Freiwilligkeit bei Schuldunfähigkeit
10. April 2025
13 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

T schießt im Zustand der Schuldunfähigkeit auf O und trifft diesen in der Brust. Kurz darauf ruft sie eine Notärztin, die das Leben des O rettet. Auch dabei war T schuldlos.
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Einordnung des Falls
Freiwilligkeit bei Schuldunfähigkeit
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat die Tatausführung nach der Rechtsprechung freiwillig aufgegeben.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Nach einer Mindermeinung in der Literatur muss der Täter beim freiwilligen Rücktritt schuldfähig sein.
Ja, in der Tat!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Julia Maxi
28.3.2022, 21:32:55
Hi, irgendwie stehe ich gerade auf dem Schlauch: endet meine Prüfung nicht an der Stelle, an der ich die Schuldlosigkeit feststelle? Oder schreibe ich dann ein Hilfsgutachten, wenn ich den
Rücktrittfür einen Klausurschwerpunkt halte? Ich verstehe nur nicht, wie es jemals relevant wird, ob ein schuldlos Handelnder zu
rücktritt. LG Julia

Lukas_Mengestu
29.3.2022, 10:36:14
Hallo Julia, in der Klausur würdest Du in der Tat nicht mehr zur Prüfung der Freiwilligkeit kommen, sondern die Prüfung bereits bei der
Schuldunfähigkeitabbrechen. Die Aufgabe dient insoweit primär darin, die folgenden Aufgaben vorzubereiten, bei der sämtliche Varianten durchgespielt werden. Wir haben das jetzt auch noch einmal in der Aufgabe klargestellt. Danke Dir! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Julia Maxi
29.3.2022, 10:58:49
Vielen Dank für die schnelle und hilfreiche Antwort!

jura🐈
17.10.2024, 14:05:08
In der Urteilsklausur: Müsste ich den Angeklgten Freisprechen, weil er sich aufgrund des
Rücktritts nicht strafbar gemacht hat oder wegen der
Schuldunfähigkeit? Mir kommt es konkret auf die Liste der angewendet Strafnormen an, bei der es einen Unterschied macht, ob er "nur" schuldlos handelt oder strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten ist.
Timurso
17.10.2024, 19:57:56
Also freisprechen müsstest du ihn auf jeden Fall aufgrund der
Schuldunfähigkeit, da der
Rücktrittdie vollendete gefährliche Körperverletzung nicht beseitigt und es sich um Tateinheit handelt. Somit ist der Freispruch nur möglich, wenn die Strafbarkeit wegen aller Delikte entfällt. Dennoch finde ich das eine sehr gute Frage, da ja der Fall auch so bildbar ist, dass er danebenschießt. Insbesondere im Hinblick auf § 63 StGB. Da der Aufbau im Strafrecht sehr relevant ist und man nicht aus Zufall den
Rücktrittnach der Schuld prüft, würde ich jedoch behaupten, dass man wegen
Schuldunfähigkeitfreisprechen würde und nicht wegen
Rücktritt. Einfach weil man zum Prüfungspunkt
Rücktrittgar nicht mehr kommt, wenn man schon auf Schuldebene rausfliegt.

jura🐈
22.10.2024, 19:45:58
Danke @[Timurso](197555) so hatte ich es vermutet 😀
Kai
4.12.2024, 10:46:54
Auch wenn es mit der Kernfrage des Falls nicht zusammenhängt: In der ersten Frage wird nach einem freiwilligen aufgeben gesprochen. Ein Aufgeben kommt aber doch nur beim unbeendeten Versuch in Betracht. Hier ist der Versuch aber bereits beendet (zwar nicht explizit im SV, aber doch deutlich angelegt (Schuss in die Brust erfolgt, T ruft Krankenwagen )). Müsste es dann nicht darum gehen, ob die die
Vollendungfreiwillig verhindert wurde (§ 24 I 1 Alt. 2 StGB)?
Rechtsanwalt B. Trüger
9.1.2025, 14:27:41
In diesem Fall gibt es ja keine Vorgaben worum es dem T ging (O töten oder nicht). Da er allerdings dem O in die Brust geschossen hat, kann man mMn zumindest bedingten
Vorsatzannehmen. Demnach müsste man darauf abstellen, dass T den O töten wollte. Mangels gegenteiliger Angaben ist auch davon auszugehen, dass T der Meinung war, dass er den O z.B. durch einen weiteren Schuss noch töten kann, wonach zumindest nach h.M. der Versuch noch nicht beendet war. Als er den Notarzt gerufen hat, hat er dann aber von der Tat Abstand genommen und sich ernsthaft darum bemüht, dass der O überlebt und der Erfolg nicht eintritt. Folglich erfolgte das ganze auch freiwillig. Der einzige Weg hier die Freiwilligkeit scheitern zu lassen ist, wenn du mit der m.M. gehst und „behauptest“, dass T von Anfang an nur einen Schuss abgeben wollte. Hierzu fehlen allerdings passende Ausführungen im SV weshalb ich dies nicht tun würde. Hoffe ich konnte Dir weiterhelfen :)