Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Rücktritt

Ernsthaft und endgültig verweigert - § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB

Ernsthaft und endgültig verweigert - § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB

3. Juli 2025

23 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V eine Küche, die V einbauen soll. V baut die Küche komplett schief ein. K verlangt von V mehrfach, dies zu beheben, und bietet an, bei der Behebung auch den Kaufpreis zu bezahlen. V beharrt dagegen darauf, erst nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises nachzubessern. K tritt daraufhin vom Vertrag zurück.

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Einordnung des Falls

Ernsthaft und endgültig verweigert - § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch den Abschluss des Kaufvertrags hat sich K verpflichtet, den Kaufpreis für die Küche zu bezahlen.

Ja!

Bei Abschluss eines Kaufvertrages ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu bezahlen (§ 433 Abs. 2 BGB). K und V haben einen Kaufvertrag mit Montageverpflichtung über die Küche geschlossen. K war somit verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.
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2. Sofern K berechtigt war, zurückzutreten, ist Vs Anspruch auf den Kaufpreis erloschen.

Genau, so ist das!

Durch den wirksamen Rücktritt wird ein Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Damit entfallen noch nicht erfüllte primäre Ansprüche aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis. Außerdem müssen bereits empfangene Leistungen und Nutzungen zurückgewährt werden (§ 346 Abs. 1 BGB). Ein wirksamer Rücktritt setzt (1) eine (rechtzeitige) Rücktrittserklärung und (2) einen Rücktrittsgrund voraus. (3) Zudem darf der Rücktritt nicht ausgeschlossen sein. K hat den Rücktritt erklärt (§ 349 BGB). Es kommt insoweit auf das Bestehen eines Rücktrittsgrundes an.

3. Da V die Küche schief eingebaut hat, könnte K ein Rücktrittsgrund nach § 323 BGB zustehen.

Ja, in der Tat!

Das Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) gegenseitiger Vertrag, (2) wirksamer, fälliger (ggf. entbehrlich gem. § 323 Abs. 4) und einredefreier Anspruch, (3) Nichterbringung der Leistung bei Fälligkeit bzw. nicht ordnungsgemäße Leistung und (4) erfolglose Fristsetzung (§ 323 Abs. 1-3 BGB).

4. V hat seine Leistung vertragsgemäß erbracht.

Nein!

Nicht vertragsgemäß ist die Leistung erbracht, wenn ihr Inhalt oder die Art ihrer Erbringung in irgendeiner Weise von dem abweicht, was Gesetz oder Parteivereinbarung festgelegt haben. Beim Kaufvertrag ist dies der Fall, wenn ein Sachmangel vorliegt (§ 434 Abs. 1 BGB). Ist zusätzlich zur Übereignung und Übergabe auch die Montage geschuldet, so liegt ein Mangel vor, wenn die Montage nicht sachgemäß durchgeführt worden ist (§ 434 Abs. 4 Nr. 1 BGB). V hat die gesamte Küche schief eingebaut. Damit fehlt es an der ordnungsgemäßen Montage und ein Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs liegt vor (§ 434 Abs. 1 BGB).

5. K konnte verlangen, dass V die Küche ordnungsgemäß montiert (§§ 437 Nr. 1, 439 BGB).

Genau, so ist das!

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer nach § 439 BGB Nacherfüllung verlangen . Er kann dabei als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder die Lieferung einer mangelfreien Sache (Nachlieferung) verlangen (§ 439 Abs. 1 BGB). Da V die Küche fehlerhaft eingebaut hat, hat K einen Anspruch aus §§ 437 Nr. 1, 439 BGB, dass V diese ordnungsgemäß nachbessert.

6. V kann vor der Nacherfüllung zunächst den Kaufpreis verlangen. Ks Nacherfüllungsanspruch ist deshalb noch nicht fällig.

Nein, das trifft nicht zu!

Liefert der Verkäufer eine mangelhafte Sache, hat der Käufer einen Nacherfüllungsanspruch (§§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB). Dieser Nacherfüllungsanspruch steht mit der Kaufpreiszahlungspflicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma), ebenso wie der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB). Solange der Verkäufer diese Pflicht nicht erfüllt, kann der Käufer deshalb die Leistung verweigern (§ 320 Abs. 1 BGB, Einrede des nicht erfüllten Vertrags). K muss nicht mit dem Kaufpreis in Vorleistung gehen, sondern nur Zug-um-Zug gegen Nacherfüllung zahlen. Ks Nacherfüllungsanspruch ist auch durchsetzbar. Insbesondere kann V nicht ebenfalls die Einrede des nicht erfüllten Vertrags erheben, weil K die Kaufpreiszahlung gerade Zug-um-Zug angeboten hat. V verlangt außerdem, dass K in Vorleistung geht. Dadurch verhält er sich als Schuldner selbst vertragsuntreu, was nach h.M. ein ungeschriebenes Ausschlusskriterium für die Einrede des § 320 Abs. 1 S. 1 BGB ist.

7. Da K keine Nachfrist gesetzt hat, ist ihr Rücktritt unwirksam.

Nein!

Die nach § 323 Abs. 1 BGB zu setzende Frist ist entbehrlich wenn der Schuldner die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. Die Weigerung muss das letzte Wort des Schuldners sein. V hat darauf beharrt, dass K in Vorleistung gehen muss. Er zeigte sich insoweit auch gänzlich uneinsichtig. Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob sich V hier in einem Rechtsirrtum befand. Aus den Gesamtumständen durfte K schließen, die Ablehnung sei endgültig. Gleiches gilt beim Schadensersatz! Hierzu folgender Fall !
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