. Anders als bspw. bei einem VA de sich an einen ganz bestimmte(n) Person(en) richtet. Sie wird also nicht adressiert


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