Referendariat

Die ZVR-Klausur

Vollstreckungserinnerung, § 766 ZPO

Pfändung unpfändbarer Sachen (§ 811 ZPO)

Pfändung unpfändbarer Sachen (§ 811 ZPO)

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S ist Rechtsanwalt. G hat gegen ihn einen titulierten Anspruch auf Zahlung von €500. Als S nicht zahlt, beauftragt G einen Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung. Dieser pfändet die Robe des S. S willigt zunächst ein, will später aber doch dagegen vorgehen.

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Einordnung des Falls

Pfändung unpfändbarer Sachen (§ 811 ZPO)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zulässiger Rechtsbehelf gegen die Pfändung ist die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO).

Genau, so ist das!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Erinnerungsbefugnis, (3) Zuständigkeit des Gerichts, (4) Form, (5) Rechtsschutzbedürfnis. Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn der Erinnerungsführer gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsorgans mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts vorgeht. S könnte gegen die Pfändung des Gerichtsvollziehers mit dem Einwand vorgehen, die Pfändung der Robe unterliege einem Pfändungsverbot (§ 811 ZPO). Damit richtet S sich gegen die Art und Weise der Vollstreckung und greift nicht den Anspruch an sich an.
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2. Die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) ist begründet, wenn ein Pfändungsverbot für die Robe besteht.

Ja, in der Tat!

Die Vollstreckungserinnerung ist begründet (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn die angegriffene Vollstreckungsmaßnahme nicht zulässig war. Unterliegt eine Sache einem Pfändungsverbot (§ 811 ZPO), darf das Vollstreckungsorgan diese Sache nicht pfänden. Verstößt der Gerichtsvollzieher gegen das Verbot, so ist die Pfändung rechtswidrig und der Vollstreckungsschuldner kann diese erfolgreich mit der Vollstreckungserinnerung angreifen.

3. Die Robe von Rechtsanwalt S unterliegt einem Pfändungsverbot (§ 811 ZPO).

Ja!

Sachen, die für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, sind unpfändbar (Nach § 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. b ZPO). S hat als Rechtsanwalt vor Gericht grundsätzlich eine Robe zu tragen (§ 20 S. 1 BORA). Die Robe ist also erforderlich zur Ausübung seines Berufs. Demnach greift das Pfändungsverbot (§ 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. b ZPO) hinsichtlich der Robe. Sie ist unpfändbar.§ 811 ZPO wurde zum 1.1.2022 neu gefasst. Bis dahin war der Schutz der Arbeitsutensilien bestimmter Berufsgruppen, wie Anwälte und Ärzte, in § 811 Nr. 7 ZPO a.F. explizit normiert. Im Übrigen galt § 811 Nr. 5 ZPO a.F.

4. Die Vollstreckungserinnerung ist unbegründet. S hat in die Pfändung eingewilligt, sodass das Pfändungsverbot keine Wirkung hat.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Regelung des § 811 ZPO bezweckt den Schutz des Schuldners im öffentlichen Interesse. Nach allgemeiner Meinung kann der Schuldner auf den Schutz des § 811 ZPO nicht wirksam verzichten. Der Verzicht des S ist nichtig und wirkungslos. Das Pfändungsverbot besteht weiterhin. Die Vollstreckungserinnerung des S ist daher begründet. Das Gericht wird daher die Vollstreckungsmaßnahme - die Pfändung der Robe - für unzulässig erklären.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RO80

Ro80t59

28.6.2024, 12:49:33

Vielleicht wäre es für das Verständnis und die Argumentation in der Klausur wichtig statt der dem herrschenden Meinung im Ergebnis folgenden Verweis auf die Unmöglichkeit des Verzichts, entweder durch Kenntlichmachung im Text ("herrschende statt allgemeine Meinung") oder durch Differenzierung zwischen dem Vorausverzicht und dem Verzicht bei oder nach der Pfändung zu differenzieren, damit ein Problembewusstsein entstehen kann. Die mir gerade zugänglichen Kommentare (Musielak/Voit/Flockenhaus, 21. Aufl. 2024, ZPO § 811 Rn. 8-10 sowie BeckOK ZPO/Uhl, 52. Ed. 1.3.2024, ZPO § 811 Rn. 4-6) differenzieren beide und zeigen auch die Mindermeinung auf :)


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